Idyllisch unterwegs zwischen Seen und Meer

Ein Märchenschloss, ein Radweg um den viertgrößten See Deutschlands, eine lebendige Hansestadt an der Ostsee und eine Insel, auf der die Ruhe zu Hause ist – eine abwechslungsreiche Reisemobil-Tour durch den Westen Mecklenburg-Vorpommerns.
Wow, was für ein Schloss: 15 Türme, 24 Schornsteine, eine gewaltige Kuppel und mindestens 100 Spitzen, die zum Teil golden in der Sonne glänzen. Das Märchenschloss von Mecklenburg liegt auf der Schlossinsel im Schweriner See, nur einen Steinwurf von der Altstadt Schwerins entfernt. Es ist mit Sicherheit das schönste Parlamentsgebäude Deutschlands und der Sitz des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern. Jetzt sind wir schon zum dritten Mal mit dem Fahrrad vom Stellplatz hierher geradelt – und können immer noch nicht genug kriegen. Im barocken Schlossgarten und im Park grünt und blüht und duftet es, dass es eine Freude ist.
Eine mindestens genauso große Freude macht uns der Eisstand direkt neben dem Schloss, in dem es, das behaupten wir mal, das beste Softeis der Stadt gibt. Wir nehmen Vanille mit Schoko-Überzug – beim Essen fällt unser Blick auf ein Schild, auf dem "die Blaue Acht" beschrieben wird, eine Radtour rund um den Schweriner See, die man tatsächlich in Form einer Acht fahren kann. Eine schöne Idee, auch ein bisschen verwegen, wenn man, wie wir, erst um die Mittagszeit herum startet. Aber Softeis macht übermütig. Also los.
Mit dem Fahrrad um den Schweriner See
Dazu muss man wissen, dass der Schweriner See eine ziemliche Wuchtbrumme ist, der viertgrößte See Deutschlands. Der erste Teil der Strecke führt durch den Schlosspark und auf Radwegen direkt am Ufer entlang – das Schweriner Schloss stets im Blick. Dann geht’s mal durch lichtgrünen, ungemein duftenden Wald, über verwunschene Bäche und immer wieder auch weite Strecken direkt am See entlang. Mal kann man auf geteerten Radwegen sausen, mal fährt man über hoppelige, teils sandige Wege hochkonzentriert. Verhungern oder verdursten muss man unterwegs nicht. Selten lauschiger gesessen beim Eiskaffee als am Seeufer mit Blick auf den kleinen Yachthafen am Paulsdamm, der den Schweriner Innen- vom Außensee trennt.
Und ganz oben am See, bei Hohen Viecheln, entdecken wir direkt am Ufer eine Wiese zwischen zwei Häusern, die ganz und gar lila überwachsen ist von unzähligen Orchideen, Knabenkraut. Kurz darauf geht’s knackige 25 Prozent bergauf, aber nur kurz. Durch zwei Campingplätze führt der Radweg. Es wird schon langsam dunkel, als wir wieder auf dem Stellplatz bei Schwerin ankommen, unsere "Blaue Acht" hat richtig Spaß gemacht und summiert sich am Ende auf flotte 76 Kilometer.
Unterwegs in der Hansestadt Wismar
Wir hatten uns vorgenommen, bei dieser Reisemobil-Tour die Landeshauptstadt Mecklenburg-Vorpommerns und den dazugehörigen See mit einem Abstecher ans Meer zu kombinieren. Ist ja alles nah beieinander. Gut 30 Kilometer weiter nördlich liegt Wismar, die alte Hansestadt an der Ostsee. Der Stellplatz ist ziemlich zentral in der Nähe der Häfen – und das erste Fischbrötchen schnell auf der Hand. Vor uns der Alte Hafen mit dem ehemaligen Zollhaus und seinem beeindruckenden Treppengiebel, vertäute Fischerboote, ein Ausflugsschiff legt gerade ab. Über uns der weite, knallblaue norddeutsche Himmel mit dreidimensional hingetupften Wolken, vom Wind flott weggeschoben. Der Fischverkäufer warnt vor seinem Kutter eindringlich mit diesem Schild: "Bitte keine Möwen füttern! Sie werden zu Piranhas! Piranhas fressen Menschen. Schlagt zurück, esst mehr Fisch!" O.k., wir sind dabei.
Hinter uns die wunderschöne Altstadt, die wir durch das mehr als 500 Jahre alte Wassertor in der ehemaligen Stadtmauer betreten. Der passende Zugang zum Weltkulturerbe: schmale Häuschen, prächtige alte Bürgerhäuser, Backsteingotik aus der Blütezeit der Hanse, auch die Kirchen sind aus dem roten Backstein.
Alter Schwede! Ein norddeutscher Ausruf des Erstaunens oder Anerkennens passt hier in der Tat auf das älteste gotische Giebelhaus gleichen Namens auf dem Marktplatz: dunkler Stein, durchbrochener Schmuckgiebel, groß, hoch, einfach schön. Es beherbergt heute ein Restaurant. Auf der anderen Seite das helle, altehrwürdige klassizistische Rathaus, am Rande des Marktplatzes steht das Wahrzeichen von Wismar, die sogenannte Wasserkunst von etwa 1600: ein Zwölfeckbau in zarter Steinarbeit mit kupferner Haube. Sie sicherte die Wasserversorgung der Bevölkerung mit frischem Quellwasser.
