Zu viele Autos, zu wenig Ladepunkte
Laut Volkswagen könnte Elektromobilisten bald ein Problem bevorstehen. Weil die erhöhte Kaufprämie einen E-Auto-Boom ausgelöst hat, befürchtet der Konzern eine Ladesäulen-Knappheit.
Wenn es um das leidige Thema "Laden" geht, dann sind Fahrer von Elektroautos meist Kummer gewohnt. Noch immer ist das Strom Tanken einer der zentralen Dreh- und Angelpunkte der Mobilitätswende. Ladesäulen sind häufig defekt, belegt oder schlicht verschwunden. Das führt zu Frust an der Steckdose und einem süffisanten Grinsen im Verbrenner-Rückspiegel. Dem Handeslblatt sagte Thomas Ulbrich, Elektrovorstand bei Volkswagen Pkw, dass vor dem Hintergrund der vielen E-Auto-Neuzulassungen bereits im kommenden Frühjahr eine spürbare Lade-Lücke klaffen könne.
Prämie bis Ende 2021
Rund 30.000 Anträge auf E-Auto-Förderung gehen seit dem Spätjahr 2020 beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle monatlich ein. Dass in gleichem Maß für öffentliche Ladepunkte gesorgt wird, ist dagegen nicht zu beobachten. Natürlich muss für eine reibungslose Integration der Elektromobilität in die Verkehrswelt auch der Anwender selbst schauen, wo er bleibt. Eine Wallbox in der heimischen Garage hilft durchaus. Allerdings hat auch nicht jeder Diesel-Fahrer einen Tanklaster im Hinterhof – und erst Recht nicht jeder E-Autofahrer eine eigene Garage. Wenn es flächendeckend klappen soll, muss die Infrastruktur mit der Entwicklung auf dem Fahrzeugmarkt Schritt halten. So schnell dürfte der Trend nämlich nicht abreißen, denn der derzeitige Umfang der Prämie wird noch bis Ende 2021 ausgezahlt.
Im Ladesäulenregister des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sind derzeit rund 28.000 öffentliche Ladepunkte aufgeführt. Damit liegt der Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr immerhin bei stolzen 62 Prozent. Mit dieser Anzahl ließen sich laut BDEW rund 440.000 Elektroautos und Plug-In-Hybride versorgen. Im Oktober stieg die Zahl der zugelassenen E-Autos insgesamt auf mehr als 120.000. Das Kraftfahrtbundesamt meldete im ersten Quartal 2020 einen Bestand von 240.000 BEV und PHEV in Deutschland. Laut BDEW liege der Wert mittlerweile bei 280.000 Autos. Das entspricht 0,48 Prozent aller in Deutschland zugelassenen Fahrzeuge. Verbrenner kommen insgesamt noch immer auf mehr als 98 Prozent.
10 Autos pro Ladesäule
Auf Grundlage dieser Zahlen ergibt sich eine Verteilung von etwa zehn Elektroautos pro Ladepunkt. Genau diesen Wert empfiehlt die EU-Kommission für eine stabile Versorgung aller elektrifizierten Verkehrsteilnehmer. Laut der Aussagen von Ulbrich wäre es denkbar, dass sich das Verhältnis bis ins erste Quartal 2021 auf einen Wert von 1 zu 20 verschlechtert. Am wenigsten haben die Menschen in München Grund zu zittern, denn dort gibt es mit mehr als 1.100 die meisten öffentlich zugänglichen Ladepunkte in ganz Deutschland. Es folgen in engen Abständen Hamburg, Berlin und Stuttgart. Laut Handelsblatt steht ein wöchentlicher Zuwachs von 200 Ladesäulen im gleichen Zeitraum rund 12.000 neu zugelassenen Elektroautos gegenüber.
Da Volkswagen die Produktion von Elektroautos aktuell besonders hochfährt, pocht der Hersteller natürlich zusehends auf eine entsprechende Infrastruktur. Nachdem der Start des ID.3 mit Software- und Verarbeitungsproblemen denkbar holprig geraten war, will man seinen Kunden nun offenbar keinesfalls Ärger an der Ladesäule zumuten. In der Ausbau-Verantwortung sieht man in Wolfsburg vor allem die Politik. Immerhin: Ab Ende November 2020 bezuschusst der Staat auch private Wallboxen mit 900 Euro. Die Schnellladesäule für unterwegs ersetzt das aber noch lange nicht. Auf dem nächsten Autogipfel haben Hersteller und Regierung aber ausreichend Möglichkeit zur angeregten Diskussion. Wenn auch Sie den Umstieg auf die elektrifizierte Fortbewegung planen, finden Sie in unserer Fotoshow alle aktuell förderfähigen Modelle.