Darum ist die Steuerkette bei Stellantis so anfällig

Stellantis muss bei über einer Million Dieseln die Steuerkette tauschen. Warum ist gerade dieses Bauteil beim 1.5 BlueHDi-Motor so anfällig?
Sie gilt eigentlich als zuverlässiges Bauteil: die Steuerkette. Doch ausgerechnet bei einem der meistverbauten Dieselmotoren des Stellantis-Konzerns zeigt sie Schwächen. Der 1.5 BlueHDi, der bei Peugeot, Opel, Citroën und DS eingesetzt wird, kämpft mit einem Problem: Die ursprünglich verbaute sieben Millimeter breite Steuerkette verschleißt häufig vorzeitig und kann im schlimmsten Fall reißen. Der aktuelle Peugeot-Rückruf für über 239.000 Fahrzeuge ist die logische Konsequenz aus einer Bauweise, die im Alltag offenbar an ihre Grenzen stößt.
Der betroffene Motor deckt einen weiten Einsatzbereich ab – vom Peugeot 308 über den Opel Combo bis hin zu Nutzfahrzeugen wie dem Citroën Jumpy. Und obwohl der Vierzylinder-Diesel mit AdBlue-Einspritzung und Euro-6-Abstimmung eigentlich als besonders effizient gilt, wird die Kette bei genau diesem Motorkonzept zur Achillesferse. Denn das Zusammenspiel aus hoher Verdichtung, engem Bauraum und sparsamer Materialverwendung erzeugt ein Verschleißszenario, das den Motor im Alltag erheblich belastet.
7 Millimeter gegen 100.000 Kilometer
Was auf dem Papier nach akzeptabler Toleranz klingt, wird in der Praxis zum Risiko. Die Steuerkette im 1.5 BlueHDi ist nur sieben Millimeter breit. Ein Wert, der selbst unter Downsizing-Gesichtspunkten eher im unteren Spektrum liegt. Zum Vergleich: In klassischen Reihenvierzylindern aus den frühen 2000ern wurden Ketten mit acht bis zehn Millimeter Breite verbaut. Der schmale Querschnitt beim BlueHDi sorgt zwar für weniger Reibung und Gewicht, reduziert aber gleichzeitig die Widerstandsfähigkeit gegen Dehnung und Materialermüdung.
Hinzu kommt ein weiterer, alltagsrelevanter Faktor: Ölverdünnung. Bei häufigem Kurzstreckenbetrieb oder langem Kaltlauf dringt unverbrannter Kraftstoff ins Schmieröl ein. Die Folge: Das Öl verliert an Viskosität und die ohnehin filigrane Steuerkette läuft unter deutlich schlechteren Schmierbedingungen. Herstelleranalysen zeigen, dass sich die Kette dadurch nicht nur schneller längt, sondern auch zur Geräuschquelle wird. Ein rasselnder Kaltstart kann so zum akustischen Vorboten eines kapitalen Schadens werden.
Nachbesserung mit Nachspiel
In der Werkstatt sieht die Lösung zunächst simpel aus: Softwareupdate, Ölwechsel, Geräuschanalyse und falls nötig, Kettenaustausch. Doch der Teufel steckt im Detail. Denn nur wer den Rückruf rechtzeitig beachtet und den Werkstatttermin wahrnimmt, kommt in den Genuss der Kulanzmaßnahmen. Für alle anderen bleibt ein Restrisiko, gerade bei Gebrauchtwagen ohne lückenlose Wartungshistorie. Seit 2025 verbaut Stellantis eine auf acht Millimeter verbreiterte Kette. Auch die Garantie wurde für betroffene Modelle auf zehn Jahre und 240.000 Kilometer ausgeweitet.