Das Schöne an der Ostseeküste ist ja, dass es auch nah beieinander ganz unterschiedliche Temperamente gibt. Auf der Insel Poel zum Beispiel ist es dann gar nicht mehr trubelig. In Ruhe radeln, meist auf Radwegen, oder den tollen weißen Strand genießen, im Strandkorb oder auf Strandspaziergängen, dafür ist es genau richtig hier. In Boltenhagen, nur ein paar Kilometer weiter, dann wieder ganz anders: Dort erleben wir am Abend ein tolles Rockkonzert und tagsüber am Strand viel Trubel. Und wieder eine halbe Stunde mit dem Rad – schon ist man im Klützer Winkel, in dem die Ruhe zu Hause ist. Der Wechsel ist das Schönste – und irgendwo findet man immer ein gemütliches Café, wie wir im Schloss Bothmer, oder zumindest einen Bäcker, bei dem man Kuchen mitnehmen kann – für den Kaffee im Mobil. Was will man mehr?
Mit der Weißen Flotte über den Schweriner See
Seit vor über 160 Jahren die ersten Ausflugsschiffe hier ihre Anker lichteten, gehören Schiffsrundfahrten auf dem Schweriner See zu den Highlights eines Besuchs der Landeshauptstadt. Von April bis Oktober fahren die in Weiß gestrichenen Ausflugsdampfer die schönsten Ziele an, etwa die villengesäumte Strandpromenade in Zippendorf, die Naturschutzinsel Kaninchenwerder oder den Heide- und Ziegelsee.
Für die klassische Rundfahrt sollten etwa eineinhalb Stunden eingeplant werden. Die Schiffe sind klimatisiert, und es gibt natürlich Speisen und Getränke an Bord. Man kann auch einen romantischen Dämmertörn oder abendliche Bordpartys buchen. Besonders schön anzusehen ist die Ausfahrt der bunt geschmückten Flotte zur traditionellen Saisoneröffnung am letzten Wochenende im April.
Ostseeküsten-Radweg
Stolze Hansestädte, beeindruckende Steilküsten, breite Strände und wildromantische Halbinseln – die Schönheit Mecklenburg-Vorpommerns lässt sich prima während einer mehrtägigen Tour auf dem Ostseeküsten-Radweg erleben. Die knapp 700 km lange Strecke kann bequem in etwa 15 Tagesetappen bewältigt werden. Zu den Sehenswürdigkeiten unterwegs gehören unter anderem die Welterbestädte Wismar und Stralsund, die Rügener Kreidefelsen und die Usedomer Bäderarchitektur. Der Radweg verläuft überwiegend auf ruhigen Landstraßen sowie auf ebenen Wald- und Feldwegen.
Die Steilküste und Klützer Winkel
Liebliches Hügelland und weite Felder, jahrhundertealte Alleen und ehrwürdige Gutshäuser – die Region zwischen den Hansestädten Wismar und Lübeck nördlich von Grevesmühlen ist äußerst abwechslungsreich. Gut ausgebaute Rad- und Wanderwege entlang der bisweilen spektakulär abfallenden Steilküste eröffnen immer wieder tolle Ausblicke über die Ostsee.
Im sogenannten Klützer Winkel lohnen sich neben der Besichtigung der Ortschaft Klütz mit dem Schloss Bothmer auch ein Besuch des Steinzeitdorfs Kussow sowie die Fahrt mit der Schmalspurbahn "De Lütt Kaffeebrenner".
Die Region im Überblick
Bunte Seebäder und stolze Hansestädte, schöne Strände und Steilküsten, dazu großartige Schloss- und Gartenanlagen – der Westen Mecklenburg-Vorpommerns ist eine Reise mit dem Wohnmobil wert.
Klütz Größte Attraktion dieses 3100-Einwohner-Orts ist das mehrflügelige Schloss Bothmer, die größte erhaltene Barockanlage Mecklenburg-Vorpommerns, mitsamt seinen üppigen Gärten. Weitere Sehenswürdigkeiten des wirtschaftlichen und kulturellen Mittelpunkts dieser Region sind etwa das Literaturhaus "Uwe Johnson", die St. Marienkirche und die Klützer Mühle.
BoltenhagenIn diesem an der Boltenhagenbucht liegenden Ostseebad leben knapp 2500 Menschen. Kinderfreundliche, flach abfallende Sandstrände und das gesunde Seeklima machen den kleinen Ort zu einem idealen Ziel für Familien und Erholungssuchende. Abwechslung bieten zum Beispiel Wanderungen zur nahegelegenen Steilküste.
Insel Poel Die in der Wismarer Bucht gelegene Insel Poel (etwa 2500 Einwohner) ist mit einer Fläche von rund 36 Quadratkilometern die siebtgrößte Insel Deutschlands. Mit kilometerlangen Sandstränden und einem breiten Wassersportangebot ist Poel ein äußerst familienfreundliches Urlaubsziel. Ausflugstouren werden zum Beispiel zur vorgelagerten Vogelschutzinsel Langenwerder angeboten.
Wismar Die 42.500-Einwohner-Hansestadt liegt am südlichen Ende der Wismarer Bucht. Die historische Altstadt ist Teil des Unesco-Weltkulturerbes und ein beeindruckendes Beispiel mittelalterlicher Backsteingotik. Zu den sehenswertesten Gebäuden gehören die drei gotischen Hauptkirchen und das Rathaus am Marktplatz.
Bad Kleinen/Hohen Viecheln In dieser Region am Nordufer des Schweriner Sees leben rund 13.700 Menschen, 650 davon in der Gemeinde Hohen Viecheln. Das beeindruckendste Bauwerk des Orts ist die Dorfkirche, eine gotische Hallenkirche aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts.
Schwerin Die am Südwestufer des Schweriner Sees gelegene mecklenburgische Landeshauptstadt ist mit knapp 96.000 Einwohnern nach Rostock die zweitgrößte Stadt des Bundeslands. Wahrzeichen der Stadt ist das Schweriner Schloss, ein romantischer Prachtbau, in dem auch der Landtag seinen Sitz hat.