Zwei Allrad-Sprinter-Campingbusse im Duell
Zwei Newcomer im Segment der 4x4-Sprinter-Ausbauten sind die Marken Clever Vans und Weinsberg. Ihre Modelle gehören mit Preisen um 100.000 Euro noch zu den eher günstigen Angeboten. Wir vergleichen die Einsteigermodelle.
Mercedes hat es mit dem Sprinter 4x4 geschafft komfortables Fahren auf der Straße mit beachtlichem Klettertalent abseits des Asphaltbands zu verbinden. Grundlage dafür ist neben dem vollständig elektronisch geregelten Allradantrieb insbesondere auch die Höherlegung, die sonst kein anderer Transporterhersteller ab Werk bereithält.
Die beiden Hersteller Clever und Weinsberg sind vor einem Jahr auf diesen Zug aufgesprungen mit den Modellen Aventuro und X-Pedition, die schon wegen ihrer vergleichsweise günstigen Einstiegspreise viel Interesse wecken. Außerdem finden sie im Detail ganz unterschiedliche Ansätze und Lösungen – bei weitgehend identischem Grundriss. Während der Weinsberg schon äußerlich als ambitionierter Geländegänger auftritt, macht der Clever eher auf Understatement. Allenfalls die optionale AT-Bereifung weist ihn als geeignet fürs grobe Geläuf aus. Dabei kommt der Clever schon serienmäßig als 4x4-Version, während der Weinsberg ohne Zusatzkosten nur die Hinterachse antreibt. Seltsame Logik.
Konsequent geht der Weinsberg dagegen beim Innenausbau seinen Weg mit optischer Extravaganz wie speziell angefertigten Lochblechen, trendigen Lamellenpanelen und nach vorn geneigten Zickzack-Hängeschränken – die im Pisteneinsatz aber eher nachteilig sind. Clever prägt beim Aventuro dagegen einen mehr edel-gediegenen Stil, einem Topmodell der Marke angemessen. Auch bei Bett, Bad, Küche und Sitzgruppe finden sich deutliche Unterschiede zwischen den beiden Kontrahenten. Gut. So bieten sich dem Kaufwilligen klare Alternativen.
Der Clever Aventuro 600
Als der Aventuro vor rund einem Jahr präsentiert wurde, war das eine echte Überraschung. Denn bislang hatte die Marke Clever Vans vor allem Fiat Ducato- und Citroën-Jumper-Ausbauten für die Einsteiger- und Mittelklasse im Programm. Doch auch wenn der Aventuro sich preislich klar als Topmodell einsortiert, liegt er im Vergleich zu anderen Sprinter-Ausbauten dennoch am unteren Rand der Preisrange – zumal er den Allradantrieb mit Höherlegung und den damit zwangsgekoppelten 190-PS-Motor und die Neungangautomatik schon serienmäßig an Bord hat.
Zum Markenanspruch, immer wieder auch besondere technische Lösungen zu finden, passt zudem ein weiteres Highlight der Serienausstattung: Statt der üblichen, seitlich angesetzten Karosserieerweiterungen, verfügt der Aventuro über einen elektrisch ausfahrbaren Mini-Slideout, um das Querbett auf komfortable Länge zu bringen. Und komfortabel heißt hier wirklich komfortabel – 2,08 Meter Matratzenlänge sind für ein Querbett im Sprinter schon sensationell, bei einer Bettbreite von 1,04 bis 1,45 Meter. Zumal Slideout und Wände gemütlich mit schaumkaschiertem Stoff ausgeschlagen sind.
Die Hecktüren verkleiden immerhin stoffbezogene Formteile. Bemerkenswert auch: Der Mechanismus des Slideout macht einen sehr soliden Eindruck, fährt ruckfrei rein und raus und presst den Rahmen am jeweiligen Ende sauber in die umlaufende Gummidichtung. Außerdem gefällt der Slideout damit, dass er eingefahren von außen praktisch nicht zu erkennen ist. Ein kleines Ärgernis soll bereits zum Modelljahr 2026 behoben sein: Will man den Slideout mal nicht um die stattlichen 27 Zentimeter ausfahren, etwa wenn man am Straßenrand übernachtet, wird das Schlafen durch einen senkrecht stehenden Matratzenstreifen verhindert. Der soll künftig abnehmbar sein. Liegelänge dann immer noch 1,83 Meter.
Mankos bei Ablage und Esstisch
Ins Heckbett gelangt man relativ bequem über eine kleine Stufe, die allerdings extra kostet (199 Euro). Zwei Lesespots unten an den Hängeschränken laden zum Schmöckern ein. Zudem finden sich an den Lampensockeln je eine USB‑C‑Buchse zum Handy laden. Alleine an Ablagen fehlt es am Bett. Während vorn die angrenzende Küchenzeile aushelfen kann, geht der hintere Schläfer leer aus. Ein flaches Ablagebord hinten oben quer vor den Hecktüren wäre eine praktische Ergänzung. Zwei weitere Schlafplätze steuert das optionale Aufstelldach bei (7.199 Euro).
