Infiniti M37 im Test
Mit dem Infiniti M37 rüttelt Nissans Edel-Ableger ungeniert am Gitterzaun zum Machtzentrum der oberen Mittelklasse. Um E-Klasse und Co zu ärgern, fährt er als S Premium gleich mal Vollausstattung inklusive Multimedia und Assistenz-Armada sowie Allradlenkung zum Test auf. Reicht das?
Infiniti bedeutet Unendlichkeit. Und unendlich groß müssen Mut und Zuversicht sein, um auf dem deutschen Markt mit der Fünfmeter-Limousine Infiniti M37 das Establishment anzugreifen. Jene breitschultrige Troika aus Audi A6, BMW 5er und Mercedes E-Klasse, die sich in jahrzehntelangen Wettbewerbs-Windschattenfights nach vorn getrieben hat - ganz gleich, ob bei Dynamik, Komfort, Qualität oder Innovationen.
Infiniti mit königlichem Service
Und nun möchte der Luxus-Ableger von Nissan mit dem Infiniti M37 im Revier der teutonischen Platzhirsche wildern? Unterstützt von aktuell drei Händlern in Hamburg, Berlin und Dresden, was eher nach Hochseil als nach Netz klingt. Aber peu à peu kommen ja Dependancen von Infiniti in der ganzen Republik dazu, die ersten bereits im Herbst, was die Skepsis ebenso verringert wie der königliche Infiniti-Service: Der Händler holt den Wagen zur Wartung beim Kunden ab und bringt ihn anschließend wieder zurück. In der Zwischenzeit darf dieser einen Leihwagen nutzen.
Ein weiteres Stück Zweifel verfliegt nach dem Öffnen der Wagentür des Infiniti M37. Stirnrunzeln wandelt sich zu einem entspannten Antlitz angesichts der soliden Verarbeitung, die ins regelrecht Liebevoll-Akribische tendiert. Sie reicht im Infiniti M37 im Test vom griffigen Leder auf Lenkrad und Sitzen über passgenau gesetzte Zierleisten und wackelfreie Tasten mit sauberem Druckpunkt bis zu fein klickenden Drehreglern. Da fällt der profane Kunststoff der Mittelkonsole Richtung Fond richtig auf. Andere Bewerber in der oberen Mittelklasse haben sich dennoch schon stoffeliger angestellt.
Bedienung des Infiniti M37 im Test überzeugt
Ähnlich wie bei der Bedienung des Infiniti M37: Trotz der üppigen Ausstattung mit entsprechendem Regelbedarf haben es die Ingenieure geschafft, Drehdrück-Hasser zu schonen und der Knopffülle trotzdem Herr zu werden. Dazu besitzt der Infiniti M37 einen Mix verschiedener Bedienarten, unterstützt von großen Anzeigen inklusive Berührungsbildschirm sowie klar gezeichneten Instrumenten.
Infiniti M37 Premium S mit umfangreicher Ausstattung
Und falls Sie als Infiniti M37-Interessent doch mal in Rechtfertigungszwang geraten, erwähnen Sie einfach das clevere Geräuschunterdrückungssystem, das Schall mittels Gegenschall bekämpft. Herrscht danach immer noch dicke Luft, hilft vielleicht der Hinweis auf die so genannte Forest-Air-Klimaautomatik des Infiniti M37 im Test. Wem dennoch etwas stinkt, der kann sich vom spaßig loslegenden 5.1-Soundsystem in Schwung bringen und vom festplattenbasierten Navigationssystem lotsen lassen - beim Infiniti M37 Premium S für 61.850 Euro ebenso inklusive wie Abstandsregeltempomat, Toter-Winkel-Assistent, Spurverlassenswarner und intelligenter Bremsassistent.
Nicht zu vergessen Siebengangautomatik und Rückfahrkamera, Bluetooth-System, Glasschiebedach, Doppelverglasung, belüftete Ledersitze sowie ein schlüsselloser Zugang. Und schließlich eine Allradlenkung mit Aktivfunktion, die dem 1,8-Tonner eine Extraportion Agilität verschaffen soll.
3,7-Liter-V6 stammt aus dem Nissan 370Z
Das klappt. Aus der Mittellage spontan ansprechend, vermittelt sie mit einer tendenziellen Schwergängigkeit im Infiniti M37 im Test einen sportlichen Eindruck, selbst wenn sich dieser stets auch etwas synthetisch anfühlt. Wer sich daran gewöhnt hat, kann den Infiniti M37 mit seinem 3,7-Liter-V6, einer Leihgabe des Nissan 370Z, flott über die Piste scheuchen. Im unteren Drehzahlbereich limousinig kultiviert, zeigt er unter Last Sportler-Zähne. Dann röhrt und vibriert er seiner alten Roadsterheimat hinterher, woran die teils verzögert reagierende Siebengangautomatik wenig ändern kann.
Infiniti M37 im Test mit strengem ESP
Für Erdung sorgt das Handling: Im Grenzbereich untersteuernd, reagiert der Infiniti M37 im Test auf übermütige Kurvenaktionen mit striktem ASR-/ESP-Einsatz Marke Würgehalsband, regelt die Fuhre praktisch zum Stillstand. Sicher ja, dynamisch nein. Wozu auch, wenn man in anschmiegsamen Ledersesseln gut geräuschisoliert und angenehm straff gefedert und gedämpft (Adaptivtechnik nicht erhältlich) zügig seinen Zielen entgegenstrebt. Die fließende Karosserieform mit ihrem ausreichend luftigen Schnitt beeinträchtigt zwar die Sicht nach schräg vorn und nach hinten, dennoch belässt es der Infiniti M37 bei einer normalen Heckklappe. Dahinter wartet ein von den beiden Radkästen verschlankter 500-Liter-Kofferraum.
Assistenz-Angebot teilweise gewöhnungsbedürftig
Alles andere als schlank präsentiert sich das Assistenz-Angebot des Infiniti M37: Es beginnt beim Eco-Programm, das einen imaginären Klotz unters Gaspedal schiebt, worauf sich der 320-PS-Brenner nur noch lauwarm vorwärtsbewegt. Diese Erziehungsmaßnahme lässt sich per Pedaldruck jedoch ebenso überstimmen wie der Spurhalteassistent. Dieser warnt beim Überfahren weißer Linien nicht nur akustisch, sondern züchtigt auch per Kurskorrektur durch Bremseneingriff. Das löst bei aktiven Autofahrern sofort einen Gegenlenkreflex aus, in der Meinung, der Infiniti M37 käme gleich quer. Äußerst gewöhnungbedürftig.
Infiniti M37 S ist eine komfortable Limousine
Sinnvoller agiert das Abstandsregelsystem des Infiniti M37 im Test, das auch ohne aktiven Tempomat-Einsatz funktioniert: Auch hier schiebt sich wieder der Phantom-Klotz unters Fahrpedal, sobald man seinem Vordermann zu nah auf die Pelle rückt. Überstimmt man das System, wehrt es sich per Akustik- Signal und Bremseingriff. Alles gut gemeint, in der auftretenden Ballung aber selbst für aufgeschlossene Assistenz-Freunde erstmal starker Tobak. Andererseits ist alles abschaltbar, und der Infiniti M37 S kann ungestört seiner Bestimmung als zügige, bis auf etwas trockenes Abrollen der 20-Zöller komfortable Limousine nachkommen. Also, Infiniti M37: herzlich willkommen im Club.