Vorgeschmack auf den Titelkampf

Der Weltmeister muss alle Tricks anwenden, um den 23-Jährigen in seinem Red Bull hinter sich zu halten.
Red Bull hatte zum Auftakt das schnellere Auto, doch Mercedes traf die besseren Entscheidungen. Max Verstappen überholte Lewis Hamilton zwar, jedoch abseits der Rennstrecke. Sebastian Vettel und Mick Schumacher starteten mit Fahrfehlern in die Saison.
Der Grand Prix von Bahrain 2021 wird in Erinnerung bleiben. Lewis Hamilton gegen Max Verstappen, Mercedes gegen Red Bull. Die Formel 1 erlebte einen Zweikampf auf ganz hohem Niveau. In unserer Rennanalyse gehen wir darauf ein, beleuchten die Diskussion um Track Limits und widmen uns Sebastian Vettel und Mick Schumacher.
Wer hatte größeren Anteil am Sieg? Die Strategen oder Hamilton?
Mercedes-Teamchef Toto Wolff lobte seine Mannschaft und seinen Starfahrer gleichermaßen. "Nicht der eine oder der andere hat einen höheren Anteil. Es gehören immer zwei dazu. Das Fahrzeug muss erst einmal gut genug sein, dass die Strategen überhaupt in die Lage kommen, Risiken einzugehen. Und dann brauchst du einen Fahrer, der deine Taktik punktgenau umsetzt." Genau den hat Mercedes im Auto sitzen.
Der Grand Prix von Bahrain war mal wieder so ein Rennen, in dem Hamilton zeigte, dass er sein Geld wert ist, und nicht nur im schnellsten Auto gewinnen kann. Der Rekordsieger ließ sich von Max Verstappen im ersten Stint nicht abschütteln. Er brachte sich in Stellung, damit die Strategen ihren König spielen können. Im Finale ließ er sich nicht aus der Ruhe bringen. Trotz alter Reifen, trotz Verstappen im Genick.
Red Bull hatte über eine Runde das schnellere Paket. Nach den Wintertests ging der Herausforderer davon aus, zwei Zehntel voraus zu sein. Es wurden vier daraus. Sportchef Helmut Marko erklärte es mit einer Zauberrunde von Max Verstappen in der Qualifikation. Im Rennen war der Vorteil praktisch dahin. Zumindest schrumpfte er soweit, dass Mercedes den Rivalen über die Taktik stürzen konnte. "Unser Auto ist im Rennen zusammengekommen. Auf eine Runde haben wir mehr mit der Balance zu kämpfen. Im Renntempo ist das Fahrverhalten wesentlich neutraler", schilderte der Teamchef. Hinzu kam, dass der Red Bull nicht ganz rund lief. Verstappen klagte nach dem Start über das Differential. Der RB16B kam dem 23-Jährigen nicht schnell genug aus den Kurven. "Das hat uns insbesondere im ersten Sektor gekostet. Der war heute unsere Schwachstelle", verriet Red Bulls Teamchef Christian Horner.
Mercedes nutzte die erste Gelegenheit zur Attacke. Fernando Alonso zog mit seinem Stopp in der elften Runde das Mittelfeld um Lando Norris, Charles Leclerc und Lance Stroll in die Box. Das öffnete eine Lücke, in die Hamilton nach dem Undercut in Runde 13 fallen konnte. Hinter Carlos Sainz, den er auf frischen harten Reifen direkt überholte, und vor Sergio Perez. Red Bull ließ die erstbeste Möglichkeit zum Stopp verstreichen und bezahlte es mit dem Verlust der Führung.
Einem Konter beim zweiten Reifenwechsel kam Mercedes zuvor. Die Strategen riefen Hamilton bereits in der 28. Runde herein. "Verstappen war bis auf zwei Sekunden herangefahren. Wir mussten agieren, sonst hätten wir dieses Mal in den Undercut laufen können. Um den abzuwehren, musst du einen Vorsprung von drei Sekunden haben", erklärte Wolff.
Red Bull hielt seinen Fahrer jetzt deutlich länger auf der Strecke. Elf Runden jüngere Reifen wappneten Verstappen für den Schlusssprint. Während Hamilton die Reifen streicheln musste, damit sie nicht zu stark abbauen, quetschte sie Verstappen aus. Innerhalb von zwölf Runden verkürzte Red Bulls Wunderknabe um acht Sekunden. Ab der 51. Runde hatte er DRS. Doch der Husarenritt quälte auch die Reifen. Das Delta zu Hamilton verkleinerte sich mehr und mehr. Das merkte Verstappen in den letzten Runden. Er kämpfte sich zwar an Hamilton vorbei, jedoch außerhalb der Strecke. Der Kronprinz musste den Champion wieder vorbeilassen, und hatte danach keine Chance mehr.
Hätte Verstappen eine Strafe riskieren sollen?
