Darum hat der Ferrari F80 keinen V12-Motor

Insgesamt bringt es der F80 auf 1.200 PS Systemleistung – unterstützt durch zwei E-Motoren an der Vorderachse sowie einem direkt am Dreiliter-V6.
Kleinere Motoren stehen oft im Verdacht, weniger Emotion zu liefern. Doch was, wenn gerade sie für maximale Fahrbarkeit sorgen? Der Ferrari F80 zeigt, warum sechs Zylinder genügen, um ein 1.200-PS-Hybridmonster auf Kurs zu halten.
Ein Ferrari mit sechs Zylindern – da zucken viele Enthusiasten erst mal zusammen. Doch wer meint, beim neuen F80 auf etwas verzichten zu müssen, der irrt. Denn was Ferrari unter dem Kürzel F163CF ins Heck des Hyper-Hybriden geschraubt hat, ist kein Rückschritt, sondern ein technisches Statement. Downsizing? Keineswegs. Präzisionsarbeit auf Formel-1-Niveau. Und der V6 ist nur der Anfang.
Der intern F163CF genannte Dreiliter-V6 im Ferrari F80 basiert zwar auf dem Triebwerk aus dem 296 GTB, die Ingenieure haben ihn aber für den Einsatz im Hypercar tiefgreifend überarbeitet. 120 Grad Zylinderbankwinkel sorgen nicht nur für eine breitere Ansaugarchitektur, sondern auch für optimale Gewichtsverteilung. Zwischen den beiden Bänken sitzen zwei elektrisch beschleunigte Turbolader, die das Aggregat auf stolze 900 PS peitschen – also 300 PS pro Liter. Das übertrifft selbst moderne Formel-1-Triebwerke.
Dabei liegt der V6 so tief wie möglich im Chassis. Direkt hinter den Sitzen, nahe am Schwerpunktzentrum. Das senkt nicht nur die Fahrzeughöhe (1.138 Millimeter), sondern verschiebt auch den Masseschwerpunkt näher an die Fahrzeugmitte. Ein Vorteil, der sich in engen Kurvenradien und beim Bremsen besonders spürbar macht.
Turboloch? Nicht mit Elektrohilfe
Um die klassische Schwäche aufgeladener Motoren – das Turboloch – zu eliminieren, nutzt Ferrari ein ausgeklügeltes Zusammenspiel aus Elektrolader und Hybridsystem. Die beiden zwischen Turbine und Verdichter sitzenden E-Lader zwingen die Turbos schon bei niedrigen Drehzahlen in Bewegung. Parallel greift die MGU-K – eine kompakte E-Maschine mit nur 8,8 Kilogramm Gewicht – unterstützend ein, sobald der Fahrer das Gaspedal antippt. So fühlt sich der V6 im F80 an wie ein gut trainierter Sauger.
Wie der F80 seine Kraft verteilt
Doch der F80 wäre kein echter Hybrid-Supersportler, wenn es nur beim E-Boost bliebe. An der Vorderachse arbeiten zwei weitere E-Motoren – je 105 kW stark, mit Torque-Vectoring-Funktion. Das bedeutet, die Software verteilt das Drehmoment je nach Kurvenlage unterschiedlich auf die Vorderräder. Das unterstützt gezielt die Einlenkbewegungen und stabilisiert in schnellen Kurven.
Zusammen mit dem V6 entsteht so ein Allradantrieb, der nicht mechanisch, sondern softwaregesteuert arbeitet. Die E-Maschinen helfen nicht nur beim Beschleunigen, sondern auch beim Verzögern, durch gezielte Rekuperation mit bis zu 70 kW Bremsleistung. Die Energie fließt in eine 2,28 kWh große Batterie mit 800 Volt Bordnetz. Nicht riesig, aber exakt abgestimmt auf kurze Hybrid-Einsätze mit maximalem Impact.
Warum kleiner manchmal besser ist
Der Wechsel vom V12 auf den V6 hat Ferrari mehr Spielraum verschafft – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn der Platzbedarf des neuen Aggregats ist deutlich geringer. Das ermöglicht bessere Kühlwege, eine engere Fahrgastzelle, eine tiefere Sitzpositionen und mehr Raum für die aktive Aerodynamik. Der riesige 1,8 Meter lange Diffusor am Heck, die variabel verstellbaren Flügel, die sieben Kühler – sie alle profitieren davon, dass der Motor nicht mehr quer durch den Motorraum dominiert.
Gleichzeitig spart der V6 rund 60 Kilogramm gegenüber einem V12. Gewicht, das Ferrari lieber in das Hightech-Fahrwerk, leichtere Carbonstrukturen oder eine bessere Gewichtsverteilung investiert hat. Das Ergebnis: Der F80 bleibt selbst bei hoher Belastung überraschend stabil, lenkt willig ein und vermittelt auch Amateuren schnell Vertrauen. Das alles wäre mit einem V12 nur schwer zu erreichen.