Formel 1 mit Allrad-Antrieb?
Die Formel 1 will beim Antrieb der Zukunft den Anteil der Elektro-Power erhöhen. Doch wie? Beide Lösungen über die MGU-H und eine Rekuperation an der Vorderachse haben ihre Nachteile. Gibt es einen Königsweg?
Bis Ende Juli soll eine Lösung her. Wie geht es weiter mit dem Formel-1-Motor der Zukunft? Auf dem Prüfstand stehen zwei Grundsatzentscheidungen. Soll die Königsklasse den V6 behalten oder mit einem Vierzylinder alle bei Null beginnen lassen, was neue Hersteller anlocken könnte. Und wie kann man den elektrischen Anteil an der Gesamtleistung erhöhen, ohne dass der Antrieb an Gewicht zulegt?
Der Verbrenner wird nach ersten Erkenntnissen zumindest beim Einstieg an Leistung verlieren. Im Moment liefern synthetische Kraftstoffe und Sprit aus Bioabfällen noch weniger Energie als die herkömmlichen Kraftstoffsorten. Die ersten Versuche ergaben eine Leistungseinbuße von 80 bis 110 PS. Das wird bis 2025 sicher noch besser werden, doch ein Gleichstand ist nach derzeitigem Wissensstand zu Beginn der neuen Ära nicht zu erwarten.
MGU-H liefert nur kleinen Beitrag
Das macht es schon einmal einfacher den Beitrag der Elektro-Power relativ zum Verbrenner zu erhöhen. Doch einigen Herstellern schwebt sogar ein Überhang an elektrischer Leistung vor. Das wäre technisch eine Herausforderung, zumal FIA-Präsident Jean Todt das Gewicht der Autos nicht noch weiter erhöhen will. Das ist ab 2022 mit 790 Kilogramm schon viel zu hoch.
Nach Aussage von Mario Illien gibt es nur zwei Wege, die elektrische Leistung zu erhöhen. Man könnte die MGU-H ausbauen oder an der Vorderachse rekuperieren. Beide Lösungen bringen Nachteile mit sich.
Die MGU-H steuert jetzt schon nur einen geringen Anteil bei. "Die Energierückgewinnung über den Turbolader ist minimal", bedauert Illien. Die Technologie ist teuer, kompliziert, verlangt viel Prüfstandsarbeit und hat keine Relevanz für die Serie. Man wird die "heiße" Elektromaschine vermutlich nie in einem Großserienauto sehen.
Generator vorne nur als Einweglösung
Die Leistung der klassischen MGU-K lässt sich laut Illien kaum noch ausbauen. "Die Bremsleistung an der Hinterachse ist beim Rekuperieren jetzt schon an der Grenze. Wird noch mehr Energie zurückgewonnen, blockieren beim Bremsen die Hinterräder. Da braucht es ein Gegengewicht an der Vorderachse. Dort könnte man beim Bremsen kurzfristig 500 bis 1.000 PS rekuperieren."
Dabei denken viele gleich an Allradantrieb. Der passt aber nicht in die DNA der Formel 1 und geht ins Gewicht. Mit 50 bis 60 Kilogramm extra muss man da schon rechnen. "Es geht aber auch ohne Allrad", macht Illien Hoffnung. "Wer das nicht will, nutzt den Generator vorne nur zur Energiegewinnung aber nicht als Antrieb. Das kriegt man dann mit 30 bis 40 Kilogramm extra hin."
Thermische Probleme für die Batterie
Das Einspeisen und Abrufen hoher Leistungsdaten in kurzen Intervallen bringt aber zusätzliche Probleme. Die Batterien könnten thermisch überlastet werden, was zusätzlich Kühlung und Gewicht bedeutet. Als Ausweg wären Superkondensatoren denkbar, wie sie Toyota mal in Le Mans probiert hat. Die sind aber schwerer, größer und teurer. So ist die Physik. Es gibt nichts geschenkt.
Das Thema ist also schwierig und wird am Ende auf einen Kompromiss hinauslaufen, der die etablierten Hersteller, Interessenten, Autokonzerne und private Anbieter überzeugen muss. Wenn der Kraftstoff am Ende zu 100 Prozent nachhaltig ist, spielt der Anteil der elektrischen Leistung nicht mehr die entscheidende Rolle. Es ist dann nur eine Zahl, die genauso schnell vergessen sein wird wie die Durchflussmenge von 100 Kilogramm pro Stunde.