Aston Martin Vanquish im Fahrbericht
An den zehn Nm mehr Drehmoment kann es kaum liegen, dass der Aston Martin Vanquish nun deutlich besser geht. Das liegt eher am neuen Automatikgetriebe mit zwei Gängen mehr - samt engerer Spreizung.
Wann haben wir eigentlich zuletzt die Einführung eines neuen Automatikgetriebes bei einem Sportwagen bejubelt? Falls überhaupt, dann muss es schon sehr lange her sein ... Doch beim Aston Martin Vanquish gibt es jetzt allen Grund dazu: Die Auswirkungen sind unerwartet weitreichend – bis tief in die Leistungsfähigkeit des Sport-GT.
Aston Martin Vanquish mit neuer Automatik
Plötzlich geht es beim Gasgeben vorwärts. Beeindruckend vorwärts. Und zwar so, wie es mit Blick auf die exorbitanten Leistungsdaten schon bisher wünschenswert gewesen wäre – und sich nie erfüllt hat. Angesichts von 573 PS und 620 Nm gab sich der Aston Martin Vanquish bei Vollgas, sagen wir, britisch unterkühlt und nicht eben südländisch feurig. Jetzt, mit einer neuen Elektronik von Bosch und einer im Staudruck reduzierten Auspuffanlage, leistet der Sechsliter-V12 drei PS und zehn Newtonmeter mehr. Doch daran allein kann es kaum liegen.
Nein, zwei Gänge mehr und schnellere Schaltzeiten machen jetzt den Unterschied. Touchtronic III nennt Aston Martin das neue Achtgang-Automatikgetriebe vom Zulieferer ZF – wir kennen es bereits gut: aus diversen BMW-Modellen etwa. Für eine ausgeglichene Gewichtsverteilung sitzt es beim Aston Martin Vanquish allerdings nach Transaxle-Bauweise an der angetriebenen Hinterachse – beste Voraussetzungen für gute Traktion.
Britischer Gentleman wird zum Sprinter
Und so krallen sich die 305er-Hinterreifen beim Vollgas-Start energisch in den Asphalt – bei trockener Straße gibt es für die Traktionskontrolle keinen Anlass, einzugreifen. Eifrig legt der Zwölfzylinder los, wird ab 4.000/ min geradezu euphorisch. Kurz vor 7.000/min bestellen wir per Lenkradpaddel den nächsten Gang, 130 Millisekunden später wird geliefert. Für den Sprint von null auf 100 km/h gibt der Hersteller 3,8 Sekunden an, drei Zehntel weniger als bisher. Das Delta klingt absolut glaubwürdig, denn der Antrieb wirkt wie ausgewechselt: Nichts mehr mit kühler Zurückhaltung – endlich ist das sportliche Aushängeschild der Traditionsmarke ernsthaft bei der Sache.
Einen geradezu exorbitanten Sprung vollzieht die angegebene Höchstgeschwindigkeit: von 295 auf 324 km/h – ebenfalls ein Nebeneffekt der geänderten Übersetzung. Zu guter Letzt soll auch der CO2 -Ausstoß davon profitieren und von 335 auf 298 g/km sinken. Und so huscht der V12 des Aston Martin Vanquish im achten Gang bei 100 km/h mit gerade einmal 1.500/min vor sich hin, dunkel grollend.
Das typische Zwölfzylinder-Trompeten erwacht erst jenseits der 4.000/min – vor allem im Sportmodus des Antriebs, der sich vom Lenkrad aus aktivieren lässt. Dann öffnen die Auspuffklappen, ohne dass der Vanquish nun zum Brüllaffen würde. Sport wird bei Aston Martin schließlich immer noch mit der nötigen Gediegenheit betrieben, und so bietet das adaptive Fahrwerk des Aston Martin Vanquish einen guten Komfort. Dass die Stoßdämpfer vorne um 15 und hinten um 35 Prozent härter wurden, mag da ein falsches Bild abgeben: Sie harmonieren nun einfach besser mit den Federraten und unterbinden Wankbewegungen weitgehend.
Homogene Drehmomentabgabe
So ist der über 1,7 Tonnen schwere und nicht gerade zierliche Vanquish selbst auf schmalen Sträßchen flink unterwegs. Er lässt sich zielgenau in der Kurve platzieren, bleibt dabei wunderbar neutral und einfach zu beherrschen. Aus dem Scheitelpunkt stemmt sich der Aston Martin Vanquish ohne nennenswerten Schlupf – dank der homogenen Drehmomentabgabe des Sechsliters muss man dabei nicht allzu vorsichtig Gas geben.
Wie bei nahezu allen adaptiven Fahrwerken ist der Sportmodus der Stoßdämpfer auf öffentlicher Straße entbehrlich: Es reicht, scharf einzulenken, erhöhte Querbeschleunigung zu generieren, schon werden die Sensoren aufmerksam – und das Fahrwerk versteift sich wie von Zauberhand auf das perfekte Maß.
Aston Martin Vanquish endlich fertig entwickelt
Mag die Modellpflege auf den ersten Blick auch marginal erscheinen – ihre Folgen sind beträchtlich: Der Autor kann sich an keinen Aston Martin erinnern, der ihn jemals mehr beeindruckt hätte. Die regelmäßig kritisierte Behäbigkeit vergangener Tage und der eher zurückhaltende Einsatz beim Gasgeben sind wie weggeblasen. Erst jetzt scheint der Aston Martin Vanquish wirklich fertig entwickelt zu sein.
Und diese Aussage muss man erst einmal sacken lassen, liegt ihr doch gerade die Einführung eines neuen Automatikgetriebes zugrunde. Die Zeiten ändern sich – glücklicherweise hier zum Besseren!