Ein kurzer Integrierter mit reichlich Komfort

Länge ist gleich Luxus – so lautet die übliche Faustformel. Carthago stellte sich der Herausforderung, trotz kompakter Abmessungen viel Komfort zu bieten. Ziel erreicht? Wir haben es getestet.
Der zu Saisonbeginn neu gestartete C-Tourer I 141 LE wagt sich an einen nahezu einzigartigen Spagat – zumindest gibt es momentan praktisch kaum direkt vergleichbare Modelle anderer Hersteller. Ein Integrierter mit Einzelbetten-Grundriss, hochwertiger Technik und viel Komfort, der mit 6,65 Meter Gesamtlänge auskommt – das ist ungewöhnlich. Durchaus möglich, dass nicht jeder gleich auf Anhieb versteht, warum man für so ein kurzes Modell über 80.000 Euro hinblättern soll – gibt es doch einige längere Integrierte mit mehr Platz und ähnlicher Ausstattung, die deutlich weniger kosten. Doch wer einen Sinn für die Kunst hat, aus begrenztem Raum besonders viel zu machen, wird im kürzesten C-Tourer-I-Grundriss vielleicht sein Traummobil finden. Einen näheren Blick sollte man auf jeden Fall wagen.
Länge spart Carthago vor allem an folgenden Stellen: Der Seitensitz gegenüber der L-Sitzgruppe fällt ziemlich schmal aus und auch der Kühlschrank in der Küche bevorzugt die schlanke Linie. Das Bad muss ohne separate Dusche auskommen, setzt dagegen auf eine Schwenkwandlösung. Zudem bleibt eines der beiden Einzelbetten merklich kürzer. Wie der I 141 LE dennoch reichlich Komfort für zwei bis drei Reisende bietet, zeigt der Supercheck.
Wohnen
Bequem gepolsterte Bänke sind bei Carthago ebenso Standard wie ein stabiler Tisch mit angemessen großer, verschiebbarer Platte. Die Arretierung der kreuzförmigen Schienen löst man einfach per Pedalknopf am Sockel – elegant. Für mehr als drei Personen wird es in der Runde allerdings langsam eng, schon wegen des begrenzten Fußraums unter dem Tisch.
Auch der kleine Seitensitz gegenüber ist trotz ausziehbarer Sitzfläche eher zum Schuhezubinden oder Beinehochlegen geeignet als zum längeren Verweilen. Sollen vier Personen mitreisen, muss die L- zur Querbank umgebaut werden, was mit einiger Mühe verbunden ist. Zudem baumeln die Füße über dem offenen Doppelboden in der Luft – ein Fahrplatz für den Notfall.
Zur Verköstigung von zwei bis drei Personen stellt die Kombüse gute Voraussetzungen. Während es auf dem Dreiflammkocher mit soliden Topfträgern und Elektrozündung schon in der Pfanne schmurgelt, kann man nebenan auf der umgedrehten Spülenabdeckung Salat und Gemüse schnippeln und im hinteren Teil trotzdem noch das überschüssige Wasser aus der Maisdose abgießen. Alternativ lässt sich das Abdeckbrett auch an der Kühlschrankwand in eine Halterung stecken und macht sich als zusätzliche Abstellfläche nützlich. Die Spülenarmatur – merklich aus Kunststoff – fällt gegenüber dem übrigen Qualitätseindruck etwas ab.
Ein großer Hängeschrank und sechs Schubladen mit Besteckkasten und Mülleimer stehen für Geschirr und Vorräte bereit. Gute Ergänzung sind der 134-Liter-Kühlschrank nebenan in griffgünstiger Höhe sowie der schlanke Hängeschrank mit Auszug für eine Kapselkaffeemaschine.
Um in einem kompakten Bad eine großzügige, abgeschlossene Duschkabine zu verwirklichen, erfand ein findiger Kopf die schwenkbare Waschtischwand. In der Praxis krankt das pfiffige System allerdings oftmals daran, dass man vor und nach dem Duschen im Adamskostüm im Gang auf dem Präsentierteller steht – nicht so im I 141 LE. Die große, abgewinkelte Badtür lässt sich auch über den Gang hinweg schließen. Damit entsteht ein praktischer Umkleideraum mit Zugriff auf die Schränke im Schlafzimmer. Toilette und Waschtisch lassen sich aber auch bei geschlossener Tür ganz gut nutzen. Allerdings kann es anschließend schwierig werden, das Bad zu verlassen, denn der Türknauf innen ist besonders mit feuchten Händen schwer zu drehen. Zwei Echtglas-Zahnputzbecher werten die Einrichtung auf. Stauraum ist eher wenig vorhanden, Kleiderhaken oder Handtuchstange fehlen ganz.
