Zwei Cabrios mit V8, eine Landstraße zu Zeiten der Rapsblüte:
Heute lassen wir die Rundenzeiten und Bremswege mal in Hockenheim
und fahren raus aufs Land.
Der ideale Ort für Cabrios, fernab jeder Autobahn oder
Rennstrecke. Hier ist man mit Geschwindigkeiten unterwegs, bei
denen man das Offenfahren noch wirklich genießen kann – und den
Motorklang dabei hört, ohne dass der Wind alles übertüncht.
Der Mercedes kostet mindestens 84.000 Euro, der Camaro ist also
selbst bei maximaler Vollausstattung 30 Riesen günstiger – beim AMG
ist die 100.000er-Marke mit ein paar Extras schnell
überschritten.
Der Camaro ist geradeaus der stets langsamere, aber
berechenbarere und entspanntere Partner. Grund: Sein Drehmoment
schlägt nicht so unvermittelt und heftig zu, man muss es sich erst
erarbeiten, weiß dann aber ganz genau, was man wann bekommt.
Der Biturbo im AMG verhält sich stets ein bisschen so wie
jemand, der am Abend sechs bis sieben Red Bull gekippt hat, ein
bisschen übermotiviert. Er ist eigentlich immer bereit, seine Kraft
von 650 Nm auf die Hinterachse loszulassen.
Detroit gegen Affalterbach: Das Chevy Bowtie erfand William C.
Durant Ende 1913 - das Chevrolet-Logo ist also schon über 100 Jahre
alt. Daimler verwendet den Stern seit 1910 an Autos, 1923 kam der
Stern auf den Kühler und 1926 wurde er zum Logo der neuen Firma
Mercedes-Benz.
Auf vier Endrohre, vier Sitze und acht Zylinder können sich
unsere beiden Kontrahenten. Alles andere ist anders: Biturbo beim
AMG, Sauger bei Chevrolet, den es auch als Handschalter gibt. Der
C63 hat immer Automatik.
Aber schauen wir uns die Gemeinsamkeiten an von Mercedes-AMG C
63 und Chevy Camaro: Beide tragen ihre großvolumigen V8-Motoren auf
beziehungsweise ein Stück hinter der Vorderachse.
Verglichen mit dem AMG-Wuchtgenerator verlangt der LT1 nach mehr
Drehzahl. Und das ist völlig okay so, denn, wie gesagt, wir
verteilen heute keine Punkte für Elastizität.
Der 6.2 im Camaro trotz seiner leichten Lethargie heute der
souveränere Motor: Während der Biturbo im AMG ab 2.000 die volle
Wucht seiner 650 Nm ins Getriebe knallt, das hibbelig hin und her
schaltet, lässt sich der Chevy-V8 für seine 617 Nm etwas
bitten.
Der Chevrolet-Motor hört sich an wie ein klassischer Ami-V8 –
und das hat schon was. Klappt man das Dach runter (geht bei beiden
bis knapp 50 km/h), intensiviert sich das Hämmern. Der Mercedes
wummert dumpf aus seinen Endrohren, spratzt und sprotzelt.
Einen weiteren Vorteil hat das Offenfahren: Die leichte
Klaustrophobie, die man im arg düsteren Camaro-Innenraum bekommen
kann, legt sich mit dem Verdeck.
Auf den ersten Blick sieht der leicht nach unten geneigte
Infotainment-Screen aus wie eine Fehlkonstruktion, hat aber seinen
Sinn: Sonnenlicht fällt nie direkt von oben drauf, weshalb der
Touchscreen bei geöffnetem Verdeck immer gut ablesbar bleibt.
Die grundsätzliche Einlenkreaktion ist einen Hauch träger als
beim Coupé, der Body nicht ganz so verwindungssteif. Das merkt man,
wenn man über Querfugen holpert.
Erstes Indiz: das Getriebe, das manchmal unentschlossen und
hibbelig agiert, zwischen den Fahrstufen hin- und herspringt, sich
beim Anfahren oft selbst im Weg steht und eine kleine Gedenksekunde
zum Losfahren braucht.
Außerdem: der Innenraum. Den hat man in Bremen, wo das C-Klasse
Cabriolet entsteht, mit viel Kohlefaser zugepflastert: Die
Mittelkonsole ist bei unserem Testwagen damit überzogen –
grotesk.
Man will den C 63 wesentlich sportlicher bewegen, in Kurven
scheuchen – bis man ans Limit kommt, das die Vorderachse ankündigt,
wenn sie die 1,9 Tonnen nicht mehr so schnell durch die Kurve
gewuchtet bekommt, wie der Fahrer wünscht.
Gegen Aufpreis und auf Knopdruck hält eine ausfahrbare Lamelle
am Windschutzscheibenrahmen ungebührliche Verwirbelungen von den
Passagieren fern. Im Camaro, der noch nicht einmal über ein gutes
Windschott verfügt, undenkbar.