Wo sich Rost ansetzt und wie Sie ihn vermeiden
Schutz vor Korrision ist heutzutage kein Thema mehr, meinen Sie? Wer in die verborgenen Winkel seines Kastenwagens oder Reisemobils hineinlinst, sieht schnell, dass er nichts sieht – außer Handlungsbedarf. promobil zeigt, wo sich Rost ansetzt.
Ja, früher, da rosteten die Autos uns innerhalb weniger Jahre unterm Hintern weg. Doch da war das Blech dünn, von minderer Qualität, unverzinkt und bar jeden Hohlraumwachses. Heute geben Hersteller lange Garantien auf Durchrostung von innen nach außen, mindestens acht Jahre sind es bei den Kastenwagen. Die Kundschaft wähnt sich in Sicherheit, schließlich hat man ja einen Neuwagen gekauft und keinen Oldtimer. Doch der Teufel liegt im Detail. Ohne von der jeweiligen Vertragswerkstatt lückenlos ausgefülltes Kundendienstscheckheft geht bei Reklamationen in den meisten Fällen nichts. Bei einem in die Jahre gekommenen Gebrauchtfahrzeug wird’s da schnell eng.
Und dann ist da noch die Sache mit der Formulierung: Eine "Durchrostung" setzt tatsächliche Löcher im Blech voraus – also den Schadensfall, bei dem der TÜV nicht nur die Nase rümpft, sondern gleich ungemütlich wird. Problematisch auch der Zusatz "von innen nach außen". "Oft frisst sich die Korrosion von außen nach innen durch", sagt Ralf Rößler, Chef der Rostschutzklinik in Freiberg am Neckar, wo er sich mit vier Mitarbeitern um die Instandsetzung, -haltung und Konservierung von Fahrzeugblech kümmert – ganz gleich, ob das erst gestern oder schon vor einem halben Jahrhundert vom Band gerollt ist.
Bei ihm konnten wir uns davon überzeugen, dass auch ein frisch unterzeichneter Wohnmobilkaufvertrag nicht von der Rostvorsorge entbindet. Genauer unter die Lupe genommen haben wir auf Rößlers Hebebühne einen fabrikneuen Fiat Ducato. Rößler versichert, dass die Modellwahl Zufall ist, die gängigen Transporter aller anderen Hersteller seien in gleichem Maße betroffen, der Handlungsbedarf mehr oder weniger überall gleich. Dem Mann wird gern vorgeworfen, er schüre die Rostpanik, weil er gut daran verdient. Genaue Blicke in die verborgenen Winkel des Ducato aber unterstreichen seine Warnungen.
Wo Wohnmobile besonders oft rosten
Wie die anderen Hersteller verwendet auch Fiat im Tauchbad galvanisch verzinktes Blech zum Bau seiner Busse, die Stärke der Zinkschicht liegt im einstelligen Mü-Bereich. Die fertige Karosserie wird nicht als Ganzes verzinkt, sondern die einzelnen Bleche werden erst nach der Verzinkung zugeschnitten und zu einer Karosserie verschweißt. An Schnittkanten und Bohrungen liegt das Blech dann wieder blank. Obendrein verbrennt die hauchdünne Zinkschicht rund um die Schweißpunkte, und auch die Grundierung bzw. Lackierung der Karosse im Tauchbad bringt sie nicht zurück. Bei Reisemobilen kommt die Nachbearbeitung des Basisfahrzeugs hinzu, bei der Schnittkanten oder Bohrungen im Blech manchmal unbehandelt und damit ungeschützt bleiben.
Auch Bohrspäne werden bisweilen in Hohlräumen zurückgelassen. Abhilfe würde eine Versiegelung mit Fett oder Wachs schaffen, doch in welche Hohlräume wir beim Ducato auch unsere Finger stecken oder mit der Endoskopkamera hineinpeilen: keinerlei Spuren weit und breit.
