BMW 320i Touring, Alfa Romeo 156 Sportwagon 2.0 TS
Manche Kombis sind nicht nur praktischer. Sie sehen auch noch besser aus als die entsprechenden Limousinen. Das neue Alfa 156-Derivat ist das beste Beispiel. Der Vergleich Alfa 156 2.0 T.S. Sportwagon gegen BMW 320i Touring zeigt, ob der Alfa mehr ist als nur schön.
Sattsam ist es bekannt, doch gern wird es immer wieder benutzt: das Klischee vom Kombi. Auf der einen Seite gibt es den klobigen Großraumkombi, beliebt bei Handwerkern, Heimwerkern und Handelsvertretern. Auf der anderen lockt der schmucke Nobelkombi, das Gerät für den Freizeitmenschen, ideal für den Trip zum Golfplatz oder sonstige mehr oder weniger überflüssige Tätigkeiten. Überbegriff: Lifestyle. Was den Kombi betrifft, so verheißt das in der Regel zweierlei: relativ viel Geld für relativ wenig Platz. Da macht auch der neue Alfa 156 Sportwagon, wie der Name schon andeutet, keine Ausnahme. Hinzu kommt, dass er unverschämt gut aussieht. Zumindest das Style in Lifestyle ist hier auf jeden Fall angebracht. Im Schönheitswettbewerb droht dem Alfa denn auch keine Konkurrenz. Ansonsten ist es der Dreier Touring von BMW, der dem 156 mit seinem sportlich angehauchten Image am Nächsten kommt. Auch im Format sind sie ganz ähnlich. Vom Preis wiederum lässt sich das nicht behaupten. Nimmt man den Alfa als 2.0 T.S., in der empfehlenswerten Zweiliterausführung also, kommt das Vergnügen auf 47.500 Mark. Ein BMW 320i Touring, in Leistung und Hubraum vergleichbar, schlägt mit 57.400 Mark zu Buche. Hohe Beträge mithin, vor allem wenn man bedenkt, dass die im Preis enthaltenen Laderäume nicht einmal die ent-sprechenden Ausmaße eines Golf Variant erreichen. So fasst der BMW unter Verzicht auf die Sitzgelegenheiten im Fond bescheidene 1345 Liter. Bei aufgeklappten Rücksitzlehnen bleiben unter dem Sichtschutzrollo 435 Liter.
Im Alfa erinnert das Raumangebot mehr an eine Kombi.imousine als an einen Kombi. Wer die Rücksitze flach legt, hat 1180 Liter zur Verfügung, ansonsten verbleiben schmale 360 Liter. In der Praxis, wo erfahrungsgemäß Stückgut und keine Flüssigkeiten transportiert werden, verraten die Liter ohnehin höchstens die halbe Wahrheit. Unebene Ladeflächen, ausladende Radhäuser und sonstige Hindernisse stehen einer optimalen Ausnutzung oft im Weg, und das gilt auch für diese Kombis. Das so genannte Quadermaß trägt diesem Umstand Rechnung. Je glattflächiger der Laderaum, desto größer fällt der theoretisch transportierbare Quader aus, wobei logischerweise auch die Abmessungen der Heckklappe eine Rolle spielen. Gleichwohl braucht man kein Maßband, um festzustellen, dass der Alfa in dieser Hinsicht ebenfalls etwas weniger zu bieten hat als der BMW. Das gilt auch für die Zuladung. Bei einem Eigengewicht von 1376 Kilogramm reduziert sich der zulässige Ballast auf 439 Kilogramm. In den leer 1506 Kilogramm schweren BMW dürfen 494 Kilogramm geladen werden.
Bei so vielen Kilos verwundert es nicht, dass der Lifestyle in diesen Lifestyle.Kombis beschauliche Züge trägt. Immerhin wiegt ein 320i Touring mittlerweile nicht weniger als einst (1985) eine veritable Siebener-Limousine. Gegen diese träge Masse können die 150 PS des Zweilitermotors wenig ausrichten. Von sportlichem Temperament kann jedenfalls nicht die Rede sein, schon gar nicht im unteren Drehzahlbereich, wo der BMW.Motor von Schlappheit geschlagen ist. Nicht besser ergeht es dem Alfa-Fahrer. Die um fünf PS höhere Leistung und das geringere Gewicht des 156 zeigen in der Praxis keine nennenswerte Wirkung. Italienisches Brio stellt sich erst bei höheren Drehzahlen ein. Unten herum wirkt der Alfa-Motor hingegen müde und zäh. Dennoch sind beide Antriebsquellen nicht ohne Reiz. Fehlende Durchzugskraft kompensieren sie durch hohes Drehvermögen gepaart mit ausgeprägter Laufruhe.