Eine zweistufige Treppe führt zu den Einzelbetten hinauf. Sie ist nach vorn verschiebbar um auch bei erweiterter Bettfläche noch ihre Aufgabe zu erfüllen. Längs- oder Querschlafen ist damit gleichermaßen komfortabel möglich. Einzige Einschränkung: das rechte Bett ist nur 1,86 Meter lang. Große Ablagen in den Ecken, eine USB-Ladebuchse und helle Leseleuchten ergänzen die Ausstattung. Fein wäre noch ein Licht mit Wechselschaltung im Schlafzimmer. Relativ bequem und gut ausgestattet zeigt sich das Hubbett. Beim Auf- und Abstieg über den wackeligen Seitensitz ist etwas Vorsicht geboten.
Beladen
Stauraum ist ein Schlagwort, das sich Carthago ganz besonders auf die Fahnen geschrieben hat. Selbst im kürzesten C-Tourer I findet sich quer unter der Sitzgruppe ein großes Doppelbodenfach. Drei abgesenkte Wannen vergrößern die Innenhöhe dabei von 21 auf 45 Zentimeter. Das Fach hinter der rechten Außenklappe ist von innen nur umständlich erreichbar. Für externes Zubehör wie Auffahrkeile und Schneeketten ist es aber gut geeignet. Durch die große Bodenluke im Einstiegsbereich erreicht man das zentrale Fach, das sich etwa für Getränkevorräte anbietet. Es zieht sich weiter bis zur linken Seitenwand, wo eine Außenklappe und der aufstellbare Sitztruhendeckel Zugang schaffen. Verstrebungen und Bordtechnikkomponenten schränken das Fach in der Nutzung allerdings ein.
Platz für Kleidung und Gepäck offerieren die zwei Kleiderschränke, die trotz ihrer Anordnung unter den Bettenden – dank klappbarem Deckel – einfachen Zugriff gewähren. Sechs Hängeschränke über den Betten und einer über der Sitzgruppe kümmern sich um Wäsche und Reiseutensilien. Ein nützlicher Schrank hängt auch noch unten links am Hubbett – das rechte Pendant ist so klein, dass es kaum sinnvoll einsetzbar ist. Eine praktische Schuhschublade, ein Boden- und zwei Stufenfächer vervollständigen das Stauraumangebot. Bleibt noch die Heckgarage, die trotz kompakter Fahrzeuglänge eine stattliche Größe erreicht. Auch die Ausstattung lässt keine Wünsche offen, außer vielleicht die Nische neben dem Elektrokasten durch Regalböden für Kleinteile nutzbar zu machen.
Angesichts der Ladekapazitäten – die Garage darf alleine schon 350 Kilo tragen – ist die Zulassung als 3,5-Tonner nur für die strikte Zwei-Personen-Nutzung praktikabel. Wer weder bei Ausstattung, Gepäck noch Wasservorrat sparen möchte, wählt besser das 4,25-t-Maxi-Chassis.
Technik
Hochwertig und solide sind die Adjektive, die beim Blick auf die Aufbautechnik von Carthago meistens fallen. Die Alu/XPS/Alu-Sandwichplatten sind in statischer wie thermischer Hinsicht erste Wahl. Das Dach hüllt sich in GfK – gut gegen Hagel. Die oben elegant umgebogenen Alu-Seitenwände sind jedoch ungeschützt, aber ebenso gefährdet. Auch an der Qualität von Fenstern, Türen und Klappen gibt es nichts zu kritteln. Die soliden Griffplattenschlösser an den Garagentüren haben nur den kleinen praktischen Nachteil, dass man zum Öffnen immer zwei Hände braucht. Sauber und passgenau zeigt sich auch die Verarbeitung vom aufgesetzten Rahmen an der Heckwand bis zur GfK-Frontmaske. Hinter der Motorhaube entdeckt man einen gut zugänglichen Einfüllstutzen für Schweibenwaschwasser. Der enge Motorzugang macht es jedoch mühsam, den Ölstand zu kontrollieren oder die Überbrückungskontakte zu finden.
