Trendprodukt E-Zigarette: Wie eine Neuerfindung den Markt aufwirbelt

E-Zigaretten sind gerade dabei, das Rauchen wieder salonfähig zu machen. Immer mehr Menschen greifen zum elektrischen Verdampfer statt zum konventionellen Glimmstängel. Doch die Gesetzeslage und vor allem die Gesundheitsgefahren sind noch unklar.
Die E-Zigarette gehört zu den großen Trends der letzten Jahre. Kaum eine Neuerfindung hat sich so schnell verbreitet und kaum eine hat für so viele Schlagzeilen gesorgt. Vom Nachfolger der konventionellen Zigarette war da zu lesen, vom Tod der Tabakindustrie. Aber wie schon die zahlreichen Steuererhöhungen und Warnhinweise wird die Zigarettenindustrie wohl auch diesen Rivalen überleben, vielleicht sogar daran mitverdienen.
Fakt ist, dass die Zahl der Konsumenten von E-Zigaretten kontinuierlich steigt und damit auch der Umsatz der Hersteller und Händler. Das Geschäft ist lukrativ, denn für den Konsum muss nicht nur die elektronische Zigarette gekauft werden, sondern auch die Liquids als Verbrauchsmaterial.
Umsatz mit E-Zigaretten in Deutschland in den Jahren 2010 bis 2017
Jahr | Umsatz |
2010 | 5 Millionen Euro |
2011 | 100 Millionen Euro |
2012 | 70 Millionen Euro |
2013 | 100 Millionen Euro |
2014 | 200 Millionen Euro |
2015 | 275 Millionen Euro |
2016 | 420 Millionen Euro |
2017 | 600 Millionen Euro |
Quelle: Statista
Eine E-Zigarette ist streng genommen gar keine Zigarette, sondern ein Inhalator. Das Liquid, das in die Zigarette gefüllt wird, verdampft dort nämlich zu einem feinen Nebel und wird dann inhaliert. Die Flüssigkeiten bestehen unter anderem aus Propylenglykol, Wasser, Glyzerin und Ethanol. In 95 Prozent der Liquids ist zudem Nikotin enthalten. Das besondere an den Flüssigkeiten ist, dass es sie in unendlich vielen Geschmacksrichtungen gibt.
Tausend verschiedene Aromen
Die Aromen, mit denen die Liquids versetzt werden, können nach Früchten, Kräutern oder Süßigkeiten schmecken. Der Aromavielfalt sind beinahe keine Grenzen gesetzt. Für jeden ist der passende Geschmack dabei. Und das ist mit ein Grund dafür, warum sich E-Zigaretten so großer Beliebtheit erfreuen. Der süß-aromatische Geschmack hat wenig mit dem konventionellen Glimmstängel zu tun. Es soll sogar Nichtraucher geben, die diesen Geruch als angenehm empfinden.
"Mit der unendlichen Vielfalt der Liquids ist die E-Zigarette ein Genussmittel der Extraklasse, eingebettet in einen ständig wachsenden Trend, der immer neuere und exklusivere Möglichkeiten bietet, den Geschmack und die Vorlieben der E-Zigaretten-Nutzer zu befriedigen", sagt ein Tabakexperte von ezigaretten.com. In der Tat entstehen selbst in Kleinstädten immer mehr Geschäfte, die sich auf E-Zigaretten und das notwendige Zubehör spezialisiert haben. Insbesondere die Liquids verkaufen sich dort gut. Die große Auswahl lockt regelmäßig experimentierfreudige Kunden in die Läden. Auch diverse Online-Shops haben sich auf das Trendprodukt spezialisiert.
E-Zigarette als Einstiegsdroge?
Kritiker sind der Meinung, dass genau diese Verniedlichung des Rauchens mit fruchtig-frischen Aromen die E-Zigarette zur Einstiegsdroge macht. Vor allen Kinder und Jugendliche würde es reizen, diesen neuen Trend einmal auszuprobieren. Dabei ist die Gesetzeslage zumindest was diesen Punkt betrifft klar: Seit einer Gesetzesänderung im April 2016 gilt das Abgabe- und Konsumverbot von Tabakwaren auch für Inhalationsprodukte ohne Nikotin. Und damit dürfen auch E-Zigaretten nur von Volljährigen gekauft und konsumiert werden.
95 Prozent aller Liquids enthalten Nikotin. Dieses wird aus Tabak gewonnen, auch wenn E-Zigaretten nicht direkt damit in Berührung kommen. Das ist auch eins der Argumente der Befürworter, die sich eine liberale Gesetzgebung wünschen. Doch auch einige Jahre nach Beginn des Trends befinden sich E-Zigaretten noch in einer rechtlichen Grauzone. Es gibt viele strittige Fragen. Beispielsweise die nach dem Rauchverbot. Gilt das Rauchverbot auf Bahnhöfen und Restaurants auch für die E-Zigaretten? Die Gerichte sind sich bisher uneinig, ein Gesetz gibt es nicht.
Langzeitfolgen von E-Zigaretten sind unbekannt
Uneinigkeit gibt es auch beim Hauptargument der Hersteller: E-Zigaretten seien weniger gesundheitsschädlich als normale Zigaretten. Vor allem wird damit argumentiert, dass kein Tabak enthalten sei. Das schädliche und abhängig machende Nikotin ist aber trotzdem Bestandteil der verdampfenden Flüssigkeiten und wird vom Körper auch aufgenommen. Wie bei allen neuen Produkte sind die Langzeitfolgen bisher unbekannt. Ob E-Zigaretten schädlich sind, wird sich erst mit der Zeit zeigen.
Bisher sind sich unabhängige Experten aber sicher, dass der Genuss von elektronischen Zigaretten auf keinen Fall unbedenklich ist. Er schädigt vielmehr die Atmungsorgane, indem er für Atemwegseinengungen und eine dauerhafte Reizung des Rachens und des Mundraums sorgt. Erste Anzeichen sind beispielsweise trockener Husten, der bei Rauchern von E-Zigaretten deutlich häufiger vorkommt als bei anderen Menschen.
Rauchen abgewöhnen mit E-Zigaretten?
Um sich das Rauchen abzugewöhnen, sind E-Zigaretten also nur bedingt geeignet. Was abhängig macht, ist das Nikotin. Und so lange dieses im Liquid vorhanden ist, findet keine Entwöhnung des Körpers statt. Ganz im Gegenteil: Der weitere Nikotinkonsum bleibt ein Suchtfaktor. Wer mit der E-Zigarette wirklich versuchen will das Rauchen aufzugeben, der muss sich also nach einem der wenigen Liquids umsehen, die kein Nikotin enthalten.
Weil man aber anders als bei anderen Entwöhnungsmethoden weiterhin Züge mit dem Mund durchführt, empfehlen Experte die E-Zigarette grundsätzlich nicht, wenn es um die Entwöhnung geht. Der Körper assoziiert damit weiterhin das Rauchen. Und weil auch das Inhalieren schädlich ist, muss man langfristig auch die E-Zigarette weglassen. Besser sei es deshalb, direkt mit entsprechenden Methoden zu starten, um nicht von der einen in die andere Sucht zu gelangen.
Die E-Zigarette jedenfalls ist ein Trend, der nicht so schnell vorübergehen wird. Die Industrie sieht sich erst am Beginn und freut sich auch in den kommenden Jahren auf weitere Umsatzsteigerungen. Noch gibt es für elektronische Zigaretten keine Werbeverbote und verpflichtenden Warnhinweise. Ob das auf Dauer so bleiben wird, ist eine spannende Frage!