Kompakter Campingbus zu hohem Preis

Der erste Campingbus von Frankia möchte die Quadratur des Kreises schaffen: lange Einzelbetten und ein nutzbarer Sanitärraum in einem knapp sechs Meter langen Kasten. Klappt das?
Ein Campingbus hat Frankia im Portfolio noch gefehlt. Jetzt ist er da, der Yucon. Frankia nennt ihn allerdings nicht Bus oder Kastenwagen, sondern Micro-Liner. Denn das erklärte Ziel war es, den Komfort und das Raumgefühl eines großen Integrierten in die Buswelt zu übertragen. Da versteht es sich fast von selbst, dass die beiden Erstlinge keine Standardgrundrisse aufweisen. Während der lange 7.0 Lounge mit einer extravaganten Längsschlafcouch aufwartet, wird das kompaktere Modell Yucon 6.0 mit zwei langen Einzelbetten bestückt. Dazu ist noch ein gut nutzbarer Sanitärraum vorhanden, und auch der Küchenblock kommt nicht zu kurz. Tisch und Sitzgelegenheit sind natürlich ebenfalls an Bord – und das auf sechs Meter Gesamtlänge. Konsequenz: Frankia spart Platz, indem auf die Rückbank verzichtet wird – somit ist der 6.0 ein reiner Zwei-Personen-Bus.
Der Yucon rollt in der Standardausführung auf dem Mercedes Sprinter 311 CDI mit 114 PS und Hinterradantrieb vom Band. Die Serienfarbe ist Weiß – das Tenoritgrau des Testwagens ist Teil des mit knapp 9600 Euro nicht gerade günstigen Yucon-Chassis-Pakets mit Automatik. Hier werden zahlreiche nützliche und komfortable Extras zusammen gepackt. Neben der 7-Gang-Automatik sind auch der 163-PS-Motor, das MBUX, ein 93-Liter-Dieseltank, die Rückfahrkamera und einiges mehr im Paketumfang enthalten.
Auch für große Camper geeignet
Zwei Einzelbetten im Heck haben den Vorteil, dass Frankia auf seitliche Karosserie-Verbreiterungen verzichten kann. Die sind bei der schmalen Sprinter-Hülle in Kombination mit einem Querbett unvermeidbar und selten besonders elegant. Mit einer Matratzenlänge von 1,89 links und 1,91 Meter rechts kommen auch größere Camper zurecht. Die Kopffreiheit unter den seitlichen Hängeschränken beträgt aber nur noch 49 Zentimeter, im Rest des Schlafabteils ausreichende 80 Zentimeter. Beide Kopfteile sind in mehreren Stufen aufstellbar. So kann das Bett auch als gemütliche Lesecouch dienen. Die nur acht Zentimeter dünnen Matratzen sind erstaunlich bequem. Sie liegen auf einem Abstandsgewebe, das die Unterlüftung der Liegeflächen gewährleistet.
Unter dem linken Bett ist ein Staufach und ein -schrank zu finden. Während man an das Fach nur durch das Hochklappen des Betts herankommt, ist der Schrank komfortabel von oben und durch eine Tür beladbar. Unter einer Klappe im Schrank befindet sich, gut zu erreichen, der Zugang zum Frischwassertank. Der Boden des Staufachs daneben lässt sich leicht ganz herausnehmen und legt die darunterliegende serienmäßige Truma Combi D 6 E frei. Hier kann wahlweise mit Diesel, Landstrom oder im Mix beider Energiequellen geheizt werden.
Bestellt man das Stauraumpaket für 570 Euro, bekommt man im Bettaufstieg zwei weitere praktische Staumöglichkeiten zwischen den Betten. Außerdem gehören zu diesem Paket noch ein Schrank und ein Schubladenauszug für den Heckstauraum. Zu einer Abwertung führt der fehlende Kleiderschrank mit Stange. Möchte man etwas aufhängen, bleiben nur die Garderobenhaken an der Badwand.
Der Stauraum im Heck sammelt Pluspunkte. Rund 1200 Liter Volumen stehen zur Verfügung. Klappt man die Kopfenden der Betten hoch und das Polster zwischen den Einzelbetten herunter, entsteht ein Laderaum, der sogar für manches Fahrrad reichen kann. Der Gaskasten hält Platz für eine Fünf-Kilogramm-Flasche bereit. Anlass zur Kritik gibt der Hebel zum Öffnen des Abwasserventils des isolierten Tanks. Er liegt so ungünstig unter dem Fahrzeug, dass es nahezu unmöglich ist, ihn zu öffnen, ohne sich Hose oder Ärmel zu verschmutzen. Hier sollte in der Serie nachgebessert werden. Oder man bestellt die Tankheizung für 490 Euro dazu, denn dann ist auch ein komfortables elektrisches Auslassventil eingebaut.
