Fiat Seicento, Renault Twingo, Seat Arosa

Bei der Entwicklung moderner Kleinwagen sind Intelligenz und Kreativität wichtiger als großer Materialaufwand. Mit Verfeinerungen im Detail suchen die frisch überarbeiteten Modelle Fiat Seicento, Renault Twingo und Seat Arosa nach Anerkennung und neuen Kunden.
Auch bei den Autos geht es immer nur auf die Kleinen. „Warum hat der Fiat 126 den Segen des Vatikan bekommen? In ihm ist es so eng, dass man nicht sündigen kann“, spottete etwa der Volksmund über den in Polen gebauten Winzling. Selbst die Anerkennung für den britischen Urvater aller modernen Minis kam anfänglich nicht über den ersten Gang hinaus, bis aus der Hutschachtel eine siegreiche Rennsemmel wurde.
Sein im Herbst anrollender Nachfolger kokettiert zwar ungeniert mit dessen putziger Aura, ist aber ansonsten deutlich größer, stärker und teurer. Hingegen bleibt der Fiat Seicento dem Ideal äußerster Kürze und erschwinglicher Volksmotorisierung treu. Er zählt heute zu den Kleinsten der Kleinen, und trotz regelmäßiger Modellpflege lebt in ihm der spartanische Cinquecento von 1992 fort. Was heißt, dass der Fortschritt gegenüber dem Original-Mini im Wesentlichen aus einem variablen Kofferraum und einer großen Heckklappe besteht.
Anders hingegen der auf das gleiche Jahr zurückgehende Renault Twingo. Sein von Minivans inspiriertes Design wirkt unverändert modern, und neben dem größten Innenraum dieser Klasse bietet er zugleich die Möglichkeit, mittels verschiebbarer Rückbank zwischen mehr Ladevolumen oder Beinfreiheit zu wählen. Auf nur zehn Zentimeter mehr Länge sitzen hier vier Erwachsene wirklich ordentlich, während sich der Fiat – auch wegen seiner knappen Breite – schnell als 2+2-Sitzer outet.
Trotz seines kecken Augenaufschlags repräsentiert der seit vier Jahren gebaute, frisch geliftete Seat Arosa in dieser Runde die geschrumpfte Version des klassischen Vollwertautos. Seine etwas größeren Abmessungen schlagen sich jedoch nicht in entsprechender Raumfülle nieder, weil wegen des langen Vorbaus weniger Platz für Gepäck und die Beine der Fondpassagiere bleibt. Im Gegenzug übertrifft er vorne die in diesem Umfeld üblichen Maßstäbe und suggeriert das Gefühl einer höheren Klasse.
Seine Sitze sind groß, angenehm gepolstert und bieten neben gutem Seitenhalt eine praktische Höhenverstellung. Die neue Armaturentafel zeigt in Form und Material mehr Pfiff als bislang, dazu gut ablesbare Instrumente sowie eine wertige Qualitätsanmutung samt soliden, mit Bedacht platzierten Hebeln und Schaltern. Zudem wartet allein der Arosa serienmäßig mit Drehzahlmesser und Lenkrad-Höhenverstellung auf.
Selbst im ansonsten reichhaltig ausstaffierten Twingo Privilège fehlen diese Annehmlichkeiten, und irgendwie passt die Ergonomie nicht so recht: Man sitzt gewöhnungsbedürftig bis unglücklich, und das mit schweißtreibendem Plüsch bezogene Gestühl vermittelt wenig Seitenhalt und Rückenunterstützung. Zudem untergraben billig anmutende Kunststoffe sowie Knarz- und Knistergeräusche das insgesamt ordentliche Qualitätsgefühl.
Noch spartanischer wirkt in dieser Hinsicht der Fiat, dessen Hartplastik-Cockpit mit winzigen Instrumenten ausgesprochen ärmlich erscheint. Im engen Fußraum ist kaum Platz für Füße und Pedalerie, und die schlecht konturierten Miniatursitze ohne Seitenhalt bringen die Insassen nicht erst bei flotter Kurvenfahrt einander näher. So bleibt der Seicento auch in der gut ausgestatteten SX-Version ein Kleinwagen von altem Schrot und Korn.
Als rollende Einkaufstasche hat er aber durchaus seine Meriten, weil er in kleinste Parklücken passt, sich dabei gut abschätzen lässt und mit umgeklappten Rücksitzen richtig was einsteckt. Der Arosa wartet dagegen im Normalfall nur mit einem Kofferraum im Westentaschenformat auf, verkraftet jedoch bis zu 442 Kilogramm. Genau umgekehrt verhält es sich beim Twingo, dessen maximale Transportkapazität (1096 Liter) von der geringen Zuladung (315 Kilogramm) stark eingeschränkt wird.
