BMW X3, Jaguar F-Pace, Mercedes GLC im Vergleich

Sie treten mit Außenlängen bis 4.731 Millimeter und Leergewichten bis 1.941 Kilogramm wuchtig auf: BMW X3, Jaguar F-Pace und Mercedes GLC treffen mit Vierzylinder-Dieseln aufeinander. Reicht deren Durchzug für die SUV-Kaliber?
Man muss sich vor Jaguar verneigen. Vor dem Willen, sich aus der Altehrwürdigkeit in die Moderne zu transformieren und ein augenfälliges Modell nach dem anderen zu präsentieren. Jüngstes Beispiel ist der mächtig auftretende F-Pace. Mit den Dynamikern der Zunft, dem Audi SQ5 und dem BMW X4 hat er sich bereits gemessen. Nun stellt er sich den Allroundern BMW X3 und Mercedes GLC.
Wir sprechen hier also nicht über günstige Fahrzeuge, was niemanden wundern sollte, sobald diese Marken am Geschehen teilnehmen. Als 20d mit Vierzylinder-Diesel kostet der F-Pace ab 43.500 Euro. Der BMW X3 xDrive 20d (42.800 Euro) liegt preislich praktisch gleichauf, der Mercedes GLC 250 d (46.827 Euro) ist teurer, bietet aber mehr Leistung und Drehmoment. Übrigens kann man bei allen dreien gut noch einmal die Hälfte der Grundpreise mit Optionen aufsatteln. Die hier getesteten Modelle entfernen sich vom Basisangebot deutlich.
Plastik, klapprige Abdeckungen und freiliegende Kabel
Es dürfte am klangvollen Namen liegen, dass die Erwartungshaltung bei einem Jaguar hoch ist, vor allem an den Innenraum. Also stecken wir unsere neugierigen Nasen voll Vorfreude hinein – und sind konsterniert: Die verwendeten Materialien haben wenig mit britischem Pomp zu tun. Man muss nicht lange suchen, um einfache Kunststoffe zu entdecken, sie sind einem sofort zur Hand. Wer sich vor diesem Eindruck schützen will, muss in teure Zusatzausstattung investieren.
Schon der vordergründige Qualitätseindruck befriedigt nicht. Wer nun hinter den Kulissen auf Entdeckungsreise geht, findet Abdeckungen mit scharfen Graten, unter dem Ladeboden frei liegende Kabel und nur teilweise verkleidete Radhäuser. Beim Fahren auf schlechten Straßen melden sich sogar Klappergeräusche aus dem Bereich der Hutablage.
Innen wie ein Traumwagen
Im BMW finden sich deutlich mehr handschmeichelnde Kunststoffe, sowie im Testwagen Aluminium und Klavierlack-ähnliche Oberflächen – allerdings auch einfachste Verkleidungen, etwa an der B-Säule. Bei der Passgenauigkeit gibt es dagegen wenig zu mäkeln.
Dann inspiziert man den Mercedes und ist beeindruckt: Was die werkseigenen Raumausstatter da auffahren, hat Traumwagencharakter. Innen ist der GLC mehr Jaguar als der F-Pace. Das Auge staunt über das opulent vertäfelte und belederte Armaturenbrett (optional); hier wird automobiler Hochgenuss zelebriert. Beim edlen Interieur ist die Verwandtschaft zur C-Klasse unübersehbar. Dazu kommen deren überaus reichliche Sicherheitsausstattung und der beste Sitzkomfort.
Als Bonvivant macht dem GLC in diesem Umfeld keiner etwas vor; beim Thema Variabilität jedoch liegen alle drei auf nur durchschnittlichem Niveau: Sie können ihre Rücksitzlehnen geteilt umklappen – mehr nicht. Unterschiede bestehen beim reinen Ladevolumen. Hier liegt der Jaguar mit bis zu 1.740 Litern vor BMW und Mercedes (beide 1.600 Liter).
Hoher Komfort
Eine bemerkenswerte Andersartigkeit erlaubt sich Mercedes: Man startet den GLC per Schlüssel im Zündschloss. Wunderbar, dass sich die Stuttgarter dem Startknopf-Herdentrieb widersetzen. Was soll ein Startknopf in einem SUV? Interessant ist auch die Frage, warum ein hochbauender, schwerer SUV besonders schnell um die Kurve fahren muss. Er wird nie wirklich sportlich, mag das Fahrwerk noch so hart und die Lenkung noch so spitz abgestimmt sein. Ohnehin fühlen sich Querkräfte aus der Hochparterre-Sitzposition häufig unangenehm an.