Kompakte Maße in Bad & Küche
Das Bad fällt kompakt aus. Dennoch ist eine gut nutzbare Dusche integriert. Möglich wird dies durch ein Klappwaschbecken, das in der Trennwand zum Bett verschwindet. Als Spritzschutz beim Duschen dient eine klappbare Plexiglaswand. Sie schützt den Spiegelschrank dahinter vor Wasserspritzern. Im getesteten Prototyp war sie allerdings noch nicht zuverlässig verschließbar. Auch das Waschbecken funktioniert noch nicht optimal. Die schwenkbare Armatur reicht nicht sehr weit über das Waschbecken, sodass beim Händewaschen immer einige Spritzer danebengehen. Einen Klorollenhalter sucht man zudem vergeblich.
Die Ausstattung mit Zweiflammkocher und Spülbecken sowie die Maße des Küchenblocks sind Campingbus-üblich. Arbeits- und Abstellfläche sind auf den ersten Blick dagegen kaum vorhanden, doch ein cleverer Trick schafft im Yucon 6.0 Abhilfe. Stellt man das Kopfteil des rechten Betts senkrecht auf, kann dieses um gut 25 Zentimeter nach hinten geschoben werden. Entsprechend wächst die Arbeitsplatte, und auf der freien Fläche kann zum Beispiel eine Kaffeemaschine aufgestellt werden. Im Testfahrzeug befindet sich aber nur eine einzige 230-Volt-Steckdose am Küchenblock. Wer mehr braucht, muss das Steckdosenpaket für 390 Euro ordern und erhält dann zwei weitere Stromspender – je einen in der Küche und im Heckstauraum.
Zwei zusätzliche USB-Dosen sind ebenfalls in diesem Paket enthalten. Hier gibt sich der Frankia zugeknöpft mit lediglich einem USB-Anschluss im Einstieg. Allerdings waren im getesteten Prototyp noch nicht die regulären Lesespots an den Betten eingebaut, die ebenfalls mit USB-Ports ausgestattet sein sollen. Im Küchenblock ist ein ausreichend großer Regalschrank für Kochgeschirr untergebracht. Die drei Auszüge daneben öffnen per Druck auf die Front. In der Serie werden sie allerdings gegen übliche Drucktastenschlösser getauscht, um eine sichere Zentralverriegelung realisieren zu können. An der Stirnseite des Küchenblocks ist ein nicht allzu großer 70-Liter-Kompressorkühlschrank eingebaut. Praktisch ist die Tür mit Doppelanschlag, die eine bequeme Nutzung von drinnen und draußen möglich macht. Flexibel zeigt sich auch das sieben Liter fassende Gefrierabteil. Die Abtrennung kann mit einem Handgriff entnommen und somit der Kühlraum vergrößert werden.
Die fehlende Rücksitzbank führt zu Punktabzug im Wohnkapitel, denn im Yucon können so nur zwei Personen reisen. Der Tisch schmiegt sich direkt an den Sanitärraum. Mit 46 Zentimeter Breite und 70 Zentimeter Länge ist er nicht der Größte, lässt sich aber noch mittels einer drehbaren Zusatzplatte auf rund 1,15 Meter verlängern. Das funktioniert allerdings nur bei zuvor gedrehten Fahrerhaussitzen. Dabei macht sich einmal mehr das schmale Sprinter-Fahrerhaus negativ bemerkbar. Während des Drehvorgangs muss man mehrmals den Sitz vor- und zurückschieben, um an B-Säule, Türverkleidung und Lenkrad vorbeizukommen und in einer bequemen Endposition zu landen. Ist alles umgebaut, können zwei Personen passabel am Tisch sitzen, zumal dieser auch in der Höhe verstellbar ist. Übermäßig komfortabel ist es insgesamt allerdings nicht, und wenn man etwas aus der Küche braucht, muss man sich gelenkig um den Tisch falten. Gut ist dabei, dass der Nachschub an Kaltgetränken aus dem Kühlschrank vom Beifahrersitz aus direkt klappt.
Schon ein gewisses Sicherheitsmanko stellt die Faltverdunklung an den Fahrertürscheiben dar. Sie ist zwar funktionell, klapperfrei und trägt auch nicht ganz so dick auf wie andere Modelle für den Sprinter. Dennoch verdeckt der Mittelsteg – je nach Fahrergröße und Sitzposition – den Außenspiegel ganz oder teilweise. Nach einiger Zeit gewöhnt man sich daran und bewegt den Oberkörper automatisch nach vorne beim Blick in den Rückspiegel, aber optimal ist das nicht.
In Sachen Zuladung gibt es dagegen nichts zu meckern. Im Gegenteil: Frankia verwendet ein Leichtbaumaterial namens Lisocore für den Innenausbau. Das zeigt sich beim Blick auf die Waage. 2910 Kilogramm mit vollen Tanks sind ein guter Wert. Rechnet man jetzt noch Markise, Solar, TV und Fahrradträger als Optionen dazu, bleiben immer noch weit über 400 Kilogramm Zuladung übrig. Die Zwei-Personen-Besatzung muss sich also kaum zurückhalten beim Beladen der zahlreichen Stauräume und kann komfortabel gefedert auf die Reise gehen.
Frankia Yucon 6.0 im Überblick
Gurte/Schlafplätze: 2/2Zul. Gesamtgewicht: 3500 kgLänge/Breite/Höhe: 5,93/2,02/2,74 mGrundpreis ab: 69.900 EuroTestwagenpreis: 92.400 Euro