Kennen Sie den letzten echten Bertone?

Das letzte von Bertone selbst entworfene Auto steht jetzt auf einer Auktion zum Verkauf und ist eigentlich ein echter Ferrari – doch welcher Typ steckt drunter?
Bertone ist in der Welt des Automobildesigns ein sehr bekannter Name. Schließlich war die italienische Designschmiede verantwortlich für Ikonen wie den NSU Sport-Prinz, den Citroen XM, den Fiat X1/9, den Lancia Stratos und den Lamborghini Miura. Doch in den 2010er-Jahren geriet das Unternehmen in wirtschaftliche Schieflage und meldete 2014 Insolvenz an. Zwar wurde die Marke kürzlich neu belebt – allerdings ohne die Familie Bertone an der Spitze. Jetzt kommt eines der letzten echten Bertone-Fahrzeuge unter den Hammer.
Familie Bertone mit langer Tradition
Vor dem Bankrott war das Unternehmen noch bis zuletzt kreativ tätig. Eines der letzten Projekte: der Bertone Nuccio, den man hier sehen kann. Abgesehen vom extravaganten Design ist er ein fahrbereites Einzelstück – und steht nun tatsächlich zum Verkauf. Der Nuccio wurde erstmals 2012 als statisches Modell auf dem Genfer Autosalon gezeigt. Die fahrfertige Version, die aktuell zum Verkauf steht, feierte wenig später auf der Messe in Peking Premiere.
Benannt ist das Fahrzeug nach Nuccio Bertone, dem Sohn des Firmengründers Giovanni Bertone und langjährigem Leiter des Studios. Nach Nuccios Tod führte seine Frau das Unternehmen noch einige Jahre weiter. Der Nuccio ist das letzte Fahrzeug, das ausschließlich den Namen Bertone trug – und nicht den eines anderen Herstellers. Künftig wird das Bertone-Logo auf einem Supersportwagen der neu gegründeten Firma zu sehen sein.
Ein letzter Entwurf mit dem Bertone-Schriftzug
Die Gestaltung des Nuccio erinnert an ein legendäres Bertone-Design der 1970er: den Lancia Stratos Zero. Der radikale Keil, die flach geneigte Frontscheibe und die futuristische Dachgestaltung lassen die Verbindung sofort erkennen. Details wie die geometrisch strukturierte Dachfläche, weit ausgestellte Kanten und dreieckige Lufteinlässe geben dem Auto ein beinahe animalisches Erscheinungsbild.
Trotz der auffälligen Hülle bleibt der Innenraum überraschend funktional – analoge Instrumente, klare Formen und eine sachliche Mittelkonsole setzen bewusst Kontraste. Ein besonderes Detail, das das Auktionshaus RM Sotheby’s hervorhebt: vorn angebrachte Bremslichter, die beim Verzögern blau aufleuchten und so Fußgänger warnen sollen.
Unter der Haut steckt ein Ferrari
Technisch basiert der Nuccio auf dem Ferrari F430. Der 4,3 Liter große V8-Saugmotor mit rund 480 PS sowie das sequentielle Getriebe stammen ebenso von dem italienischen Sportwagen wie verschiedene Komponenten des Fahrwerks. Selbst die Frontscheinwerfer wurden übernommen. Auch unter der Abdeckung sind die roten Ventildeckel mit dem Ferrari-Logo sichtbar – ein erfreuliches Detail für jeden Technikliebhaber.
Der Nuccio entstand anlässlich des 100-jährigen Firmenjubiläums von Bertone. Designchef Michael Robinson übernahm die Vision des Stratos Zero und transformierte sie in eine neue Ära. Von den ersten Skizzen bis zum fahrfertigen Modell vergingen lediglich dreieinhalb Monate – alles wurde intern bei Bertone in Turin umgesetzt. Nach seinem Debüt in Genf und Peking reiste der Wagen sogar in die USA, wo er beim Concorso Italiano dem Publikum vorgestellt wurde.
Nur 29.000 Kilometer auf dem Tacho
Als Bertone 2015 Insolvenz anmeldete, blieb der fahrbereite Nuccio unverkauft in den Hallen des Unternehmens stehen. Erst 2018 wurde er im Zuge einer Versteigerung der Firmenwerte an seinen heutigen Besitzer übergeben – der seither der einzige private Eigentümer ist. Heute steht der Wagen erneut zum Verkauf – mit rund 29.000 gefahrenen Kilometern, von denen ein Großteil noch aus der Zeit als Ferrari-Basisfahrzeug stammt.
Verkauft wird das Einzelstück aktuell von RM Sotheby’s im Rahmen einer verdeckten Auktion. Der geschätzte Verkaufspreis liegt zwischen 400.000 und 500.000 Euro – deutlich unter dem Betrag, den der heutige Besitzer einst aufbrachte. Ganz unemotional betrachtet, handelt es sich also um ein Schnäppchen mit ganz besonderem Wert. Vorausgesetzt, man bringt das nötige Kleingeld und eine tiefe Passion für echtes Bertone-Design mit.