Ende der Elektro-Schonzeit – VW greift an
Das Jahr 2020 bringt den Durchbruch für die Elektromobilität. Mit einem enormen Schub zum Jahresende sind die Elektroautos auf der Überholspur. Wir analysieren die Details.
Das Jahr 2020 wird in vielerlei Hinsicht in die Geschichtsbücher eingehen. Einer der Aspekte ist aus deutscher Sicht der Durchbruch der Elektromobilität. Mit einem gewaltigen Bonusprogramm hat die Bundesregierung den Stromern auf die Spur geholfen. Seitdem der staatliche Zuschuss im Sommer 2020 verdoppelt wurde, gehen die Zulassungszahlen durch die Decke.
Kurz abgehandelt die nüchternen Zahlen: 43.671 Pkw mit reinem Elektroantrieb wurden im Dezember 2020 zugelassen, insgesamt waren es 311.349 Pkw-Neuzulassungen. Damit stiegen die E-Neuzulassungen gegenüber dem Vorjahresmonat um fast das Achtfache(!) an, stolze 14 Prozent der Neuzulassungen im Dezember entfielen demnach auf E-Autos.
Elektroauto-Neuzulassungen 2020
Mit dem Turbo-Boost aus dem zweiten Halbjahr trenden die Elektrofahrzeuge auch im Jahresabschluss ganz enorm. Während die Gesamt-Zulassungszahlen im Jahr 2020 um -19,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückgingen, fahren die Elektroautos mit einem Plus von 207 Prozent links vorbei, 6,7 Prozent Marktanteil. 194.163 der insgesamt 2.917.678 Pkw-Neuzulassungen im Jahr 2020 entfielen auf Elektroautos. Nur für’s Protokoll: Die anderen Modelle mit Stecker, die Plugin-Hybride, konnten noch besser punkten. 200.469 Neuzulassungen, ein Plus von 342 Prozent gegenüber 2019.
Zeit für Detailarbeit. Zum Jahresende kamen mehrere E-Fahrzeuge neu auf den Markt und erweitern damit das Angebot auf inzwischen 52 verschiedene Modelle. Der Opel Mokka E, der Volvo XC40 Recharge und der Ford Mustang Mach-E geben sich im Dezember erstmals die Ehre. Speziell der Opel Mokka E mit einem Endverbraucherpreis von rund 23.000 Euro nach Abzug des E-Bonus wird im neuen Jahr kräftig durchstarten, im Dezember reichte es nur für eine Handvoll Werkszulassungen. Allerdings zeichnet sich bereits ab, dass Opel die hohe Nachfrage nicht befriedigen kann, das alte Leid "Lieferfrist" setzt sich offenbar auch im neuen Jahr fort.
Würde der Dezember 2020 separat betrachtet, hätte Wolfsburg dem E-Markt einen dicken Stempel aufgedrückt. Zum ersten Mal kommen die neuen VW ID.3 offensichtlich in der Breite an, 7.144 Neuzulassungen des kompakten Elektrikers sind im Dezember mit weitem Abstand Bestwert. Hinzu gesellen sich noch vor dem offiziellen Verkaufsstart die ersten Zulassungen des VW ID.4. Das elektrische Pendant zum VW Tiguan kommt im Dezember auf bereits 2.306 Neuzulassungen, Platz 5 in der Monatswertung.
Warum hier so ausführlich von den VW-Elektromodellen die Rede ist, hat einen einfachen Grund: Der ID.3 startete erst im September den Angriff, der ID.4 sogar erst im Dezember. Dennoch bringen es die beiden Newcomer in dieser kurzen Zeit auf eine Zahl von 16.893 Neuzulassungen. Zum Vergleich: Tesla schafft es 2020 in Deutschland mit den drei Modellreihen S, X und 3 auf insgesamt 16.693 Einheiten bei einem ganzjährigen Angebot.
Überhaupt ist VW im vergangenen Jahr mächtig angetreten. Am deutlichsten macht das ein Modell, das man zwischen all den schicken, schönen und futuristischen Neuvorstellungen eher nicht auf dem Zettel hatte: Mit 17.438 Neuzulassungen surrt der gute alte E-Golf auf Platz 2 der Jahreswertung, verweist Teslas Model 3 mit Abstand auf den dritten Platz. Komplettiert wird der Wolfsburger Triumphzug vom E-Up mit 10.839 neu zugelassenen Modellen in 2020. Zusammengezählt kommen diese vier Elektro-Vokswagen auf ein Gesamtvolumen von 45.170 Neuzulassungen. Auch wenn E-Golf und E-Up im neuen Jahr 2021 keine wesentliche Rolle mehr spielen werden, verdeutlicht das, wohin die Reise im deutschen Elektroauto-Markt gehen wird.
Gesamtsieg für den Renault Zoe
Ganz vorne hat sich jedoch der kleine Renault Zoe festgebissen. Mit anhaltend starken Zahlen bringt es die zweite Generation des französischen Elektro-Kleinwagen auf enorme 30.376 Neuzulassungen, mit einem mächtigen Abstand auf die nachfolgenden Modelle von VW und Tesla. Diese Performance wird sich wohl im neuen Jahr nicht wesentlich abschwächen. Mehr noch, mit dem Dacia Spring Electric steht ein weiteres Konzernmodell vor der Tür, das gemeinsam mit dem bereits jetzt Fahrt aufnehmenden Elektro-Twingo zu einem starken Konkurrenz-Trio für VW heranwächst.
Ein Blick in die Rangliste erlaubt auch einige Zukunfts-Bewertungen. Die Elektro-Vans sind im Kommen, beispielhaft dokumentiert durch den Mercedes EQV, der mit Dezember-Bestwert weit nach vorne fährt. Deutlich wird auch, dass die Kunden keine Rücksicht auf Pioniere nehmen. Besonders sichtbar wird das am Nissan Leaf, der einst die Elektromobilität auch in Deutschland einführte, im Boom-Jahr 2020 aber allenfalls noch einen Achtungs-Erfolg einfahren konnte, überholt von Newcomern wie dem smarten Mazda MX-30 oder dem außerordentlich erfolgreichen Hyundai Kona Elektro.
2021 wird ein im Wortsinn spannendes Jahr für die Elektromobilität.