CX mit sechs Rädern als Sprinter-Vorläufer

In den 1980ern rollte Citroën einen Lieferwagen auf die Straße, der kaum wie einer aussah, aber viel transportieren konnte. Mit dritter Achse, hydropneumatischer Federung und bis zu 200 km/h Spitzentempo war der Citroën CX Loadrunner ein visionäres Transportkonzept. Gebaut für nächtliche Expresszustellungen – lange bevor Amazon und Co. Logistik zur Hochtechnologie machten.
Die Grundlage für diese Sonderversion bildete der Citroën CX Break – ein ohnehin stattlicher Kombi mit legendärem Fahrkomfort. Doch für Verlage, Fernsehsender und Notfalldienste reichte das nicht. Karosseriebauer wie Tissier, Pijpops und Mikes verlängerten das Fahrzeug um rund 70 Zentimeter und setzten eine zusätzliche Hinterachse ein. Das Ergebnis: ein Dreiachser mit sechs Rädern, der wie ein PKW fuhr, aber bis zu 2 Tonnen transportieren konnte.
Die dritte Achse war nicht nur Deko. Sie war voll in die hydropneumatische Federung eingebunden – ein Alleinstellungsmerkmal, das in Sachen Fahrstabilität und Komfort Maßstäbe setzte.
Wenn Hydropneumatik zur Logistiklösung wird
Anders als bei herkömmlichen Nutzfahrzeugen gab es beim CX keine Blattfedern, keine Starrachsen, kein Rappeln. Die Hydropneumatik passte sich automatisch an das Gewicht an – ob leer oder voll beladen mit Zeitungen, Sanitätsmaterial oder Kameraequipment.
Während ein Mercedes T1 (Vorgänger des Sprinter) bei 100 km/h schon laut und nervös wirkte, fegte der CX Loadrunner mit 160–200 km/h über französische Autobahnen. Der Grund: Aerodynamik (cW-Wert 0,37), lange Achsübersetzung, geringes Eigengewicht.
Gebaut für das, was heute Standard ist
Die Hauptabnehmer waren Zeitungsverlage. Vor allem "Le Monde" setzte mehrere Loadrunner ein, um Druckerzeugnisse über Nacht von Paris in alle Landesteile zu liefern – ohne Zwischenstopp, ohne Umladung. Es war ein Vorgriff auf das, was Jahrzehnte später als "Overnight Express" zur Milliardenindustrie wurde.
Ein Fahrer, ein Tankstopp, 600 km Strecke. Das bedeutete: keine Verzögerung, maximale Planbarkeit – in einer Zeit, in der Frachtflugzeuge für nationale Strecken zu teuer waren.
Varianten: Krankenwagen, Filmtransporter, VIP-Shuttles
Die Dreiachser wurden nicht nur für die Presse eingesetzt. Auch Filmteams nutzten sie als Kamerafahrzeuge, Notdienste als hochmobile Krankenwagen. Die technische Flexibilität des Fahrzeugs – Laderaum, Fahrkomfort, Geschwindigkeit – machte ihn zum Allzweckwerkzeug.
Einige Modelle bekamen sogar Glasdächer, elektrische Trennwände oder individuelle Möblierung – inoffizielle Vorläufer heutiger Spezialtransporter oder VIP-Vans.
Früher als Amazon, DHL & UPS
Was damals exotisch wirkte, war in Wahrheit ein gesellschaftlicher Testlauf: Wie schnell muss Information oder Ware transportiert werden, um wirtschaftlich zu sein? Die Antwort kam 20 Jahre später – mit dem Aufstieg von Onlinehandel und Same-Day-Delivery.
Heute befördern allein in Deutschland über 250.000 Transporter täglich Pakete im E-Commerce – doch kaum einer davon erreicht 200 km/h oder gleicht einem PKW im Komfort.
Der Citroën Loadrunner war also nicht nur Transportmittel – er war ein Konzeptversuch für urbane Hochgeschwindigkeit und Direktlogistik.