Dazu kann an der Sitzgruppe eine Zweier-Rückbank mit Gurten geordert werden (1.999 Euro). Zu viert bedarf es aber der 4,1-t-Auflastung (3.999 Euro). Der Testwagen ist dagegen als Zwei-Personen-Mobil ausgelegt, hat hinten deshalb nur einen Einzelsitz ohne Gurt, funktioniert dann aber trotz Allrad als 3,5-Tonner. Auch der wandseitig angebrachte Tisch hat hier eine kleinere Platte, was insgesamt für viel Bewegungsfreiheit im Einstiegsbereich sorgt. Allerdings dürfte die Fläche auch manchem Paar für ein ausgiebiges Essen zu knapp sein. Eine Erweiterungsmöglichkeit wäre gut.
Küche & Bad im Clever Aventuro 600
Die Küche beginnt am Einstieg mit einem 70-Liter-Kompressorkühlschrank – der zur Saison 2026 auf 98 Liter erweitert wird. Obendrauf ist ein Stück echte Arbeitsfläche, mit der man wirklich was anfangen kann. Darauf folgt die Kocher-Spüle-Kombination, mit etwas ungeschickt nahe am linken Brenner platzierten Drehknöpfen. Alternativ gibt es einen Doppel-Induktionskocher (699 Euro), der aber mit dem Autark-XL-Paket (4.699 Euro) kombiniert werden muss, um ohne Landstrom nutzbar zu sein. Vor der Spüle lässt sich zudem noch eine kleine Arbeitsplattenverlängerung hochklappen. Zwei Hängeschränke, drei Schubladen und ein Unterschrank stehen für Küchenvorrat und -geräte bereit. Letzterer wäre mit einem Zwischenboden noch effektiver nutzbar.
Das Bad gegenüber betritt man durch eine platzsparende Gliederschiebetür. Das Raumangebot ist nicht üppig, aber okay. Für den Toilettengang bleibt genug Beinfreiheit und auch beim Händewaschen am ovalen Schüsselwaschbecken stößt man nicht gleich irgendwo an. Zum Duschen gibt es sogar eine separate Armatur. Allerdings werden die, laut Hersteller, wasserfesten Möbel dabei nass und die Bodenwanne hat nur einen, ungünstig platzierten Ablauf. Alternativ reicht man den Brausekopf durchs Fenster nach draußen und duscht dort.
Gute Ausrüstung für unebene Pisten und Autarkie
Stauraum gibt es in vier Hängeschränken vorn und ebenso vielen hinten. Ein Kleiderschrank mit Stange findet sich aber ebenso wenig wie eine Garderobe. Mit offenen Ablagen geizt der Aventuro zudem. Angemessen groß zeigt sich der Heckstauraum, der durch Hochklappen des Betts und Herausnehmen der Schottwand noch erweitert werden kann. Zwei kleine Fächer für Zubehör finden sich ganz hinten rechts, zwei weitere innerhalb des Gaskastens hinten links. Dort haben neben zwei Fünf-Kilo-Flaschen auch noch die Kabeltrommel und Auffahrkeile ihr Plätzchen – sehr praktisch.
Links in der Möbelzeile ist die Bordelektrik relativ raumgreifend installiert, im Falle des Testwagens mit dem kleinen Autarkpaket (3.799 Euro), das eine 200-Ah-LFP-Batterie, einen 2.000-W-Wechselrichter sowie zwei Solarpaneele mit 230 W auf dem Dach umfasst.
Das fiel uns auf am Clever Aventuro 600
(+) Der Kühlschrank am Einstieg verhindert dort eine Klappverlängerung – dafür gibt es eine hinten im Gang.(+) Die kleine Trittstufe hilft beim Ein- und Ausstieg ins Bett. Sie kostet allerdings Aufpreis (199 Euro).(+)(-) Der Tisch ist schon für zwei Personen relativ klein – immerhin schafft er mehr Platz im Gang.(-) Die Lichtschalter am Einstieg sind so hoch angebracht, dass man sie von außen kaum erreicht.(+) Der Frischwassertank-Ablasshahn am Wagenboden ist schwierig zu erreichen und immer schmutzig.(+) Notfalls mit eingefahrenem Slideout schlafen ist nicht möglich, da ein Polster dabei hochkant steht.
