So verschwanden unbemerkt über 1.000 Motoren
Aus einem Kia-Werk in Indien wurden über mehrere Jahre viele Verbrennungsmotoren geklaut. Inzwischen scheint klar, wie das gelingen konnte und wer dahintersteckte.
Es ist eine absurde Vorstellung: Da will man ein Auto bauen und stellt plötzlich am Band fest, dass der Motor fehlt. Schließlich ergibt eine Fahndung, dass das benötigte Triebwerk zuvor gestohlen wurde. Und nachdem das mehr als 1.000-mal passiert ist, erkennt die Werksleitung, dass es offensichtlich ein Problem im eigenen Haus gibt.
Über 1.000 verschwundene Motoren in fünf Jahren
Auf diese Art wird sich der Fall, den die indische Polizei derzeit zusammen mit Kia aufzuklären hat, sicher nicht abgespielt haben. Dennoch stellt sich schon die Frage, wie über fünf Jahre mehr als 1.000 Verbrennungsmotoren unbemerkt verschwinden können. Einem Bericht der indischen Zeitung "Economic Times" zufolge ist den Verantwortlichen im Kia-Werk Penukonda das Fehlen der Motoren erst aufgefallen, als sie den Jahresabschluss für das abgelaufene Geschäftsjahr zusammenstellen wollten. Am 19. März wurde die örtliche Polizei eingeschaltet, die drei Sonder-Teams mit den Ermittlungen beauftragt hat.
Die Beamten vermuteten anfangs, dass die Motoren bei der Lieferung zum Werk abhandengekommen waren. Doch schon nach wenigen Ermittlungstagen stellte sich die Sache anders dar: "Wir vermuten, dass es eine geheime Absprache zwischen ehemaligen und aktuellen Mitarbeitern gab", sagte der Stellvertreter des örtlichen Polizeichefs nach Bekanntwerden des Falls im April. Inzwischen wird konkret gegen zwei ehemalige Mitarbeiter des Werks ermittelt, welche die Motoren dann an Schrotthändler übergeben haben sollen. Dabei soll es sich der Nachrichtenagentur Reuters zufolge um einen Team- und einen Abteilungsleiter aus der Motorenabteilung handeln. Ihnen drohen im Falle einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Gefängnis.
In der Zwischenzeit wurde auch das Bild um den genauen Ablauf des Triebwerks-Diebstahls klarer. Die beiden Verdächtigen sollen seit 2020 mit zwei Außenstehenden zusammengearbeitet haben, um Rechnungen zu fälschen und die Sicherheitsprotokolle des Werks zu umgehen. Demnach wurden die Motoren wohl mit Lastwagen im Werk abgeholt, wobei diese bei der Ausfahrt vom Gelände aufgrund der gefälschten Papiere nicht eingehend kontrolliert wurden.
1.000 Motoren vs. bis zu 400.000 gebaute Autos
Mehr als 1.000 fehlende Motoren sind angesichts des gesamten Outputs des Werks allerdings eine verschwindend geringe Menge. "Wir produzieren jährlich je nach Nachfrage zwischen 300.000 und 400.000 Fahrzeuge", sagte ein Kia-Sprecher laut "Economic Times" nach Auffliegen der Straftat. Der Diebstahl habe die Produktion der Modelle Sonet, Syros, Seltos und Carens für den indischen Markt in keiner Weise beeinträchtigt.
Dass Insider Autoteile direkt beim Hersteller stehlen, ist übrigens kein neues Phänomen – und kann auch in Deutschland passieren. So ging im Herbst 2024 ein Fall durch die Medien, bei dem sechs Männer in einem niedersächsischen VW-Logistikzentrum über einen Zeitraum von zwei Jahren Autoteile im Wert von rund zwei Millionen Euro gestohlen hatten. Dabei ging es hauptsächlich um Bremsscheiben, Bremssättel und Radlager, die daraufhin Richtung Osteuropa verschwanden. Die Täter erhielten Haftstrafen zwischen acht Monaten auf Bewährung sowie drei Jahren und acht Monaten ohne Bewährung.
Hinweis: Im Video und in der Fotoshow präsentieren wir Ihnen den Kia Syros, einen speziell für den indischen Markt entwickelten Kompakt-SUV.