Mazda MX-5 Fahrwerk-Tune-Up
Der aktuelle MX-5 2.0 Expression blieb im Test Ende 2005 unter seinen Möglichkeiten. Hier wird auf Grund des zu weich gewählten Setups Potenzial verschenkt, urteilte sport auto einst - und ging nun dem wahren Vermögen des Mazda im Rahmen eines Fahrwerks-Tune-up auf den Grund.
Zu wissen, dass man mit einer Prophezeiung richtig liegt, ist eine Sache. Die Chance zu bekommen, das auch zu beweisen, eine ganz andere. Deshalb sei der im westdeutschen Leverkusen beheimateten Europa-Dependance des japanischen Herstellers Mazda an dieser Stelle explizit Lob gezollt.
Mazda stellt sich dem Test
Im Fall des Ende 2005 auf den Markt gekommenen MX-5 der dritten Generation hat der Importeur sich der seitens sport auto geäußerten Kritik am zu weich ausgelegten Fahrwerk des eigentlich auf die eher sportlich orientierte Roadster-Klientel zielenden Expression-Modells nicht nur gestellt, sondern hat sie sich auch zu Herzen genommen. In der Folge wurde die von der Redaktion geäußerte Anfrage nach einem Auto für eine Fahrwerks-Nachrüstgeschichte positiv beschieden. Anfang März rollte der zu diesem Zweck abgestellte blaugraumetallic-farbene Softtop-Roadster in die Redaktion.
Mit an Bord: der zu Gunsten einer möglichst idealen Gewichtsbalance längs hinter der Vorderachse installierte Vierzylinder-Saugmotor nebst seiner 160 Pferdestärken, das stets und ausschließlich in Kombination mit dem Bilstein-Sportfahrwerk montierte, knackig zu schaltende manuelle Sechsgang-Getriebe und nagelneue Reifen der Spezifikation Michelin Pilot Preceda im Format 205/45 R 17 rundum.
Erste Testrunde in Hockenheim./strong>
So gerüstet führte der erste Ausflug den gerade einmal 1.140 Kilogramm schweren Japaner auf direktem Weg nach Hockenheim. Es galt die Leistungsstärke und das fahrdynamische Potenzial des Kult-Roadsters oder kurz – den Status Quo zu ermitteln. Jener liest sich in Zahlen wie folgt: Rundenzeit auf dem Kleinen Kurs in Hockenheim – 1.22,1 Minuten. Im 18- und 36-Meter-Slalom sowie im 110 Meter langen Ausweichtest erzielte Höchstgeschwindigkeit – 64,3, 117 und 127 km/h. Soweit, so gut.
In Worten ausgedrückt lässt sich der Charakter des knapp vier Meter langen Zweisitzers in etwa so beschreiben: Das Einlenkverhalten ist famos. Befehle zum Richtungswechsel werden direkt und verzögerungsfrei umgesetzt. In der Kurve selbst gibt sich der Serien-MX-5 verlässlich neutral bis leicht untersteuernd. Lastwechsel beantwortet er mit moderat vorgetragenen und daher problemlos zu parierenden Ausfallschritten des schlanken Hecks. Dass dennoch nicht alles Gold ist, was glänzt, zeigen folgende Einträge in der Testwagenkarte: „ungeheure Schiffsschaukel“, „kippt von einer Seite auf die andere“.
Dass eine so ausgeprägte Wankneigung das Treffen der Ideallinie erschwert, liegt auf der Hand. Hängt das Auto erst einmal einseitig in den Seilen, lässt es sich kaum mehr zu zeitgerechten Kurskorrekturen bewegen. Das erklärt die mäßigen Durchschnittsgeschwindigkeit.n bei den Fahrdynamiktests. Dass 64,3 km/h im auf 18 Meter Abstand gesteckten Slalomparcours für einen Roadster dieser Größen- und Gewichtsklasse nicht das Ende der Fahnenstange sein können, lag auf der Hand.