Fahrzeugdaten: Clever Aventuro 600
- Gurt-/Schlafplätze: 2–4/2–4
- Preis: ab 98.999 Euro
- Basisfahrzeug: Mercedes Sprinter 319 CDI 4 x 4, Kastenwagen, permanenter Allradantrieb, Vierzylinder-Turbodiesel, Hubraum 1.950 cm3, Leistung 140 kW/190 PS, Neungang-Automatikgetriebe
- Leergewicht*/Gesamtgewicht: 3.070 kg/3.500 kg
- Länge/Breite/Höhe: 5.930/2.020/3.100 mm
- Bettenmaße: Querbett 1.530–2.080 x 1.040–1.420 mm
- Ausbau: Küche mit Zweiflammkocher, Spüle, Kompressorkühlschrank 70 L, Bad mit Waschbecken, Kassettentoilette, integrierte Dusche, kein Kleider-, 8 Hängeschränke, Heckstauraum (950 L)
- Aufbau: Stahlblechkarosserie, Stahldach, Isolierung Wand/Dach/Boden EPDM, 3–20/3–20/3 mm, 6 PU-Rahmenfenster, 1 Ventilator-Dachhaube, 1 Dachfenster
- Bordtechnik: Diesel-/Elektro-Gebläseheizung, 6.000 W, Frisch-/Abwassertank 100/90 L, Bordbatterie LFP-Typ, 200 Ah, Solarpaneele 2 × 115 Wp, Wechselrichter 2.000 W, Gasflaschen 2 x 5 kg
Der Weinsberg X-Pedition 600 MQ im Vergleich
Bei fast 120.000 Euro lag der Startpreis während der letzten Saison. Neuerdings ist der X-Pedition 600 MQ für rund 15.000 Euro weniger zu haben. Woher der Sinneswandel? Vielleicht, weil der Weinsberg wie ein krasser Offroader auftrat, aber inkonsequenterweise serienmäßig ohne Allrad auskommen musste. Nun gehören auch Frontbügel, Dachgarten, Heckträger und mehr zu den Extras. Wahrscheinlich besser so. Dann weckt der äußere Eindruck nicht ganz so hohe Erwartungen an die Geländefähigkeiten.
Geblieben ist die besondere Gestaltung, etwa mit den Diagonalstreifen, die nicht nur beim Foliendekor, sondern auch an den seitlichen Karosserieerweiterungen markant auftauchen. Ähnliches gilt für das X-Pedition-Logo auf den Fahrerhaustüren, welches sich an den stilbildenden Lochblechen im Innenausbau wiederfindet. Das Interieur gibt sich insgesamt sehr stylisch mit den aktuell angesagten Lamellenpanelen an den Wänden und Hängeschränken in Bronze mit diagonal geknickten Klappen, was dazu führt, dass die Unterkante der Hängeschränke im Zickzack verläuft. Das Styling geht allerdings an der ein oder anderen Stelle zulasten der Praxistauglichkeit. Nicht nur auf Rüttelpisten kann der Schrankinhalt auf die schräggestellten Hängeschrankklappen kippen und beim Öffnen herausfallen.
Die Sitzgruppe gefällt mit der markentypischen Rückbank, bei der sich der rechte Platz um rund zwölf Zentimeter in den Gang rücken lässt. Die Tischplatte ist verdreh- und verschiebbar, so dass der Beifahrersitz auch ohne Verlängerungsplatte in die Runde einbezogen werden kann. Neben den beiden Hängeschränken gibt es vier offene Ablagen und auch ausreichend Stromanschlüsse: Je eine 12- und 230-Volt-Steckdose, sowie drei USB-A-Buchsen stehen bereit. Weniger praktisch: kein Lichtschalter im Einstiegsbereich.
Besondere Küche für mehr Flexibilität
Die Küchenzeile, schräg gegenüber, streckt sich ordentlich in die Länge. An beiden Enden findet sich etwas echte Arbeits- und Abstellfläche. Außerdem gibt es noch eine Ablagekonsole, die man zum Bett hin einsetzen kann. Das Anbringen ist allerdings fummelig und vor dem Schlafengehen muss das sperrige Teil erst woanders verstaut werden. Es geht auch gut ohne. Am Einstieg ist ein 90-Liter-Kühlschrank mit zweiseitig öffnender Tür eingebaut. Eine feine Sache ist, prinzipiell, der eingebaute Hybridkocher mit zwei Gasflammen und einem Induktionsfeld. So hat der Koch die Wahl, welchen Herd er nutzen möchte. Allerdings war im Testwagen zwar genug Batteriekapazität vorhanden, aber kein Wechselrichter, so dass der Stromkocher leider nicht autark betrieben werden konnte.
Das Spülbecken hat eine gute Größe und auch das Stauraumvolumen ist angemessen mit zwei Hängeschränken, einer praktischen Schublade mit Besteckeinsatz und einem großen Unterschrank, dem nur ein Zwischenboden fehlt. Im schmalen Schrank daneben können weitere Küchenutensilien unterkommen. Das obere Fach ist zwar mit einer Kleiderstange ausgestattet, die Hanghöhe ist jedoch so gering, dass man es kaum für Jacken oder Hemden auf Bügeln nutzen kann.
