Diack-Anhörung verzögert sich - Früherer IAAF-Boss erneut belastet

Urteil gegen Diack erwartet: Vier Jahre Haft und 500.000 Euro Strafe?
Paris (SID) - Lamine Diack, der in Paris vor Gericht stehende Ex-Präsident des Leichtathletik-Weltverbandes, hat sich bei seiner ersten Anhörung nicht entlasten können. Der Hauptangeklagte kam im Prozess vor der 32. Kammer des Finanzgerichtshofes im Palais de Justice am späten Mittwochnachmittag nur für etwa 30 Minuten zu Wort, wurde dabei jedoch nicht konkret und sprach teilweise unzusammenhängend. Der 87 Jahre alte Senegalese muss sich wegen verschiedener Korruptions- und Betrugsvergehen verantworten.
Stattdessen sah sich Diack weiteren Anschuldigungen ausgesetzt. Nachdem er bereits am Montag vom früheren Anti-Doping-Chef des Weltverbandes IAAF (heute World Athletics), Gabriel Dolle, schwer belastet worden war, musste am Mittwoch der frühere IAAF-Anwalt Habib Cisse eine belastende Aktennotiz erklären. Das von der Anklage vorgelegte Beweisstück legt nahe, dass die Fälle zweier offenbar des Blutdopings überführter russischer Athleten gegen eine Zahlung von 1,3 Millionen Euro unter den Tisch gekehrt wurden.
Laut Notiz werde diesen durch die Zahlung "vollständiger Schutz" durch die IAAF gewährt. Die Ermittler präsentierten auch Spuren von Zahlungsverkehr zwischen dem Weltverband und russischen Athleten. Hierfür sei ein Konto von Diacks Sohn Papa Massata benutzt worden, der mittlerweile abgetaucht ist und von Interpol gesucht wird.
Cisse zeigte sich überrascht von dem Dokument, stritt aber jedes Fehlverhalten seinerseits ab und belastete Diack. "Es gab eine Dopingkultur (bei den Russen, d. Red.), das konnte niemand abstreiten. Präsident Lamine Diack entschied aber, nicht den Weg der Suspendierung zu gehen", sagte der 48-Jährige.
Diack, der von 1999 bis 2015 den Weltverband IAAF führte, wird unter anderem vorgeworfen, in dieser Zeit Bestechungsgelder erpresst zu haben, um positive Dopingtests zu vertuschen. Insgesamt sollen Diack und seine Komplizen 3,45 Millionen Euro Schmiergeld für fallengelassene Dopingdelikte kassiert haben. Hinzu kommen diverse weitere Anschuldigungen, die in einer 90-seitigen Anklageschrift zusammengefasst wurden. Diack drohen bis zu zehn Jahre Haft.
Zum Prozessauftakt war Diack von Dolle schwer belastet worden. Der 78 Jahre alte Franzose gab an, dass Diack ihn aufgefordert habe, die Anti-Doping-Regeln des Verbandes bewusst zu ignorieren, "um einen Skandal" zu vermeiden. Dieser hätte mögliche Sponsoren abgeschreckt. Dolle selbst soll in den Jahren 2013 und 2014 rund 190.000 Euro an Bestechungsgeldern erhalten haben.