Frisch- und Abwassertank sind mit 150 und 140 Liter Fassungsvermögen für die Fahrzeuggröße üppig dimensioniert. Sie ruhen im Bereich der Hinterachse im beheizten Doppelboden. Das Frischwasserreservoir zieht sich sogar noch bis unter den Garagenboden. Eine zweite Weithalsöffnung schafft zusätzlichen Zugang zu Reinigungszwecken. Der Gaskasten ist links hinten vor der Garage integriert. Die Gasflaschen stehen darin allerdings hintereinander, was den Wechsel erschwert – ein Zugeständnis an die kompakte Länge des I 141 LE. Die Bordelektrik ist sauber und – wo nötig erreichbar – installiert. Neben der 80-Ah-Gel-Batterie ist noch Platz für ein zweites Exemplar. Die Truma-Heizung bollert im Kasten unter dem Kühlschrank. Im Praxiseinsatz wünschte man sich etwas mehr Warmluft in Sitzgruppe und Fahrerhaus. Eine Warmwasserheizung als Option gibt es bei diesem Modell nicht.
Lichtcheck
Auf dem Tisch ist es mit 287 Lux im Schnitt und 359 Lux in der Spitze hell genug, um entspannt zu lesen. Auch die Küche ist mit durchschnittlich 320 Lux und maximal 503 Lux sehr gut ausgeleuchtet. Die Grundausleuchung im Bad könnte etwas heller sein (180 Lux). Das Gesicht im Spiegel erstrahlt dafür aber mit bis zu 402 Lux. Die Spots am Hubbett erreichen 317 Lux, an den Einzelbetten sogar über 600.
Fahren
Neben der Gesamtlänge spielt für die Wendigkeit vor allem der Radstand eine wichtige Rolle. Mit seinen rund 3,5 Metern Achsabstand ist der Wendekreis des I 141 LE rund einen Meter kleiner als bei einem typischen Sieben-Meter-Mobil mit Vier-Meter-Radstand. Das hilft nicht nur Einsteigern in das Integriertensegment beim Rangieren, ebenso wie die gute Übersichtlichkeit vom Fahrerplatz.
Dazu tragen auch die stattlichen Außenspiegel mit großen Weitwinkelfeldern bei. Kehrseite der Medaille: Die wuchtigen Spiegel verdecken zusammen mit den A-Säulen einen nicht unerheblichen Teil der Sicht beim Einfahren in Kreuzungen.
Auf der Autobahn zeigt sich auch beim Radstand, dass alles zwei Seiten hat, denn der I 141 LE reagiert etwas nervös auf Spurrillen und Seitenwind. Ansonsten verwöhnt der C-Tourer I mit seiner angenehm geringen Geräuschkulisse – die sich in den Messwerten links allerdings nicht direkt niederschlägt. Grund war die nasse Fahrbahn am Messtag, die auch den relativ langen Bremsweg erklärt. Besonders mit dem optionalen 150-PS-Motor ist der kurze C-Tourer I sehr agil unterwegs. Im Zusammenspiel mit der offenbar guten Aerodynamik ermöglicht er nicht nur eine zügige Fahrweise, sondern auch relativ niedrige Verbrauchswerte. Die wichtigste Sicherheitsausstattung – Airbags und ESP – ist bereits serienmäßig an Bord.
Das fiel uns auf
(+) Praktische Schublade in der Sitztruhe, die sich besonders zum Einstellen von Schuhen anbietet.(+) Frisch- und Abwassertank lagern frostsicher und schwerpunktgünstig im Doppelboden.(+)(-) Bequemes Hubbett mit Ablagebord. Aber unsicherer Aufstieg über den wackeligen Seitensitz.(+)(-) Schwieriger Motorzugang durch flache Öffnung. Gut zugänglicher Waschwasserstutzen.(-) Bei Nutzung des wandseitigen Gurtplatzes baumeln die Füße über dem Doppelboden in der Luft.(-) Knauf an der Innenseite der Badtür nur mit viel Kraft bedienbar – besonders schwierig mit feuchten Händen.
Nachgefragt
Florian Hofer, Produktmanager bei Carthago, nimmt Stellung ...
