Austin fest in Hamilton-Hand
Red Bull hatte gehofft, in Istanbul wieder siegfähig zu sein. Am Ende blieb Max Verstappen und Sergio Perez mit den Plätzen zwei und drei nur Schadensbegrenzung. Teamchef Christian Horner erwartet auch in Austin ein schwieriges Rennen für Red Bull, bevor es in Mexiko und Brasilien endlich wieder aufwärts gehen sollte.
Monza und Sotschi hatte Red Bull schon früh als Mercedes.Strecken identifiziert. Auf den Power-Kursen stellte sich der WM-Herausforderer von Beginn an auf Schadensbegrenzung ein. In Istanbul wollte man eigentlich wieder zur Attacke übergehen. Doch dann wurden die Ingenieure und die Fahrer im Freien Training auf dem falschen Fuß erwischt.
Der überraschend griffige Asphalt passte nicht zu den Simulationen. Entsprechend passte auch die Balance im Auto nicht. Erst zum Qualifying konnte das Setup so radikal umgebaut werden, dass die Piloten einigermaßen konkurrenzfähig waren. Mercedes hatte sich deutlich schneller auf die Bedingungen eingestellt. Verstappen und Perez hatten bei der Zeitenjagd keine Chance gegen Lewis Hamilton und Valtteri Bottas.
Zum Glück für Verstappen musste Hamilton mit seiner Motorenstrafe im Rennen zehn Startplätze zurück. Beinahe hätte es der Weltmeister aber doch noch aufs Podium geschafft. Die Attacken auf der Strecke gegen Perez ließen sich nur mit Mühe abwehren. Am Ende schoss sich Hamilton mit seiner Taktik dann aber selbst ins Knie. So machte Verstappen im direkten Duell acht Punkte gut und holte sich die Führung in der WM zurück.
Souveräner Mercedes.Sieg
Den Sieg von Valtteri Bottas konnte das Red-Bull-Duo nicht verhindern. Der Finne lieferte an der Spitze des Feldes eine souveräne Vorstellung ab und feierte seinen ersten Saisonsieg. Auch Red-Bull-Teamchef Christian Horner zeigte sich beeindruckt: "Das war wohl die stärkste Vorstellung von Mercedes dieses Jahr. Die Strecke hat ihnen einfach besser gepasst als uns. Dass wir im Rennen noch zwei Autos aufs Podium gebracht und die Führung in der Fahrer-WM zurückgeholt haben, können wir als positiven Tag verbuchen."
Vor allem für Perez war Istanbul ein Befreiungsschlag. Der Neuzugang hatte in den sechs Rennen zuvor nur 16 WM-Punkte eingesammelt und war dadurch schon leicht in die Kritik geraten. "Seine Verteidigung gegen Lewis war genau das, was wir von ihm erwarten. Er hat sich sein Tempo und die Reifen gut eingeteilt. Wir sind sehr zufrieden mit seiner Leistung", lobte Horner. "Er hatte in den letzten Rennen leider nicht immer das Glück auf seiner Seite. Das Podium sollte ihm hoffentlich wieder mehr Vertrauen geben."
Neben den eigenen Setup-Problemen führt Horner den großen Mercedes.Vorteil vor allem auf den Unterschied beim Top-Speed zurück. Angeblich hatten die Red-Bull-Ingenieure schon in Silverstone gemerkt, dass die Konkurrenz in Sachen Power einen spürbaren Schritt nach vorne gemacht hat. So deutlich ausgeprägt wie in Istanbul präsentierte sich das Phänomen laut Horner aber bisher noch nicht.
"Früher konnten wir noch mit kleineren Flügeln gegenhalten. Jetzt klappt das leider nicht mehr so einfach", klagte der Teamchef. "Es war vor allem bei Lewis zu erkennen, dass er trotz eines größeren Flügels einen signifikanten Vorteil beim Top-Speed hatte. Im direkten Vergleich fuhr er zum Teil zehn bis 15 km/h schneller. Das kam für uns etwas überraschend, dass sie mit der Power Unit so einen großen Schritt gemacht haben."
Zuverlässigkeit gegen Motoren-Power
Horner hofft, dass Red Bull wenigstens beim Thema Zuverlässigkeit punkten kann: "Normalerweise sollte Max ohne weitere Strafen bis zum Saisonende durchkommen. Wir haben jetzt noch drei Motoren in unserem Pool, die wir nutzen können. Aber man darf sich da ja nie zu sicher sein. Mercedes hat offenbar ein paar Probleme mit der Zuverlässigkeit. Aber ihre Performance ist immer noch beeindruckend. Ich weiß nicht, ob das eine mit dem anderen zusammenhängt."
Der Blick bei Red Bull geht bereits nach vorne. In dieser Saison haben die beiden Top-Teams je nach Streckencharakteristik Ping Pong gespielt. Acht Mal ging der größte Pokal an Red Bull, sechs Mal an Mercedes. Auch in der Fahrerwertung schlug das Pendel zuletzt immer wieder in unterschiedliche Richtungen aus.
Horner erwartet, dass es bis zum Finale in Abu Dhabi spannend bleibt: "Wir wissen, dass Austin jetzt schon einige Jahre fest in Hamilton-Hand ist. Dafür konnten wir in den Rennen in Mexiko und Brasilien auftrumpfen, die höher über dem Meeresspiegel liegen. Was in den letzten drei Rennen danach passiert, kann keiner sagen. Das wird ein faszinierender Endspurt. Wir müssen unsere Hausarbeiten erledigen und dürfen uns keine Fehler erlauben."
Die Fans können sich jetzt schon auf ein spannendes Finale freuen. Laut Horner ist es aktuell unmöglich, eine Prognose abzugeben: "Das ist wirklich eine tolle Saison mit vielen verschiedenen Siegern. Da ist es fast schade, dass für nächstes Jahr alles geändert wird. Im Endspurt werden sicher auch einige zufällige Faktoren eine Rolle spielen. Motorenstrafen können und werden ein Faktor werden. Auch das Wetter kann den WM-Kampf beeinflussen. Das werden einfach zwei faszinierende Monate werden."