Der Reihensechszylinder des BMW arbeitet wieder einmal unglaublich kultiviert. Und den mit Ausgleichswellen bestückten Alfa-Vierzylinder könnte man mangels vierzylindertypischer Vibrationen glatt für einen Sechszylinder halten. Schön auch, dass Alfa dem Ohr noch etwas Sound gönnt. Hohe Drehzahlen erfordern fleißiges Schalten, was im BMW nach wie vor ein besonderes Vergnügen ist, während es im Alfa etwas an Schaltpräzision hapert. Lästig dagegen hier wie da die Neigung zum Ruckeln, die beim Anfahren und beim Kolonnen-kriechen Verdruss bereitet. Im Übrigen bleibt die Quittung für den gezwungenermaßen hochtourigen Betrieb nicht aus. Auf 100 Kilometer gönnen sich die Zweiliter-Kombis um die elf Liter, der Alfa etwas weniger, der BMW etwas mehr und außerdem Super Plus. Die Lifestyle.Kombis offenbaren auch beim Leben an der Haftgrenze Unterschiede. Der Stil ist vor allem eine Frage der Konzeption. Als kopflastiger Fronttriebler neigt der Alfa im Kurvengrenzbereich dazu, kräftig zu untersteuern, wirkt ansonsten aber erfreulich lenkneutral und – abgesehen vom viel zu großen Wendekreis (12,5 Meter) – agil. Die Tatsache, dass es für den 156 kein ASR gibt, von ESP ganz zu schweigen, führt mangels Power höchstens bei Nässe zu Beanstandungen. Dagegen erfreut sich der heckgetriebene BMW einer ausgewogenen Gewichtsverteilung, die bei Beladung in Richtung Hecklastigkeit tendiert.
Das Resultat ist ein erfreulich neutrales Kurvenverhalten mit leichter Neigung zum Übersteuern bei viel Zusatzgewicht im Laderaum. Dabei besteht keinerlei Grund zur Beunruhigung, zumal für Kurskorrekturen eine lobenswert exakte Lenkung zur Verfügung steht. Dennoch sollte ESP und nicht nur die Antriebsschlupfregelung in dieser Preisklasse zur Serienausstattung gehören. Wie gelungen das Dreier.Fahrwerk ist, lässt sich am Federungskomfort ablesen. Der Kompromiss aus Handling und Komfort ist nach wie vor vorbildlich. Bodenunebenheiten unterschiedlichster Ausführung schluckt der BMW ebenso unauffällig wie effektiv. Von der Limousine unterscheiden ihn beim Komfort hauptsächlich die vernehmbareren Fahrwerksgeräusche. Dem Alfa merkt man an, dass die häufig geübte Kritik am Komfort nicht folgenlos blieb. Die Erschütterungen des Vorderwagens, die besonders beim Überfahren von Querwellen auftraten, machen sich nur noch in stark gemilderter Form bemerkbar. Die Fahrwerksabstimmung wirkt deutlich komfortabler, hat aber auch ihre Nachteile. Beim Bremsen taucht der 156 nun stärker ein. Und bei schneller Fahrt auf unebener Strecke vollführt die Karosserie langhubige Vertikalbewegungen. Restlos überfordert zeigt sich die Federung bei voller Beladung. Größere Buckel in der Fahrbahn lassen sie dann krachend durchschlagen. Davon abgesehen kann man mit dem gebotenen Komfort aber gut leben. Das gilt auch für die Sitze, die vorn mehr Seitenhalt bieten als das Mobiliar des BMW. Allerdings sitzen groß gewachsene Fahrer mangels Beinraum weniger entspannt, auch sonst wirkt der 156 etwas beengter als der Dreier. So gibt es denn am Ausgang dieses Duells ebenfalls nichts zu rütteln: Der schöne Alfa verdient die Sympathien, der perfekte BMW die Punkte.