Diese Niederlage schluckte Red Bull nur schwer. Der Sieg war zum Greifen nah. Vier Runden vor Schluss führte Verstappen von Kurve vier bis zehn. Dann machte er auf Befehl des Kommandostands wieder Platz. Die Rennleitung hatte sein Manöver gegen Hamilton angemahnt, weil sein Red Bull dabei mit allen vier Rädern neben der Bahn war. Ein unerlaubter Vorteil in Kurve vier. "Das wurde im Fahrer-Briefing am Freitag besprochen", führte Rennleiter Michael Masi aus. "Wenn ein Fahrer einen anderen überholt, weil er über den Randstein fährt, und damit mehr Schwung mitnimmt, muss er seinen Platz wieder überlassen."
Red Bull bat seinen Piloten zum Fairplay. Verstappen gehorchte, hätte sich aber einen anderen Ansatz gewünscht. Am Funk stellte er klar, dass es Red Bull auf eine Strafe hätte ankommen lassen sollen. Weil man so oder so Zweiter geworden wäre. "Die fünf Sekunden auf Hamilton hätte ich rausgefahren." Das wäre allerdings schwer geworden, weil Verstappen zuvor nur drei bis sechs Zehntel schneller war als der Brite. Und es hätte auch eine Zehnsekundenstrafe geben können. "Entweder das eine oder das andere. So war es bei vergleichbaren Fällen in der Vergangenheit", sagte Masi.
Was lief bei Sebastian Vettel schief?
Der Einstand bei Aston Martin missglückte. Zwei Strafen, ein Unfall, letzter Startplatz, Rang 15: Das ist Sebastian Vettels Bilanz nach seinem ersten GP-Wochenende im Aston Martin.
Der Rennsonntag begann mit einer Strafversetzung um fünf Positionen. Vettel hatte in der Qualifikation eine schnelle Runde zu Ende gefahren, die er nach doppelt-gelben Flaggen eigentlich hätte abbrechen müssen. Die Stewards ließen Vettels Ausrede nicht gelten, er habe wegen Rauch in der Luft zunächst nicht klar beurteilen können, ob ein Auto vor ihm verunfallt war oder ob nur ein Rad stehen blieb. Sein Team hätte ihn vielleicht retten können. Doch der Befehl, die Runde abzublasen, blieb aus. Mercedes machte es mit Valtteri Bottas besser.
Am Ende des Rennens hagelte es die zweite Strafe. Dieses Mal addierten die Schiedsrichter zehn Sekunden im Ziel, weil der Ex-Weltmeister den Alpine von Esteban Ocon in der 44. Runde abgeräumt hatte. Vettel schäumte zunächst am Funk. Er beklagte sich, dass der Franzose beim Bremsen die Linie gewechselt hätte. Tat Ocon aber nicht. Stattdessen sortierte sich Vettel hinter ihm ein. In der turbulenten Luft fehlte plötzlich der Abtrieb, weshalb der AMR21 nicht richtig verzögerte. Vettel hätte es eigentlich wissen müssen. So ein Malheur passierte ihm nicht zum ersten Mal. Silverstone 2019 ist so ein Beispiel. Da krachte er Verstappen von hinten ins Auto.
Vettels Einstopprennen war eine Verzweiflungstat, um vom letzten Platz irgendwie doch zu punkten. Doch dafür frisst der Aston Martin die Reifen zu sehr. Das Team ist im Mittelfeld derzeit nur Mittelmaß. McLaren, Ferrari und Alpha Tauri haben bessere Autos gebaut. Selbst Alfa Romeo war in Bahrain nicht weit weg. "Wir sind bei weniger als 50 Prozent", urteilt Vettel. Es wartet in den nächsten Wochen viel Arbeit auf Fahrer und Team.
Wie hat sich Mick Schumacher geschlagen?
Bis zum Rennen hielt sich der Debütant schadlos. Bis ihm in der vierten Runde nach Ende der SC-Phase in der vierten Kurve sein Haas entglitt. "Die Reifen waren ausgekühlt. Ich bin zu früh aufs Gas und habe das Heck verloren", entschuldigte der 22-Jährige. Immerhin vermied Schumacher einen Einschlag. Und er beendete das Rennen, wenn auch abgeschlagen. Auf den 15. Vettel fehlten in der Endabrechnung 38,265 Sekunden.
Im Vergleich zum Teamkollegen hielt sich Schumi Junior achtbar. Ein Fehler ist einem Rookie zu verzeihen. Vor allem in einem schwer zu fahrenden Auto wie dem Haas. Nikita Mazepin verlor seinen Rennwagen am Wochenende fünf Mal. Sein Rennen dauerte nur 24 Sekunden. Dann schlug der Russe in Kurve drei ein. "Er war zu früh am Gas und dazu auf dem Randstein. Wenn das Drehmoment voll einsetzt, bist du da schnell mal weg", erklärte Haas-Teamchef Guenther Steiner.