Unangenehm? Nicht im GLC: Unebenheiten inhaliert seine optionale Luftfederung gekonnt. Der Mercedes ruht mit stoischem Geradeauslauf sowie niedrigen Wind- und Motorgeräuschen in sich. Dieses Bekenntnis zum Komfort ist selten geworden, man registriert es dankbar – vor allem, wenn man gerade aus dem F-Pace gestiegen ist, der allzu detaillierte Informationen über schlechte Straßenverhältnisse mitteilt.
Im Klammergriff des ESP
Jaguar erhebt die Agilität zum Credo, nimmt dafür eine holzig ansprechende Federung samt poltrigen Abrollgeräuschen in Kauf. Dafür lenkt der große Wagen auf der Landstraße erstaunlich willig ein und lässt sich sein hohes Gewicht (1.895 Kilogramm) kaum anmerken, streckt zuweilen sogar vorlaut sein Heck heraus. Wer allerdings zu euphorisch am Lenkrad kurbelt, bleibt im Klammergriff des ESP stecken. So wie bei den Fahrdynamiktests: Während des Slaloms bremst das ESP den F-Pace so rigide ein, dass er nicht annähernd das Tempo seiner Konkurrenten erreicht.
Ähnlich ist es bei der Beschleunigung: Verhalten legt das 4,7-Meter SUV los, und sein rau laufender Motor lässt sich die enormen Anstrengungen anmerken. Weiterhin lähmen den F-Pace die schweren 20-Zöller (optional), die mitbeschleunigt werden müssen. Auch wenn die Automatik servil die passenden Stufen vorlegt, beschleicht einen gerade am Berg das Gefühl von Untermotorisierung. Bei niedrigen Drehzahlen kommt der X3 deutlich leichtfüßiger vom Fleck, während der GLC ungeachtet seiner 1,9 Tonnen Gewicht wuchtig durch die Mitte schiebt.
Ohnehin lässt sich der Mercedes auf Landstraßen von seinen Konkurrenten nicht abhängen, folgt ihnen selbst in kurvigen Abschnitten im Abgasstrom, schüttelt seine Agilität eher beiläufig aus dem Ärmel, als sie effektvoll in den Vordergrund zu spielen. Man ist im GLC schnell und gleichzeitig stressfrei unterwegs. Damit kommt er auch beim Geradeauslauf auf Fernstraßen dem ureigenen Charakter amerikanischer SUV am nächsten, bietet jene gelassene Fortbewegung, die der Größe der Fahrzeuge würdig ist.
Beste Bremsleistung
BMW scheint Ehrgeiz in eine andere Richtung gepackt zu haben; der Testwagen kommt mit walzigen 275erHinterreifen (optional) und stützt sich über die breiteste Reifenfläche ab. Kein Wunder also, dass er am geschicktesten durch die Pylonen wedelt und beim schnellen Ausweichen einen guten Wert vorlegt. Auch er erkauft sich zackiges Einlenken durch ein straff abgestimmtes Fahrwerk (adaptive Stoßdämpfer optional). Doch den Ingenieuren gelang immerhin ein akzeptabler Kompromiss: Der bayerische SUV federt kurze Bodenwellen distinguierter weg als der britische, bleibt hier aber weit hinter dem ausgesuchten Können des Mercedes zurück.
Letzterer entscheidet die Eigenschaftswertung mit einem deutlichen Vorsprung gegenüber dem BMW; dieser gerät vor allem mit seiner weniger kompletten Sicherheitsausstattung und dem schlechteren Federungskomfort in Rückstand. Der X3 bleibt aber weit vor dem Jaguar, der im Kapitel Komfort sowie bei der Qualitätsanmutung nochmals an Boden verliert und nur mit der besten Bremsleistung brilliert.
Man könnte nun einen dramatischen Schluss um die Frage aufbauen „ Kann der F-Pace das Blatt im Kostenkapitel wenden?“ Doch das wäre Augenwischerei: Jaguar-Modelle sind nun einmal nicht sonderlich günstig – weder in der Anschaffung noch im Unterhalt, zumal dann, wenn hochpreisige 20-Zoll-Räder ersetzt werden müssen. Immerhin übernimmt der Hersteller drei Jahre lang die Inspektionskosten für den Kunden. So bleibt der F-Pace auf dem dritten Platz; lediglich der X3 verkürzt den Abstand zum GLC leicht.