Tschüss ID - Golf bleibt Golf!
Mit den ID-Modellen begann bei VW die Großserien-Elektro-Ära. Bald hat diese Namensbezeichnung ausgedient.
VW kehrt zu "richtigen" Modellnamen zurück. Dies hat VW-Vertriebschef Martin Sander in Bezug auf die Einstiegs-Elektromodelle ID.2 all (siehe Fotoshow) und ID. Every1 verkündet. Damit geht bald das los, was Branchenkenner schon lange vermutet oder auch erhofft haben: Die ID-Namen schwinden bei VW nach und nach. Ihre Einführung hatte Gründe und der, der sie eingeführt hat, war dabei ein bisschen widersprüchlich.
Mit der Transformation zur Elektromobilität hatte die deutsche Autoindustrie anfangs ein bisschen gefremdelt – vorsichtig ausgedrückt. Schließlich hatte sie seit Jahrzehnten mit Verbrennungsmotoren hervorragend Geld verdient. Dieses einträgliche Geschäft aufzugeben und in ein anfangs erheblich weniger einträgliches Geschäft mit Elektroautos zu investieren, fiel den erfolgsverwöhnten Entscheidern schwer. Der Gefahr, dass das mit der Elektromobilität nicht klappt, wollte man unter anderem mit vollkommen neuen Modellbezeichnungen begegnen. Im schlimmsten Fall hätte man die Reihen, bei VW die ID-Modellreihen, einfach eingestellt, sich kurz geschüttelt – und mit Verbrennungsmotoren weitergemacht.
Diess' Entscheidung – Diess' Meinung
Der damalige VW-Chef Herbert Diess wollte zudem sehr klar herausstellen, dass ID-Elektroautos etwas vollkommen Neues und Anderes sind – dass eine neue Ära begonnen hat. Zudem musste VW gerade ein Trauma verarbeiten – der Dieselskandal hatte den Konzern bis ins Mark erschüttert. Also wollte Diess Modelle, deren Namen nicht mit dem Skandal belastet sind. Auch inhaltlich lässt sich so vielleicht erklären, dass der legendäre und ungebrochen beliebte Golf auf einmal in der Entwicklung nicht mehr so viel Liebe bekommen hat.
Anfang April 2025 hatte Ex-VW-Chef Diess allerdings klargemacht, dass er die gut gepflegten Modellreihen der deutschen Autohersteller für einen Trumpf im Kampf um künftige Marktanteile hält. Dass er bei dieser Betrachtung seine Zeit bei VW ausnimmt, hatte er nicht erwähnt.
Polo und Up zuerst
Es gibt dazu zwar noch keine Informationen von VW, aber es wäre wenig überraschend, wenn die nach wie vor viel tiefer in den Köpfen der Kunden verankerten Modellbezeichnungen Up und Polo für die Einstiegsmodelle zurückkehren – dies hatte die Automobilwoche bereits im Februar berichtet. Anscheinend schauen die Verantwortlichen inzwischen mit ein bisschen Verwunderung auf ihre vor Jahren getroffenen Entscheidungen. So hatte VW-Markenchef Thomas Schäfer bereits 2022 betont, dass es verrückt sei, ikonische Namen sterben zu lassen.
VW kündigt nur eine Erkenntnis an, die sich aktuell in der kompletten Autoindustrie ausbreitet: Die Kunden fremdeln eher mit krassen Designs und Namensänderungen für Elektroautos – Bekanntes scheint ihnen beim technologischen Umstieg mehr Sicherheit zu verleihen. So gibt es bei Mercedes Überlegungen, beispielsweise den EQS künftig auch als "normale" S-Klasse zu verkaufen, die komplette EQ-Reihe dürfte namensmäßig ebenfalls verschwinden. Bei VW spielt zudem die Politik eine große Rolle. So berichtet die Automobilwoche, dass sich auch Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) den ID.3 unter dem Modellnamen "Golf" gewünscht hätte.
Golf bleibt Golf
Der Golf wird auf jeden Fall elektrisch, das Modell für 2029 basiert dann auf der SSP (Scalable Systems Platform) – und heißt dann schlicht "Golf". Übergangs-Ideen wie ID. Golf scheinen vom Tisch zu sein. Das erste SSP-Modell mit klassischem Namen dürfte der für 2028 avisierte T-Roc sein. Die ersten ID-Namen sterben aber womöglich noch viel eher: Der für 2026 angekündigte ID.2 könnte als Polo kommen, und 2027 kommt dann vielleicht nicht der ID.1, sondern ein neuer Up.