Was fährt Jean-Marc Gales?
Der Lotus-Geschäftsführer schraubte früher gern selbst mit Papa an Autos und fährt heute fast täglich einen Prototyp. Für sich kauft er lieber Gebraucht- als Neuwagen.
Wie sieht Ihre Privatsammlung aus?
Für die Familie fahre ich einen Mercedes E 420 CDI, 2009er Baujahr. Ich habe mir das Auto nach einem Test in Ihrer Zeitschrift gebraucht zugelegt. Mit 730 Nm weiß man, was man hat. Als weiteren Wagen besitze ich ein gebrauchtes W124 Cabrio, einen 300er, Baujahr 1991. Den nehme ich aber nur bei schönem Wetter. Was die Leute überraschen wird: Ich habe noch einen Porsche 911 Turbo 997, den ich mir vor sechs Jahren gekauft habe, als ich noch in Brüssel arbeitete, aber seit drei Jahren nicht mehr gefahren bin. Das Auto war damals fünf Jahre alt. Der Porsche ist leicht getunt auf 550 PS.
Mögen Sie Tuning?
Ich würde sagen, Individualisierung ist schon mein Fall. Unsere Kunden bei Lotus gehen auch immer stärker in diese Richtung. Der Porsche hat Carbonbremsen, ist außen schwarz und innen vollständig mit beigem Leder ausgestattet.
Warum immer ein Gebrauchtwagen?
Es ist ein bisschen ökonomisches Denken, weil einige dieser Autos als Neuwagen in den ersten Jahren schon einen deutlichen Wertverlust haben. Nach zehn Jahren legt ihr Wert dann wieder zu. Das ist auch ein wenig das Ziel, welches ich mit Lotus verfolge: Dass die Autos zu Klassikern werden. Meine Autos machen Spaß, sie sind Klassiker, die Wertentwicklung ist positiv: Was will man mehr? Es gibt keinen Grund, sie zu verkaufen, obwohl ich sie selten bewege. Unter der Woche dreht sich alles um Lotus.
Mit was fahren Sie denn zur Arbeit?
Meine Ingenieure arbeiten an vielen Projekten. Ich fahre jeden Abend eine Weiterentwicklung, einen Lotus Prototyp. Das kann eine Änderung am Getriebe sein, oder an der Aerodynamik, oder an der Federung und Dämpfung. Wenn es das Wetter erlaubt, drehe ich abends ein paar Runden auf unserer Rennstrecke, bevor ich heimfahre. Wenn ich daheim bin, gebe ich meinen Ingenieuren am späten Abend noch Feedback. Auf den schmalen, kurvenreichen und unebenen englischen Landstraßen kann man am besten beurteilen, ob ein Auto gut abgestimmt ist, wann es untersteuert, und wann es übersteuert.
Tragen die Prototypen eine Tarnfolie.
Manchmal schon, wenn es um Änderungen an der Karosserie geht. Wenn es nur das Fahrwerk betrifft, dann nicht. Spät abends fallen die Autos mit Tarnfolie gar nicht so richtig auf. Es gibt nur sehr wenige Fotos mit einem Lotus in Tarnfolie.
Was war Ihr erstes Auto?
Das war ein Fiat 127 von meinem Vater mit 903 cm³ Hubraum und 47 PS. Er hatte schon 70.000 Kilometer drauf und ich bin ihn bis 110.000 Kilometer gefahren. Ich war ständig mit dem Auto im roten Bereich. Das einzige was mich gestört hat, war, dass das Auto keinen Drehzahlmesser hatte. Aber ich wusste genau, wann ich im roten Bereich war. Weil ich gespürt habe, wann ich in welchem Gang bei welcher Geschwindigkeit über 6.500/min kam. Da wusste man, wann man besser überholt und wann nicht. Wir hatten zuhause immer zwei bis drei Autos und haben zusammen nach der Schule an ihnen geschraubt.
Schrauben Sie gern?
Ich hatte Ende der 1990er, Anfang der 2000er einige englische Autos. An denen war immer etwas kaputt. Deshalb liebt man sie aber. Ich hatte zwei Jaguar XJ-S, einen mit Sechszylinder, einen mit Zwölfzylinder. Sie haben sehr viel Liebe und Zuneigung gebraucht. Heute fehlt mir die Zeit, selbst zu schrauben. Sobald wir bei Lotus wieder in ruhigem Fahrwasser sind, werde ich das wieder tun mit einem Lotus.
Ihr erster Kontakt mit Lotus?
Mein Vater hat mich 1974 mitgenommen in einen Lotus-Showroom. Die Elite hat mich so tief beeindruckt mit Vierzylinder, 160 PS und Doppelnockenwelle von Lotus gebaut. Es war ein sehr leichtes Auto, trotzdem aber sehr sicher. 1.112 Kilogramm und Platz für vier Personen, plus eine schöne Form. Das Auto war seiner Zeit eigentlich um 30 Jahre voraus. Heute gibt es genau dieselben Themen wieder: Downsizing, kleinere Motoren, Effizienz und Sicherheit. Ich hatte mir damals den Katalog mitgenommen und diesen besitze ich noch heute. Damals hat meine Begeisterung für Lotus angefangen. Es hat dazu geführt, dass ich Maschinenbauingenieur geworden bin.
Und was suchen Sie aktuell?
Ich suche einen Lotus Excel. Das ist zwar nicht der beliebteste Lotus, aber ich mag ihn sehr. Weil er zuverlässig ist, und aus meiner Sicht eine schöne Form hat. Ich habe schon ein paar Exemplare im Auge. Wenn ich keinen Lotus-Prototypen abends kriege, würde ich im Excel zur Arbeit kommen.
Sie sind auch gerne Beifahrer.
Ich bin ein schlechter Beifahrer. Nur wenn ich müde bin. Dann lasse ich mich fahren. Weil es sonst gefährlich wird. Ich fahre gern selbst, achte auf jedes Geräusch. Zum Glück habe ich ein gutes Gehör und nehme jedes Knirschen wahr. Eigentlich gebe ich das Steuer nur auf der Rennstrecke gerne ab. Da werden einem die Unterschiede zwischen einem guten Fahrer und einem Profi vor Augen geführt. Das schnellste Erlebnis hatte ich in Hockenheim mit Bernd Schneider in einem DTM-Mercedes. Er hat mir später gesagt, dass er zu 99 Prozent Gas gegeben hat.
Ihre Lieblingsroute?
Meine persönliche Lieblingsstrecke liegt zwischen Monaco und Genua und führt am See entlang. Da kann man praktisch alle fünf Kilometer anhalten und einen sehr guten Cappuccino genießen. Das an einem sonnigen Tag in einem Sportwagen: Es gibt nicht viel, was das schlagen kann.