... zum fehlenden Herausfallschutz am Hubbett: Es gibt ein Herausfallschutznetz optional. Da die Nachfrage danach aber sehr gering ist, steht es nicht in der Aufpreisliste, sondern wird nur auf Anfrage eingebaut.
... zum Hubbett, das viel Kraft beim Anheben an die Decke erfordert: Aus unserer Sicht ist dies der beste Kompromiss zwischen dem Kraftaufwand beim Heben und Senken und einer stabilen und geräuscharmen Fahrposition.
... zu dem schwer zu drehenden Knauf innen an der Badtür und fehlenden Haken und Handtuchstange: Wir favorisieren den Drehknauf, weil er wenig Platz benötigt und man nicht daran hängen bleibt. Haken kann der Händler nach Kundenwunsch anbringen. Eine Hängestange an der Decke kommt zur nächsten Saison.
... zum engen Gaskasten, in dem die Flaschen hintereinander stehen: Der Zugang zum Doppelbodenstaufach war uns wichtiger. Optional bieten wir einen Auszug für die Gasflaschen an.
Preise
Mit rund 84.000 Euro gehört der C-Tourer I 141 LE zum gehobenen Preissegment – kompakte Fahrzeuglänge hin oder her. Ausbauqualität sowie Aufbau- und Bordtechnik rechtfertigen auch diese Einordnung. Wie so häufig muss man bei der Ausstattung allerdings noch mindestens zwei Grundpakete für zusammen 4500 Euro hinzurechnen, um ein paar, eigentlich klassenübliche Dinge, wie Klimaanlage, Tempomat und USB-Steckdose, gleich mit an Bord zu haben.
Grundpreis: 83.950 Euro(Fiat Ducato 35 L, Motor 96 kW/130 PS) mit TÜV und Zulassungsbescheinigung IITestwagenpreis: 90.500 Euro
Basisinformationen Carthago C-Tourer I 141 LE
Gurte/Schlafplätze: 4/4Zul. Gesamtgewicht: 3500 kgLänge/Breite/Höhe: 6,65/2,37/2,89 mGrundpreis ab: 83.950 Euro
Die Baureihe C-Tourer I
Preise: 83.950–88.700 EuroBasis: Fiat DucatoLänge: 6,65–7,48 mGesamtgewicht: 3,5–4,25 kgWeitere Modelle: 7Charakter: Der C-Tourer bildet zusammen mit dem 15 Zentimeter schmaleren C-Compactline den Einstieg in das Carthago-Programm. Bei der Aufbautechnik muss man dabei keine Abstriche machen gegenüber den höher angesiedelten Baureihen. Der Doppelboden ist zwar etwas flacher, bietet für die Klasse aber dennoch ungewöhnlich viel Stauraum. Acht Grundrisse sind im Angebot, die alle auf dem Fiat Ducato mit Alko-Tiefrahmen basieren. Mit fünf Einzelbettenvarianten ist die Auswahl hier besonders groß, dazu kommen noch zwei Queensbett- und ein Doppelquerbett-Modell.
Konkurrenten
Hymer B-Klasse MC I 580Grundpreis: 81.990 EuroBasisfahrzeug: Mercedes Sprinter, 105 kW/143 PSLänge/Breite/Höhe: 6995/2960/2290 mmLeer-/zul. Gesamtgewicht: 2990/3500 kg(+)moderne Sprinter-Basis, hoher Doppelboden, Alu/Alu-Sandwichaufbau, großer Frischwassertank.(-) entkoppelter Fahreindruck.
Laika Ecovip 609Grundpreis: 81.800 EuroBasisfahrzeug: Fiat Ducato, 96 kW/130 PSLänge/Breite/Höhe: 6990/2310/2930 mmLeer-/zul. Gesamtgewicht: 3099/3500 kg(+) relativ umfangreiche Serienausstattung, zwei Möbeldekore zur Wahl. (-) kein Alko-Chassis, nur Teildoppelboden, Sperrholz-Innenwand.
Pilote Galaxy 650 GJGrundpreis: 64.950 EuroBasisfahrzeug: Fiat Ducato, 96 kW/130 PSLänge/Breite/Höhe: 6490/2300/2850 mmLeer-/zul. Gesamtgewicht: 2920/3500 kg(+) wendig durch kurzen Radstand und 6,5 m Länge, Doppelboden, zwei Möbeldekore zur Wahl. (-) kein Alko-Chassis, Sperrholz-Innenwand.
Wertung