Wohnmobil-Tour Appenzellerland
Ein wenig langsamer gehen die Uhren im Appenzellerland: Hier pflegt man sehr liebevoll uralte Traditionen und macht sie für Urlauber erlebbar. Die Region verführt mit stillen Almen, sanften Hügellandschaften und heimeligen Städtchen.
Von wegen „frisst den Käs mitsamt dem Teller“: Man biegt von Zürich aus kommend kurz vor St. Gallen von der Autobahn ab und landet in einer gewiss nicht ärmlich wirkenden, reizvollen Landschaft. Im Appenzellerland winden sich kleine, feine Sträßlein um vorwitzig in die satt-grüne Landschaft gestreute Almhügel. Obstbaum- und Tannengruppen schmiegen sich in versteckte Talsohlen. Und die Gehöfte liegen auf sonnigen Wiesenalmen.Das sieht schon fast unecht schön aus, und wer da so mit dem Reisemobil entlangzuckelt und die Aussichten genießt, möchte sofort anhalten, aussteigen, wandern oder mit dem Rad über Land fahren. Die Menschen hier haben aber für Urlauber noch ganz andere Attraktionen ersonnen – im Angesicht dieser Wiesen-Almen-Hügel-Idylle kann man sie sich plötzlich richtig gut vorstellen: In einen Holzzuber mit frischer Molke steigen und ihre wohltuende Wirkung am ganzen Leib spüren. Einem Bauern beim Grasmähen helfen und dabei die Sonne genießen, ohne schweres Gerät natürlich.
Ausnahmsweise mal das eigene Mobil sich selbst überlassen, um romantisch im Heu zu schlafen. Oder, die Steigerungsform von alldem: eine Kuh mieten, sie melken, sehen, wie Käse aus ihrer Milch gemacht wird. Die Touristiker haben sich hier für Familien und für Natururlauber wirklich was ausgedacht. Wohl dem, dessen „ Vater ein Appenzeller“ ist.
Appenzells schmuckes Zentrum
Ein bunt bemaltes Haus reiht sich in der Hauptgasse Appenzells ans andere, und man kommt aus dem Schauen und Staunen gar nicht mehr heraus. Blumenmuster ranken über grüne Fensterläden, fantasievolle Ornamente wachsen an liebevoll ausgestalteten Fassaden empor, Wappen sitzen unterm Giebel fest, und Geranienkästen mit üppig wallenden Blütenständen kontrastieren mit weiß getünchten und dunklen Holzfassaden. Und nicht nur feiertags ist hier die Schweizer Flagge gehisst.
Das Dorf Appenzell, rund 7.000 Einwohner groß, eingebettet in eine idyllische Hügellandschaft im Osten der Schweiz, ist der Hauptort des kleinsten Schweizer Kantons Appenzell-Innerrhoden; zusammen mit seinem Nachbarn Appenzell-Ausserrhoden bildet er das Appenzellerland.
Man kann in Appenzells autofreiem Zentrum bummeln und regionale Spezialitäten und Souvenirs erstehen, sofern man sich vom Franken-Kurs nicht die Kauflaune verderben lässt. Gratis staunt man über die einzigartigen Malereien. Die schönsten stammen von Johannes Hugentobler (1897–1955), so die originellen Heilkräuter an der Löwen-Drogerie im Zentrum. Wer von Farben und Formen noch nicht genug hat, besucht das Kunstmuseum Appenzell und die Kunsthalle Ziegelhütte, wo mehr als 200 Arbeiten der Moderne und über 1.000 Werke von Carl August und Carl Walter Liner gezeigt werden.
Der würzige Appenzeller Käse
Von der Schweizer Käsesorte Nummer eins wird in Deutschland sogar mehr gegessen als zu Hause. Wie der berühmte Appenzeller gemacht wird, kann man in der Gläsernen Produktion in Stein durch bodentiefe Fenster verfolgen. Von der Besuchsgalerie blickt man in den 6.500 Liter großen „Käsekessi“, wo die Milch aufbereitet wird, schaut auf 12.500 Käselaibe, die von einem Roboter gepflegt werden, und bekommt im Käsekino die Herstellung noch einmal vorgeführt. Verkosten und kaufen kann man die Spezialität natürlich auch. 65 Dorfkäsereien in der Region stellen die großen runden Laibe ebenfalls her. Besonderheit: die sogenannte Kräutersulz, mit welcher der Käse regelmäßig eingerieben wird. Das Rezept dafür ist streng geheim, nur ein paar Eingeweihte kennen es. Wer den Appenzeller so richtig schweizerisch genießen möchte, wählt die Fonduemischung: im Keramiktopf erhitzen, aufs Rechaud und Brot hineinstippen – am besten nicht im Mobil, sondern im Freien oder unter der Markise. www.schaukaeserei.ch
Die atemberaubende Berglandschaft
Sonderlich hoch ist der Säntis mit seinen gut 2.501 Metern eigentlich nicht, aber er ist sehr markant, weithin sichtbar und von den Wetterbedingungen her eindeutig hochalpin. Der Hausberg des Alpstein-Gebirges liegt etwa zehn Kilometer südwestlich von Appenzell und ist mit einer Luftseilbahn von der Schwägalp aus erschlossen. Rundherum breitet sich ein landschaftlich einzigartiges und sehr abwechslungsreiches Wander- und Klettergebiet mit ganz unterschiedlichen Touren aus – vom Spaziergang über die anspruchsvolle Bergtour bis hin zur Kletterroute für Könner ist alles darunter.
26 Berggasthäuser in teilweise atemraubender Aussichtslage sorgen dafür, dass niemand schweren Proviant durchs Gebirge schleppen muss. Und insgesamt sechs Luftseilbahnen ermöglichen Wanderungen in der Höhe ohne große Aufstiege – Richard Wagner erreichte als früher Tourist die Gipfelhütte um 1850 noch zu Fuß. Besonders schön sind Touren, die zu einem der drei Bergseen führen. Auf dem Weg zum Seealpsee etwa kommt man an einem rauschenden Wasserfall vorbei – am Ufer lädt dann ein sehr lauschig gelegener Berggasthof zur Einkehr ein. Beeindruckend ist auch eine Tour über den Lisengrat, tolle Aussichten auf die sieben Churfirsten inklusive. www.alpstein.ch
Die lebendige Tradition
Oft ist es noch mitten in der Nacht, wenn die Ziegen, Kühe und die Senner in Tracht im Mai zur Alm aufbrechen. Diese sogenannte Alpfahrt ist für viele Bauern im sehr traditionellen Appenzellerland ein Festtag genauso wie der Almabtrieb im Spätsommer und die kantonale Viehschau im Herbst. In der Region können Touristen viele alte Bräuche und Kunsthandwerke entdecken.
Im Appenzeller Volkskunde-Museum in Stein, neben der Schaukäserei, erleben Besucher die Kultur anschaulich. Dort gibt es im Sommer täglich Vorführungen im Weben und Sticken. Noch authentischer und spannender ist das Erlebnis aber natürlich, bei Goldschmieden, Sennern, Hackbrettbauern, Bauernmalerei-Künstlern oder Weißküfern direkt vorbeizuschauen. Einige Adressen dazu finden sich unter www.appenzellerland.ch