Schrauben am Unterbau für bessere Fahreigenschaften
Also galt es Hand an den Unterbau zu legen. Das von Eibach auch über Mazda Europe als Zubehör vertriebene, in diesem Fall aber über zusätzliche, zweifach verstellbare Stabilisatoren für die Vorder- und Hinterachse ergänzte Pro Kit machte den Auftakt. Für schlanke 701 Euro verpassen die Sauerländer dem hinterradgetriebenen MX-5 30 Prozent straffere Federn vorn und progressive, um 20 Prozent straffere Federn hinten. Hinzu kommen unter dem Titel Anti Roll Kit firmierende Stabilisatoren, die die Seitenneigung des Japaners minimieren und ihn bei Lastwechseln stabilisieren sollen.
Beiden Ansprüchen werden die montierten Komponenten zur Gänze gerecht. Obwohl im Alltag so gut wie keine Komforteinbußen zu verzeichnen sind, meint man es nach dem Umbau mit einem gänzlich anderen Auto zu tun zu haben. Die ehemals starke Wank- und Rollneigung ist nun kein Thema mehr. Agil und verlässlich unterbietet der MX-5 im Eibach-Trimm die vom Serienauto vorgelegte Rundenzeit auf dem Kleinen Kurs auf Anhieb um sechs Zehntelsekunden. Die Uhr stoppt bei 1.21,5 Minuten.
Das eigentliche Wunder vollbringt das preiswerte Nachrüstpaket in den Fahrdynamik-Disziplinen. Den 36-Meter-Slalom durcheilt der bei Eibach flott gemachte, aber noch immer mit Seriendämpfern fahrende Mazda mit 129 statt 117, den Ausweichtest mit 130 statt 127 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit. Noch beeindruckender fällt die Vorstellung der kleinen Tuninglösung im 18-Meter-Slalom aus: Hier verbucht der Mazda mit Pro und Anti Roll Kit mit 70,1 km/h gar die absolute Bestmarke.
H & R sorgt für ähnliche Verbesserungen
Ähnlich wacker schlug sich der Japaner nur noch mit dem von H & R beigesteuerten, aus dem höhenverstellbaren Gewindefahrwerk des Typs NC1 plus Stabi-Set bestehenden Unterbau. Mit ihm brauste der MX-5 mit mittleren 69,1 km/h durch die 180 Meter lange Pylonengasse. Im 36-Meter-Slalom und im Ausweichtest trumpfte die größte aller verbauten Lösungen mit 130 beziehungsweise 132 km/h ihrerseits mit zwei Bestwerten auf. Auf dem Kleinen Kurs musste sich das H & R-Paket mit 1.20,4 Sekunden einzig einem auf kompromisslos sportlich getrimmten Bilstein-Gewindefahrwerk des Typs B14 PSS geschlagen geben. Mit jenem pfeilte der Testwagen mit 1.20,2 Minuten noch einen Tick schneller über den badischen Asphalt.
Und Komfort und Fahrverhalten? Trotz der zusätzlich zum vorn mit 30 bis 60, hinten mit 20 bis 50 Millimeter Verstellbereich aufwartenden Gewindefahrwerk montierten Stabilisatoren weist der bei H & R geschärfte Mazda noch moderate Karosseriebewegungen auf. Mit 22 Millimeter Durchmesser ist der vordere Stabilisator bei Bilstein etwas weniger üppig geraten als der 24-Millimeter-Stabi von Eibach. Hinten – da sind sich die Hersteller einig – genügen 16 Millimeter Rohrdurchmesser. Das Fahrverhalten des MX-5 ändert sich im H & R-Trimm von neutral bis leicht untersteuernd in neutral bis ganz leicht übersteuernd. Weswegen der in Siegen auf Speed gebrachte Roadster in den Fahrdynamik-Disziplinen besser unter Last bewegt werden sollte. Dann agiert er sehr stabil und berechenbar. Leichte Heckschwünge unterstützen den Richtungswechsel. Unter den Komplettfahrwerken bot die H & R-Lösung zudem den besten Komfort – was ihr die Kür zum besten Allrounder einbringt.
Mit Bilstein braucht der Fahrer Nehmerqualitäten
Die in Hockenheim effektivste Lösung, das von Bilstein offerierte einstellbare Gewindefahrwerk des Typs B14 PSS, verlangt den Insassen im Alltag schon deutlich mehr Nehmerqualitäten ab – zumindest in der eingestellten Tieferlegung. Mit ihr informiert der 160-PS-Sportler Fahrer und Beifahrer recht unverhohlen über die Beschaffenheit der soeben befahrenen Piste. Mit dieser kompromisslos auf Sport getrimmten Fahrwerkseinstellung gerät die MX-5-Struktur dann doch etwas an ihre Grenzen.