Clevere Lösungen für mehr Platz im Bad
Auch das Bad geizt nicht mit optischen Reizen. Alleine der runde, hinterleuchtete Spiegel vor der strukturierten Wand, ist schon schick. Pfiffig auch, dass sich das Waschbecken ausziehen und damit vergrößern lässt. Verschieben kann man zudem die Toilette, und zwar nach hinten in den Stauraum, sodass relativ viel Platz zum Duschen frei wird und die Bodenwanne zum Vorschein kommt. Allerdings braucht es trotzdem einen Vorhang als Spritzschutz, den man immerhin mit Magnethaltern an die Wände pinnen kann.
Um ins Heckbett zu klettern, gibt es als Steighilfe lediglich an einem der drei Schottwandbretter eine Einbuchtung – das muss reichen. Als Kopfende des Betts ist die Fahrerseite auserkoren. Dort ist die Matratze breiter, hat mehr Kopffreiheit sowie Leselampen, USB-Buchsen und Lichtschalter. Außerdem lässt sich aus einem der Hängeschränke gegenüber ein optionales TV-Gerät nach unten herausziehen.
Dank der Verbreiterungen an beiden Seitenwänden kommt das Bett zwar auf eine "Ausstrecklänge" von 1,95 Meter. Die eigentliche Matratze misst aber nur 1,70 Meter und die Verlängerung besteht jeweils aus einem kantigen, lediglich dünn mit Stoff bezogenen Brett. Unter dem Bett ermöglichen die schmalen Möbelzeilen rechts und links einen erstaunlich großzügigen Heckstauraum. Auf den zweiten Blick zeigt sich aber, dass die Nutzung durch die Schiebetoilette deutlich eingeschränkt ist. Der Sockel macht den Stauraumboden uneben, was beim Beladen stört. Und zum Duschen und Entleeren der Toilette muss ein Gutteil des Stauraums leer bleiben – oder leergeräumt werden.
Zum guten Stauvolumen trägt auch der 120 Liter-Frischwassertank bei, der – wie der 82 Liter-Abwassertank, unter dem Wagenboden in einer isolierten Box installiert ist. Eine 80 Ah-LFP-Batterie hat der X-Pedition serienmäßig, ebenso wie das Mercedes MBAC-Display-Kontrollbord, das mit dem MBUX vernetzt ist.
Das fiel uns auf am Weinsberg X-Pedition 600 MQ
(+) Hybridkocher mit zwei Gasbrennern und einem Induktionsfeld. Schön, dass man die Wahl hat.(+) Der Frischwassertank ist unterflur angebracht. Das schafft Platz für einen größeren Heckstauraum.(+)(-) Zusätzliche Küchenarbeitsplatte, die aber fummelig anzubringen ist und Stauraum kostet.(-) Sehr unbequemer Bettaufstieg mit lediglich einem Tritt auf der schmalen Schottbrettkante.(-) Das harte, kantige Brett ist als Bettverlängerung in den Karosserieerweiterungen sehr unkomfortabel.(-) Die simple, anfällige Camping-Trittstufe passt nicht zu einem ausgewiesenen Offroad-Modell.
Fahrzeugdaten: Weinsberg X-Pedition 600 MQ
- Gurt-/Schlafplätze: 4/2–3
- Preis: ab 104.990 Euro
- Basisfahrzeug: Mercedes Sprinter 319 CDI 4 x 4, Kastenwagen, permanenter Allradantrieb, Vierzylinder-Turbodiesel, Hubraum 1.950 cm3, Leistung 140 kW/190 PS, Neungang-Automatikgetriebe
- Leergewicht*/Gesamtgewicht: 2.825 kg/3.880 kg
- Länge/Breite/Höhe: 6.000/2.060/2.900 mm
- Bettenmaße: Heckbett 1.700 (1.950) x 1.120–1.390 mm
- Ausbau: Küche mit Dreiflammkocher, Spüle, Kompressorkühlschrank 90 L, Bad mit Waschbecken, Kassettentoilette, integrierte Dusche, 1 Kleider-, 6 Hängeschränke, Heckstauraum (1.315 L)
- Aufbau: Stahlblechkarosserie, Stahldach, Isolierung Wand/Dach/Boden PE/PE/XPS, 14/16/12 mm, 5 Alu-Rahmenfenster, 1 Dachhaube, 1 Dachfenster, Dachklimaanlage
- Bordtechnik: Diesel-Gebläseheizung, 4.000 W, Frisch-/Abwassertank 120 (10)/82 L, Bordbatterien LFP-Typ, 2 x 100 Ah, kein Solar, Gasflasche 1 x 2,75 kg
