Was steckt wirklich dahinter?
Volkswagen zeigt Hinweise und Angebote direkt im Fahrzeugdisplay. Nervt der Hersteller seine Kunden also mit Werbung im Auto? Wir haben nachgefragt.
Den Dienst mit dem Namen "Live-Empfehlungen" gibt es kostenlos in ID.Modellen auf Basis des aktuellen Modularen Elektrobaukastens (MEB) in neuen Verbrennermodellen auf Basis des MQB evo wie dem neuen T-Roc. Nach Herstellerangaben umfasst er Vorschläge rund um Tanken, Laden und lokale Services. Das System ist standardmäßig mit der Annahme der VW-Connect-Lizenz aktiviert, lässt sich aber vollständig deaktivieren.
Nach einer Stellungnahme von Volkswagen gegenüber www.auto-motor-und-sport.de soll die Funktion in erster Linie der Fahrerunterstützung dienen. Sinkt der Tank- oder Batteriestand unter zwanzig Prozent, schlägt das Infotainmentsystem automatisch nahegelegene Tankstellen oder Ladepunkte vor. Darüber hinaus können Fahrer über die sogenannte "Lokale Empfehlungen"-Funktion gezielt Angebote aus ihrer Umgebung erhalten – etwa von Supermärkten, Restaurants oder Dienstleistern.
Aktivierung über App und Datenschutzregelungen
Die Aktivierung erfolgt über die Volkswagen-App, in der der Hauptnutzer ausdrücklich den Nutzungsbedingungen und der Datenschutzerklärung zustimmen muss. Nach Unternehmensangaben können Nutzer den Dienst jederzeit wieder abschalten und sowohl Häufigkeit als auch Art der Hinweise individuell anpassen.
Für die Ausspielung der Inhalte verarbeitet Volkswagen den Standort des Fahrzeugs (Geoposition), eine pseudonymisierte Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) sowie die User-ID. Damit können Angebote eindeutig, aber datenschutzkonform einem Fahrzeug zugeordnet werden. Laut VW ist die rechtliche Grundlage Artikel 6 Absatz 1 lit. b DSGVO, also die Datenverarbeitung zur Vertragserfüllung. Der Konzern betont, dass die Fahrerablenkungsrichtlinien eingehalten werden: Pop-Ups erscheinen nur bis zu einer Geschwindigkeit von 3 km/h und sind inhaltlich stark reduziert.
Partnerunternehmen und mögliche Einsatzszenarien
Der Funktionsumfang der lokalen Angebote umfasst derzeit Partner wie Apcoa Parking, Enilive Deutschland GmbH (Eni), Shell Deutschland, Q-Park, Kaufland, Aral Pulse und Fastned. Die Angebote können entweder als Pop-Up im Display erscheinen oder im sogenannten "Notification Center" gesammelt werden. Zudem besteht die Möglichkeit, Angebote zu speichern und zu einem späteren Zeitpunkt abzurufen – etwa bei einer geplanten Fahrt oder während eines Ladestopps.
Volkswagen sieht darin eine Erweiterung seiner digitalen Dienste, die den Komfort erhöhen und gleichzeitig neue Kooperationsformen mit Dienstleistern ermöglichen. Eine Monetarisierung im klassischen Sinn – also der Verkauf von Werbeflächen – erwähnt der Hersteller nicht ausdrücklich.
Nutzerreaktionen und öffentliche Diskussion
In sozialen Medien und Foren wie Reddit wurde die Funktion teils kritisch diskutiert. Einige Nutzer berichteten von überraschenden Pop-Ups im Navigationsdisplay, die sie zunächst für Werbung hielten. Andere sehen darin eine sinnvolle Ergänzung, solange die Anzeigen klar gekennzeichnet, optional und nicht während der Fahrt sichtbar sind.
Ein Artikel des Fachportals "Meedia" hatte zuvor den Eindruck erweckt, Volkswagen teste "bezahlte Werbung im Navigationsdisplay". Nach den nun vorliegenden Angaben handelt es sich jedoch nicht um klassische Werbeeinblendungen, sondern um kontextbezogene Serviceangebote, die datenschutzrechtlich abgesichert und manuell aktivierbar sind.
Mit der Integration solcher Systeme bewegt sich Volkswagen im Spannungsfeld zwischen digitalem Komfort und datenschutzrechtlicher Sensibilität. Das Fahrzeug wird zunehmend zu einer vernetzten Plattform, die nicht nur Fahrdaten, sondern auch personalisierte Services einbindet. Entscheidend für die Akzeptanz dürfte sein, ob Nutzer die volle Kontrolle über Häufigkeit, Inhalt und Aktivierung behalten.
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