Die Bilstein-Lösung mit der hohen Tieferlegung.rate sei daher primär jenen Open-Air-Jüngern empfohlen, die auf ebenen Pisten um jede Zehntelsekunde feilschen wollen. Am sicheren Charakter des Mazda ändert die Härte des mit rund 50 Millimeter Tieferlegung vorn und hinten aufwartenden Unterbau. nichts. Die Seitenneigung des MX-5 Expression ist im Bilstein-Trimm auf Grund der dünneren Serienstabis ähnlich ausgeprägt wie bei der KW-Variante, die Stabilität allerdings insgesamt einen Tick höher. Beim Einlenken agiert der Mazda mit dem Bilstein-Fahrwerk eine Spur direkter als mit den Eibach-Kits, ohne jedoch an das hyperagile Einlenkverhalten der Serie oder der KW-Spezifikation heranzureichen. Insbesondere in letzt Genannter nimmt der Japan-Roadster Ecken derart spitz und schnörkellos in Angriff, als verfüge er über eine Allradlenkung. Das kommt zwar der Agilität zugute, mindert aber auch die Stabilität.
Bei KW muss die Linie stimmen
Beim KW-Fahrwerk gilt wie schon im Serientrimm: Die Linie sollte besser von vornherein stimmen. Ist dies nicht der Fall, tut man sich mit Korrekturen schwer. Die Übersteuerneigung des Zweiliter-MX-5 nimmt tendenziell zu, ohne dass der Roadster deshalb als kritisch im Grenzbereich einzustufen wäre.
Die auf dem Kleinen Kurs in Hockenheim sowie im Rahmen der Fahrdynamikprüfungen auf einem ehemaligen Flugfeld unweit Stuttgart ermittelten Rundenzeiten (1.20,8 Minuten) und Durchschnittsgeschwindigkeit.n (68,2, 126 und 129 km/h im 18- und 36-Meter-Slalom sowie im Ausweichtest) sind Ausdruck des nicht ganz harmonisch geratenen KW-Setups. Die Fichtenberger sind zwar überall gut dabei, aber nirgendwo ganz vorn. Im Alltag mutet die Abstimmung anfangs erstaunlich kommod an. Dass der Schein trügt, zeigt sich in Kompressionen und beim Überfahren allzu markanter Fahrbahnschäden: Dann werden die hinteren Federn schon einmal von den Anschlaggummis an ihrer weiteren Arbeit gehindert. Kritisch ist das nicht, aber unangenehm. Da mutet die insgesamt kompromisslos-harte Abstimmung des Bilstein-Unterbaus fast schon harmonischer an.
Lohnt sich die Nachrüstung?
Wie aber lautet nun das Fazit des jeweils mit flammneuen Reifensätzen identischer Spezifikation durchgeführten Tune-up-Marathons? Lohnt sich im Fall des 160 PS starken Mazda MX-5 2.0 Expression die Nachrüstung eines Federn/Stabi-Satzes respektive Gewindefahrwerks? Und wenn ja – welche Lösung ist für wen am besten geeignet?
Erst genannte Frage ist schnell beantwortet: Es lohnt – und wie. Auf dem Kleinen Kurs lassen sich mit vergleichsweise kleinem Aufwand problemlos sechs Zehntel bis knapp zwei Sekunden schinden. Dagegen sieht so manches leistungsgesteigerte Tuning-Auto alt aus. Und mit 1.20,2 Minuten fischt der smarte und super-spaßige Japan-Roadster locker im 200-PS-und-mehr- Karpfenteich. Welche der vier getesteten Lösungen für wen die richtige ist, richtet sich letztlich nach den persönlichen Vorlieben. Unsere Favoriten waren die preiswerte über den Mazda-Zubehörhandel vertriebene, fahrdynamisch kaum zu toppende Eibach-Lösung und die solide Komplettlösung von H & R. Dass in beiden Fällen stärkere Stabilisatoren an Bord sind, sollte die Mazda-Ingenieure ins Grübeln bringen.