Der größte Feind des Blechs ist in erster Linie nicht von außen einlaufendes Regenwasser. Gefährlicher ist Kondenswasser, das sich bei Temperaturschwankungen in den Hohlräumen von Schwellern, Sicken und Radläufen bildet und sich mit Schmutz und Salz – unabhängig ob vom nahegelegenen Meer oder vom Streusalz im Winter – zu einer blechfressenden Melange kombiniert. Dazu kommen Eintrittspforten im Spritzwasserbereich der Vorderräder: Öffnungen, die dem Ein- und Ablaufen des Lacks bei der Tauchbadlackierung dienen, zum Teil aber nicht durch geeignete Stopfen verschlossen werden. An neuralgischen Punkten sind zwar Ablauföffnungen vorgesehen. Die aber sind mitunter so ungünstig platziert, dass das Wasser auf einigen Zentimetern Länge im Blech stehen bleibt.
Beschleunigt wird die braune Pest auch durch die übliche Polyurethanschicht an Karosserienahtstellen und als Steinschlagschutz am Unterboden. Durch Kapillarwirkung zieht das Wasser zwischen Beschichtung und Blech und trocknet dort kaum mehr ab. Noch größer wird die Diskrepanz zwischen "gut gemeint" und "gut gemacht", wenn zur Geräuschdämmung Schäume in die Hohlräume eingebracht werden. Wie ein Schwamm saugen sich die voll und machen diesen Sektor in der Folge zur immerwährenden Nasszelle.
Auch Leiterrahmen bleiben vom Rost nicht immer verschont, selbst wenn sie – wie zum Beispiel der Alko-Tiefrahmen mit seinen verzinkten C-Profilen – keinerlei Hohlräume aufweisen. Hier kann sich zwischen Rahmenverlängerungen und Serienrahmen Kontaktkorrosion bilden, wenn unterschiedliche Metalle wie beispielsweise Zink und Stahl aufeinandertreffen.
Die Folgen von all dem sind bisweilen schon nach wenigen Monaten zu besichtigen, nach einem halben Jahrzehnt können sie in einzelnen Fällen schon zu TÜV-relevanten Verheerungen geführt haben. Dabei hängt das Ausmaß der Korrosion immer auch von der Nutzung des Fahrzeugs ab. Winterurlauber und Meeresliebhaber setzen ihre Fahrzeuge aufgrund der größeren Salzdisposition immer auch einem größeren Risiko aus.
So geht die Rostschutzklinik gegen den Rost vor
Was also ist zu tun? In seiner Rostschutzklinik geht Rößler bei gebrauchten Mobilen folgendermaßen vor: Fahrzeugunterboden und Fahrwerksteile werden mit Trockeneis – gefrorenem CO2 – gestrahlt, das Kunststoff, Gummi und Leitungen nicht angreift. So entfernt er sämtlichen Schmutz und legt den Blick auf den ungeschminkten Status quo des Blechs frei. Sind schon Rostschäden vorhanden, werden sie vom Karosseriebauer des Teams kunstgerecht instand gesetzt. Bei Schadensfreiheit, nach Reparatur oder bei Neufahrzeugen werden die Hohlräume mit Dinol-Wachsen per Hohlraumsonde versiegelt, auch auf Unterboden und exponierte Fahrwerksteile wird eine Wachsschicht aufgesprüht. Acht bis zwölf Liter Wachs verschwinden so in und an den Blechen. Bei Gebrauchtfahrzeugen kostet das 2500 Euro, Neufahrzeuge schlagen mit 1600 Euro zu Buche.
Ohne mechanische Beeinträchtigungen sind die elastischen Wachsschichten langlebig. Um aber auf Nummer sicher zu gehen, bietet Rößler jedem Kunden eine jährliche, kostenfreie Überprüfung, bei der bei Bedarf nachgebessert werden kann. "Unser ältester Dauerkunde ist seit 17 Jahren bei uns", strahlt er. "Sein Knaus auf Ducato-Basis ist bis heute vom Rost verschont."
Wo er die Hohlraumsonde ansetzen muss, verraten Rößler die Pläne der Firma Dinol. Seit über 70 Jahren in der Rostverhinderung tätig, erwirbt sie von den Herstellern Hohlraumpläne, auf denen die neuralgischen Punkte samt Zugangswegen verzeichnet sind, und liefert Produkte zur Behandlung der geschätzten Blechgefährten. So lassen sich die braunen Schmuddelecken auch in den entlegensten Winkeln dauerhaft vermeiden.