Mit Wasserstoff über die Nordschleife
Porsche Engineering untersucht das Potenzial von Wasserstoff als Alternative zu konventionellen Kraftstoffen und E-Fuels in Verbrennungsmotoren. Und testete den Motor auf der Nordschleife.
Die aktuelle Entwicklung von Wasserstoffmotoren zielt meist auf den Einsatz in Nutzfahrzeugen und kommt über eine Leistung von 50 kW pro Liter Hubraum nicht hinaus. Das ist Porsche für den Einsatz in Pkw zu wenig. "Darum haben wir als Studie einen Wasserstoff-Verbrennungsmotor entwickelt, der Leistung und Drehmoment auf dem Level aktueller Hochleistungs-Ottomotoren bieten soll. Gleichzeitig war unser Ziel, einen geringen Verbrauch zu erreichen und die Emissionen auf Umgebungsluftniveau zu halten", sagt Vincenzo Bevilacqua, Fachreferent Motorsimulation bei Porsche Engineering.
Modifizierter 4,4-Liter-Achtzylinder
Daher hat Porsche für die Untersuchung den 4,4-Liter-Achtzylinder-Benziner für seine Untersuchung als Basis genommen. Genauer: Den digitalen Datensatz, da die gesamte Studie im Simulator getestet wurde – bereits seit Jahren ein gängiges Verfahren in der Entwicklung von Aggregaten und anderer technischer Elemente.
Die Leistung des virtuellen Motors beträgt 440 kW und liegt damit auf dem Niveau des Basis-Otto-Motors. Um die Performance des Antriebs zu checken, verbauten ihn die Ingenieure in ein "Referenzfahrzeug der Luxusklasse, mit einem Gesamtgewicht von 2.650 Kilo" und ließen das Modell auf die Nürburgring-Nordschleife los. Die Rundenzeit: 8:20 Minuten. Trotz dieser beachtlichen Zeit lag der Fokus auf den Emissionen – besonders auf den Stickoxiden, da bei der Verbrennung von Wasserstoff weder Kohlenwasserstoffe noch Kohlenmonoxid oder Partikel freigesetzt werden. Entsprechend wollte man mit einer mageren und kälteren Verbrennung die Rohemissionen gering halten, um auf eine Abgasnachbehandlung zu verzichten.
Emissionen deutlich unter der Euro-7-Grenze
"Wie sich zeigte, unterschreiten die Stickoxidemissionen die derzeit diskutierten Grenzwerte der Euro-7-Norm deutlich und liegen über den gesamten Drehzahlbereich nahe null", berichtet Matthias Böger, Entwicklungsingenieur Motorsimulation bei Porsche Engineering.
Als weiteres Ergebnis zeigte sich dank der mageren Verbrennung ein geringer Verbrauch im WLTP-Zyklus. Damit seien die Kosten für die Serienproduktion auf dem Niveau eines konventionellen Verbrennungsmotors. Die hohen Kosten für das neue Aufladesystem und die mechanischen Komponenten werden auf der anderen Seite bei der Abgasnachbehandlung für Euro 7 eingespart.
Neue Turbolader-Technik
Kern der Modifikationen am virtuellen Wasserstoffmotor sind die höhere Verdichtung, die angepasste Verbrennung und ein neues Turbosystem. Denn, so erklärt Porsche, die Turbolader benötigen für eine saubere Verbrennung rund doppelt so viel Luftmasse wie ein Otto-Motor. Andererseits fehlt durch die geringe Abgastemperatur die Energie für den Turboantrieb. Konventionelle Turbos können mit diesem technischen Dilemma nicht umgehen; daher hat Porsche vier alternative Aufladekonzepte teilweise aus dem Motorsport untersucht.
All diese Systeme bestehen aus mehreren elektrisch unterstützten Turboladern, die in Teilen mit zusätzlichen Steuerklappen innerhalb des Luftsystems oder mechanischen Kompressoren kombiniert sind. "In den Benchmark-Untersuchungen zeigte jedes Aufladesystem spezifische Vor- und Nachteile. Die Wahl des richtigen Konzepts hängt daher sehr stark vom Anforderungsprofil des jeweiligen Wasserstoffmotors ab", so Bevilacqua. "Für die vorliegende Motorstudie wählte das Entwicklerteam ein Turbosystem mit sogenannten Back-to-Back-Verdichtern aus. Ihre konstruktive Besonderheit ist die koaxiale Anordnung von zwei Verdichterstufen, die über eine gemeinsame Welle durch die Turbine beziehungsweise den unterstützenden Elektromotor angetrieben werden. Die Prozessluft strömt dabei durch den ersten Verdichter, wird im Ladeluftkühler zwischengekühlt und dann in der zweiten Stufe nachverdichtet."