Toyota Paseo Cabrio 1.5 im Test
Der japanische Massenproduzent Toyota drängt immer stärker in die Marktnischen. Nach dem Verkaufsstart des Paseo Coupé vor rund einem Jahr als Opel Tigra-Konkurrent kommt der kompakte 2+2-Sitzer nun in einer offenen Version in den Handel.
Trotz seines unscheinbaren Aussehens umweht das Paseo Cabrio der Duft der großen weiten Welt. Schließlich hat es bereits vor Dienstantritt in Deutschland mehr Kontinente kennengelernt als viele seiner zukünftigen Besitzer. Reiselustig wie alle Japaner, begibt sich der Roh-Toyota gleich nach seiner Fertigung im japanischen Werk Tahara als Coupé noch ohne Fondsitze, Seiten- und Heckscheiben, aber mit zahlreichen Karosserieverstärkungen auf die erste lange Schiffahrt über den Pazifik zum Cabriospezialisten American Sunroof Company (ASC) nach Kalifornien.
Dort wird er fachgerecht um Kopf und Kragen gebracht: ASC ersetzt den festen Deckel durch ein Verdeck inklusive der bislang fehlenden Scheiben aus Glas und baut die Rücksitze ein. Nach der Lackierung in den USA löst Toyota das Rückfahrtticket ein: Vor der weltweiten Händlerauslieferung durchläuft der Paseo in Japan einen internen Qualitäts-Check. Längere Reisen in Kundenhand dürften die Ausnahme bleiben, denn angesichts der beengten Platzverhältnisse eignet sich das 4,16 Meter lange Toyota Cabrio eher für eine Wochenendspritztour ins Grüne. In den durch den Verdeckkasten auf 200 Liter Volumen geschrumpften Kofferraum, der keine Variationsmöglichkeiten bietet, paßt gerade mal ein größerer Picknickkorb. Wer die unmittelbare Nähe zu seinem Partner sucht, ist auf der Rücksitzbank des 2+2-Sitzers im Prinzip gut aufgehoben, denn dort muß man dicht zusammenrücken, wenn man zu zweit Platz finden will.
Lange geht das trotzdem nicht gut, denn die drangvolle Enge nervt selbst unverbesserliche Romantiker schnell. Wer den Paseo dagegen als Zweisitzer akzeptiert, wird sich daran nicht stören, denn Fahrer und Beifahrer verfügen über ausreichende Kopf- und Beinfreiheit. Die Rücksitzbank erweist sich dann als sinnvolle Ergänzung des Kofferraums. Trotzdem setzt sich Toyota mit diesem Raumkonzept für das 37 490 Mark teure Auto zwischen die Stühle. Denn in der gleichen Preiskategorie rangieren mit dem VW Golf sowohl vollwertige Viersitzer als auch mit Fiat Barchetta oder Mazda MX-5 zweisitzige Roadster mit Sportwagenqualitäten, die zwar weniger den Verstand, aber viel mehr das Herz ansprechen.
Die Liebe zum Paseo Cabrio entsteht frühestens auf den zweiten Blick, denn das schlichte Styling löst genausowenig Gefühlsregungen aus wie der funktionell-nüchtern gestaltete Innenraum. Aus der tristen Plastiklandschaft heben sich nur die weiß unterlegten Instrumente wohltuend ab. Cabriolaune kommt bei diesem Anblick jedenfalls nicht auf. Wohl aber angesichts des mit zwei Handgriffen ganz leicht zu entriegelnden Kunststoffdachs, das anschließend unter einer Persenning verschwindet, die mit Hilfe von vier Druckknöpfen und dem Kofferraumdeckel fixiert wird – eine Arbeit, die, obwohl nicht zu kompliziert, doch einige Minuten in Anspruch nimmt. Einen festen Deckel, unter dem das Dach verschwinden könnte, gibt es aber ebensowenig gegen Aufpreis wie einen elektrischen Verdeckmechanismus. Dem direkten Kontakt zu den Elementen steht nun nur noch die Windschutzscheibe mit ihren festen Dreiecksfenstern entgegen, die Schutz vor allzu starken Verwirbelungen bieten, ohne das Gefühl des Offenfahrens einzuschränken. Einschränkungen müssen vielmehr auf schlechten Straßen gemacht werden. Trotz umfangreicher Verstärkungen an Windschutzscheiben-Rahmen, Schwellern, Türpfosten und den hinteren Radhäusern beginnt die ansonsten solide gefertigte Karosserie zu arbeiten.
Auch die Federung kann nicht ganz überzeugen. Die Passagiere, auf den schlecht konturierten Sitzen ohnehin nicht sehr kommod untergebracht, spüren besonders kurze Bodenwellen. Der Komforteindruck leidet zusätzlich unter dem rauhen Motor, der selbst bei niedrigen Drehzahlen das Gezwitscher der Vögel mühelos übertönt. Dafür überzeugt der Vierventiler, der aus nur 1,5 Liter Hubraum 90 PS entwickelt, mit ausreichendem Temperament. Der Vierzylinder könnte zwar noch etwas spontaner auf Befehle des Gasfußes reagieren, aber er dreht zügig hoch und bietet ein gutes Beschleunigungs- und Elastizitätsvermögen.
Erfreulich niedrig der Verbrauch: Mit 8,1 Liter Super bleifrei/100 Kilometer erweist sich der Paseo als sparsam. Aus fahrdynamischer Sicht befindet sich der Toyota auf kurvenreicher Strecke in seinem Element. Der gutmütige Fronttriebler gefällt hier vor allem wegen der nicht allzu starken Untersteuerneigung und der direkten, zielgenauen Servolenkung, die ihn sehr handlich erscheinen läßt. Jene 60 Kilogramm, die das Cabrio wegen der Versteifungsmaßnahmen im Vergleich zum Coupé zusätzlich auf die Waage bringt, üben auf die guten Handling-Eigenschaften also keinen negativen Einfluß aus.
Den ebenfalls leichten Umgang beim Rangieren in der Stadt erschwert nur die eingeschränkte Sicht nach hinten – Folge des kleinen Heckfensters, das aber wenigstens nicht beschlägt, weil es beheizbar ist. Hohe Fahrsicherheit zeichnet den Paseo in schnell durchfahrenen Kurven aus, aber nicht beim Bremsen unter hoher Belastung – eine Schwäche, die sich bereits das Coupé leistete (siehe Kasten auf Seite 74). Vorne mit innenbelüfteten Scheiben, hinten mit Trommeln ausgerüstet, verzögert das Cabrio im Kaltzustand mit 9,2 m/s2 gut. Nach mehreren Vollbremsungen mit voller Zuladung läßt die Standfestigkeit aber stark nach. Doch nicht allein deshalb dürfte es dem Paseo schwerfallen, sich durchzusetzen. Gegen ihn sprechen auch die eingeschränkten Platzverhältnisse, der unbefriedigende Komfort und der hohe Preis. Das Füllen der Marktnische dürfte trotzdem gelingen, denn Toyota will in Deutschland pro Jahr nur 1000 Exemplare verkaufen.