Wer nicht transportieren, sondern reisen will, darf sich beim Renault zumindest auf einen guten Federungskomfort freuen. Allerdings kommen grobe Bodenwellen als unangenehme Vertikalbewegungen bei den Insassen an, besonders mit hoher Belastung. Wegen der unbequemen Sitze, der lauten Windgeräusche und der schwachen Heizung reicht es jedoch nicht zum Kapitelsieg.
Der gebührt klar dem Seat – mit einem geringfügig schlechteren Abrollkomfort, aber besseren Sitzen, wirksamer Temperierung und einer dezenten Akustik. Daran hapert es besonders beim Fiat, der zudem mit seinem kurzen Radstandjede Fahrbahnunebenheit treffsicher aufspürt und sie mit trockenen Stößen an die Passagiere weitergibt. In Verbindung mit der stark geschwindigkeitsabhängigen Heizung ersetzt das problemlos den morgendlichen Muntermacher im Radio.
Auch sein 1,1-Liter-Vier-zylinder mit 55 PS trägt nicht gerade zur Komfortsteigerung bei, weil er zum halbwegs zügigen Fortkommen hohe Drehzahlen braucht. Schon bei leichten Autobahnsteigungen muss man wegen seines lang übersetzten fünften Gangs zurückschalten, während er beim normalen Beschleunigen in diesem insgesamt schwachbrüstigen Umfeld ganz gut mithält.
Obwohl der Einliter-Motor des Seat in Leistung und Drehmoment noch weniger bietet, weist der Arosa auf Grund seiner kurzen Übersetzung das beste Durchzugsvermögen, aber zugleich den höchsten Benzinverbrauch und die geringste Reichweite auf. Weil auch die Laufkultur unter störenden Resonanzen und Dröhneffekten jenseits von 4000/min leidet, wirkt er mit dieser Maschine – mehr als die Konkurrenten – untermotorisiert.
Einen vergleichsweise erwachsenen Eindruck macht in dieser Runde allein der 1,2-Liter-Vierzylinder des Twingo. Er arbeitet angenehm leise und kultiviert, Beschleunigung und Elastizität reichen selbst bei hoher Beladung für zügiges Mitschwimmen im Verkehr. Und spätestens an der Tankstelle bedankt er sich dafür, dass seine Leistungsreserven selten ausgeschöpft werden.
Überdies zählt der Renault zu den sehr fahrsicheren, wenngleich etwas unhandlichen Kleinwagen. Denn bei forschen Tempi schiebt er kräftig über die Vorderräder zum Kurvenaußenrand, und wegen der weichen Federung bedarf es beim VDA-Ausweichtest eines erhöhten fahrerischen Aufwands. Dabei ist die elektrisch unterstützte Lenkung wenig hilfreich, weil sie stößig und unpräzise ist sowie hohe Rückstellkräfte aufbaut.
Der ebenfalls serienmäßig mit Lenkhilfe ausgerüstete Fiat wirkt ungleich agiler, reagiert andererseits bei ausgeprägten Kurskorrekturen zunehmend schwerfälliger und mit kräftigem Untersteuern. So kann sich der Seat dank leichter Beherrschbarkeit auch bei voller Zuladung, präzisem Handling und einer guten Prise Fahrspaß mit klarem Abstand vor den Rivalen platzieren – allerdings nur mit der unbedingt empfehlenswerten Servolenkung.
Immerhin ist sie gegen Aufpreis auch fürs Basismodell lieferbar, während Klimaanlage und Seitenairbags erst ab dem zweiten Ausstattungsniveau geordert werden können. Selbst ABS erfordert einen Zuschlag, was schon deshalb befremdlich erscheint, weil der ABS-lose Testwagen sehr schwach bremste (siehe Kasten Seite 30). Da kommt sogar der schmal bereifte Seicento schneller zum Stillstand, dem außer ABS?und zwei Airbags ansonsten alles fehlt, was heute als zeitgemäße Sicherheitsvorsorge gilt.
Vorbildlich hingegen der Twingo, der in jeder Version Seiten- und Kopfairbags, einen abschaltbaren Beifahrer-Airbag, Isofix zur Montage von Kindersitzen und vieles mehr mitbringt. Den hier gewonnenen Vorsprung rettet er trotz teurer Anschaffung und Wartung bis ins Finale, weil er sich keine weiteren Schwächen leistet, bei Fixkosten und Verbrauch sogar gut abschneidet.
Gerade hier verliert der insgesamt überzeugende, aber bei Motor und Sicherheit unbefriedigende Arosa Punkte, obwohl er in der Wirtschaftlichkeit dem Fiat nicht nachsteht. Aber viel mehr als einen niedrigen Preis hat dieser nicht zu bieten, und das ist den meisten Käufern auch bei Kleinwagen heute zu wenig.