Drogen, Grunge, Familie: Das Leben und Sterben des Chris Cornell
Chris Cornell wurde nur 52 Jahre alt. Er hinterlässt drei Kinder, bahnbrechende Musik von Soundgarden sowie Audioslave - und viele Fragen.
"Du musst es wollen. Du musst wollen, mit diesem Mist aufzuhören. Sonst schaffst du es nie. Und dann bringt es dich um." Vor fast genau zehn Jahren entwichen diese Worte dem Mund des damals 42-jährigen Chris Cornell. Im Interview mit der Seite "Rock N Roll Experience" sprach der Musiker offen und unverblümt über seine lange und heftige Drogen- sowie Alkoholsucht. Jene Dämonen, die er damals endlich besiegt habe. Nein, die Umstände seines tragischen Tods am 17. Mai sind noch nicht geklärt. Das wird in den kommenden Tagen die Aufgabe der Gerichtsmedizin. Aber seine oftmals unvernünftige Lebensweise und die unvermittelte Plötzlichkeit, mit der er kurz nach einem Konzert in Detroit so jäh aus dem Leben gerissen wurde, werfen Fragen auf.
Das Leben als Einzelgänger
Es klingt wie ein makabrer Scherz. Cornells Kindheit wurde mit dem Verkauf von Drogerie-Produkten und Pillen finanziert. Sein Vater Ed Boyle war kein Dealer, Gott behüte. Er war Apotheker. Und ist gemeinsam mit seiner Frau Karen Cornell noch immer ein absoluter Familienmensch. Fünf Geschwister hatte Chris Cornell, zwei ältere Brüder und drei jüngere Schwestern, von denen viele ebenfalls von der Musik leben.
Doch trotz oder gerade wegen dieser Familienstärke und dem damit einhergehenden Trouble, war Cornell ein Einsiedler, ein Einzelgänger. Das sagte er selbst in einer Audio-Aufnahme, die auf der Seite "All Music" zu hören ist. Erst die Musik, speziell die Rockmusik, habe ihm dabei geholfen, seine Angst vor Kontakt abzulegen, andere Menschen in seinem Leben zuzulassen. Als Teenager litt Cornell laut eines langen und intimen Interviews unter starken Depressionen, verließ dann tagelang nicht das Haus.
Soundgarden wird geboren
Von derartigen inneren Konflikten ließ sich Cornell zumindest nichts anmerken, als er im Alter von 20 Jahren seine legendäre Band Soundgarden gründete. Zunächst noch als Schlagzeuger vorgesehen, blieb sein Talent als Sänger und Songwriter nicht lange verborgen. Früh wurde ein anderer Drummer engagiert, damit sich Cornell voll und ganz auf den Gesang konzentrieren konnte. Keine schlechte Entscheidung, wie sich schnell herausstellen sollte.
Das Debütalbum "Ultramega OK" räumte mal eben einen Grammy für die beste Metal-Performance ab. Nicht verwunderlich, dass die Band wenig später in Form von A&M Records zu einem großen Plattenlabel wechselte. Als erste Grunge-Band überhaupt.
Das vierte Album zeichnete sich schließlich für den weltweiten Durchbruch verantwortlich. "Superunknown" schoss auf die Nummer eins der Billboard-Charts, "Black Hole Sun" wurde ähnlich wie Nirvanas "Smells Like Teen Spirit" zur Hymne einer ganzen Generation. Der Lohn: fünffach Platin. Doch mit dem Erfolg kamen auch die Querelen. Streitereien über den weiteren Kurs von Soundgarden brachen aus, die unüberwindbar schienen. 1997 löste sich die Band auf, eine (sehr erfolgreiche) Reunion folgte erst zwölf Jahre später.
Solo-Pfade, Audioslave und der Absturz
In der Folgezeit begab sich Cornell äußerst erfolgreich auf musikalische Solopfade. Zunächst nur für zwei Jahre bis 2001, ab 2006 dann bis zu seinem plötzlichen Ableben. Größter Coup seiner Solo-Karriere war sicherlich die Ehre, 2006 den Titelsong zum "James Bond"-Reboot mit Daniel Craig aufzunehmen, "You Know My Name" für "Casino Royale". Die fünfjährige Lücke zur Jahrtausendwende füllte er aber nicht minder erfolgreich: seine zweite Band Audioslave wurde damals gegründet. Das selbstbetitelte Debüt heimste dreifachen Platin-Status ein.
Doch begann zu dieser Zeit auch Cornells Alkohol- und Drogensucht, vollends aus dem Ruder zu laufen. Einen Auftritt beim "Ozzfest" musste die Band wegen Cornells schlechtem Zustand absagen. Gerüchte, der Sänger habe sich in eine Entzugsanstalt einweisen lassen, entpuppten sich wenig später als wahr. Er habe während dieser Zeit eine "schreckliche persönliche Krise" erlebt, verbrachte rund zwei Monate in der Klinik und trennte sich während dieser Zeit auch noch von seiner ersten Frau Susan Silver, mit der er eine gemeinsame Tochter hatte. Doch nach diesen einschneidenden Erlebnissen verkündete Cornell seine Heilung.
Alles lief wie geschmiert
Seither lebte, arbeitete und liebte Cornell skandalfrei. Mit seiner zweiten Frau Vicky Karayiannis zeugte er eine weitere Tochter sowie einen Sohn. Soundgarden feierte 2010 das vielumjubelte Comeback, Audioslave hatte sich noch zu Beginn des aktuellen Jahres zurückgemeldet und prompt gegen Donald Trump mobil gemacht. Die wildesten Zeiten schienen zuletzt vorbei, das Gröbste lang überstanden. Was Cornells plötzlichen und tragischen Tod umso rätselhafter macht.