Solartankstellen für Elektroautos

Solartankstellen scheinen für Elektroautos auf den ersten Blick der ideale Partner zu sein. In Wahrheit finden Sonnenenergie und E-Mobile jedoch nur über Umwege zueinander.
Der Traum von emissionsfreier Mobilität: „Solarstrom ist das Super bleifrei von morgen“, meint Frank Alsbeck. Er ist das, was man einen Berufsoptimisten nennt. Kein Wunder, leitet er mit Solarworld doch eines der größten Fotovoltaik-Unternehmen der Welt, das neben Anlagen fürs Haus auch Carports anbietet, deren Dach aus Sonnenkollektoren besteht. Die Idee dahinter leuchtet ein: Elektrofahrzeugen oder Plug-in-Hybriden wie dem ab 2012 verkauften Toyota Prius spendet die Überdachung Schatten und lädt gleichzeitig deren Batterie. Schließlich macht erst Energie aus regenerativen Quellen Elektroautos umweltfreundlich, denn Deutschlands Strommix mit hohem Kohle-Anteil verhagelt E-Mobilen derzeit die CO2-Bilanz gründlich.
Solarpläne für Elektroautos sind oft unrealistisch
Noch ambitionierter klingt die Absicht des britisch-amerikanischen Unternehmens Evoasis, in Metropolen wie London ausgediente Tankstellen in Elektro-Zapfanlagen umzuwandeln. Solarzellen auf dem Dach sollen Strom für bis zu zwölf Elektroautos erzeugen. Die Wartezeit von angeblich 20 Minuten kann dabei bei einer Tasse Kaffee in der zugehörigen Lounge verbracht werden. Doch wie realistisch sind solche Pläne?
Der Blick auf die Technik ernüchtert: Eine Solarzelle mit der Fläche von einem Quadratmeter erzeugt angesichts der Sonneneinstrahlung in Mitteleuropa rund 100 kWh pro Jahr, am Tag also 0,27 kWh. Damit kommen Elektroautos wie der Mitsubishi i-MiEV schlanke 1,5 Kilometer weit. Für 30 Kilometer Strecke bedarf es 20 Quadratmeter großer Solarpanels. Um die versprochenen zwölf Elektroautos komplett zu laden, wären es (bei 16-kWh-Akkus) schon über 700 Quadratmeter – und die Autos müssten von Sonnenaufgang bis zur Dämmerung stehen. Da wird’s auch in der schicksten Café-Lounge langweilig. Für eine 20-minütige Ladezeit sind Kollektoren der Größe von vier Fußballfeldern nötig. Die paar Solarzellen auf dem Dach des Evoasis-Entwurfes können daher getrost als Öko-Feigenblatt gewertet werden, denn der eigentliche Saft muss aus Kraftwerken stammen.
Solardächer von Elektroautos liefern nicht genügend Strom
Ähnlich bescheiden fällt die Bilanz von Solardächern aus, wie sie an vielen Elektroauto-Studien zu finden sind. Angesichts der minimalen Fläche reichen die Fotovoltaik-Mützchen im besten Falle aus, um die Selbstentladung der Batterie zu bremsen oder die Lüftung im Stand zu betätigen. An trüben Tagen wird sogar Radiohören unmöglich, vom Betrieb einer Klimaanlage mit mehreren kW ganz zu schweigen. Fotovoltaik scheidet in unseren Breitengraden als direkte Ladequelle daher aus, zumal die bisherigen Rechnungen auf Jahresdurchschnittswerten mit viel Sonne im Sommer basieren. An einem bewölkten Wintertag generieren die Module jedoch nur ein Zwanzigstel ihrer Maximalleistung.
Wer nachts laden muss, weil er tagsüber fährt oder das Auto am Arbeitsplatz steht, hat ebenfalls nichts von der Sonnenenergie, außer sie wird über teure Akkus gepuffert. Zu allem Überfluss kostet der eingangs beschriebene Solarworld Carport mit 10.000 Euro plus Montage rund das Zehnfache einer konventionellen Variante – angesichts der ohnehin schon hohen Investition in ein Elektroauto eine weitere schmerzliche Ausgabe.
Fotovoltaik verbessert CO2-Bilanz von Elektroautos
Aber Fotovoltaik als Energiespender für Elektroautos ganz abzuschreiben wäre auch falsch. Um die durchschnittliche Jahresfahrleistung in Deutschland von 12.000 Kilometern rein elektrisch zurückzulegen, reicht die Ausbeute der 16 Quadratmeter großen Zellen auf dem Carport nämlich aus. Die liefern den Saft zwar nicht dann, wenn er zum Laden benötigt wird, können die CO2-Bilanz des Elektromobils jedoch indirekt verbessern, indem sie ihren Strom ins Netz einspeisen.
Die hohen Investitionen kommen dabei über die noch üppigen Solar-Subventionen wieder rein, und die Kollektoren verschandeln als Carport-Dach keine zusätzlichen Flächen. Zum Super bleifrei von morgen wird Solarstrom damit zwar nicht, als Additiv zur Emissionseinsparung leistet er dennoch seinen Beitrag.
Wie funktioniert eigentlich eine Photovoltaik-Zelle?
Eine Solarzelle besteht im Wesentlichen aus zwei unterschiedlich dicken Halbleiter-Schichten, die über chemische Verfahren mit einem positiven beziehungsweise negativen Ladungsträger-Überschuss versehen werden. Am Positiv-Negativ-Übergang kommt es unter Sonneneinstrahlung zu einer Freisetzung von Ladungsträgern und somit Ladungstrennung, die als elektrische Spannung über Metallkontakte abgegriffen werden kann.
Als Halbleitermaterial wird fast ausschließlich das in nahezu unbegrenzten Mengen auf der Erde vorkommende Silizium verwendet. Einzelne Fotovoltaik-Zellen sind meist 10 x 10 Zentimeter groß und erzeugen eine Spannung von rund 0,5 Volt, weswegen sie zu Modulen unterschiedlicher Größe zusammengeschaltet werden.