Erster Schwarzwald-Tatort: Wald statt See
Wir sind die Neuen: Hans-Jochen Wagner und Eva Löbau ermitteln erstmal am Tatort Schwarzwald. © SWR/Johannes Krieg
Die Region solle beim neuen Schwarzwald-Tatort eine zentrale Rolle spielen, heißt es in der Pressemappe zum ersten Fall "Goldbach" nichtssagend. Das war auch beim geschassten Bodensee-Tatort, dessen Nachfolge das neue Team antritt, schon das Credo der Macher. Bedeutet also: Statt See sehen wir jetzt Wald. Sehr viel Wald.
Das namensgebende Dorf "Goldbach" liegt mittendrin, hier wohnen aus Freiburg geflüchtete Hipster-Familien in Komplett-Vertäfelung und vermeintlich unberührter Natur. Eines Tages fällt ein Schuss, die elfjährige Frieda liegt tot im Wald, ihre Freunde Linus und Paul sind verschwunden. Die Kommissare Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) und Franziska Tobler (Eva Löbau) finden neben dem Tatort ein imposantes Lager voller fabrikneuer Waffen.
Kein typischer Debüt-Tatort
Ohne großes Einführungs-Tamtam geht es direkt in den Fall hinein, die Ermittler müssen gleich in ihrer ersten Szene den Eltern von Paula die Nachricht vom Tod ihrer Tochter überbringen. Der Schwarzwald-Tatort startet so, als ob man die Kommissare Berg und Tobler schon ewig kennt. Das unterscheidet "Goldbach" von vielen anderen Debüts, bei denen es mehr um die Figuren als um den Fall ging. Anders hier: Kein Abtasten, keine umständliche Einführung der Macken und Marotten, kein Privatkram, sondern ein düsterer Film, der nicht nur Eltern bisweilen schlucken lässt. Tote Kinder laden halt nicht zu Kalauern ein.
Apropos Kalauer: Ob TV-Legende Harald Schmidt gut in den Schwarzwald-Tatort hineingepasst hätte? Sein Ersatz, Steffi Kühnert als Kriminaloberrätin Cornelia Harms, könnte der Saarbrücker Staatsanwältin den Titel als schlimmste Tatort-Figur streitig machen. Nach unten treten, nach oben buckeln, das wirkt bei ihr sehr flach und aufgesetzt. Man merkt der Rolle an, dass sie eigentlich Schmidt auf den Leib geschrieben wurde.
Unaufgeregte Kommissare am Rande der Langeweile
Hans-Jochen Wagner und Eva Löbau hingegen spielen das Kommissars-Duo so unaufgeregt, dass man sich auch hier an den Bodensee-Tatort erinnert fühlt. Friedemann Bergs nicht genehmigter Besuch beim Waffen-Fabrikanten und ein Schnaps nach Feierabend bilden die dramatischsten Ausfälle. Ein "Odd Couple" sind die beiden nur in körperlicher Hinsicht: Berg als überdimensionierter Brumm-Bär, Tobler als eine Art Alberich auf Zehenspitzen. Ansonsten stapfen die beiden auf der Suche nach den Kindern sehr lange durch den Schwarzwald, Franziska Tobler darf im Polizei-Hubschrauber mitfliegen – ein Geschenk des SWR zum Debüt? Unaufgeregtes Ermitteln, dass sich angenehm von den verhaltensauffälligen Kommissaren in Berlin, Frankfurt, Nürnberg und anderen Städten unterscheidet, aber auch nicht wirklich fesselt.
Auch die Story hat keine wirklichen Überraschungsmomente. Die drei betroffenen Familien sind eng befreundet und leben in Sichtweite. Während Paul (Aaron Kissiov) scheinbar ahnungslos wieder auftaucht, bleibt Linus verschwunden. Die Eltern demonstrieren gegenseitige Unterstützung, doch nach und nach treten offene Konflikte zutage. In einem recht moderaten Showdown wird dann nur noch bestätigt, was man sich als Tatort-Fan schon seit mindestens einer halben Stunde gedacht hat.
Das Fazit zum Debüt: Der Fokus auf den Fall und nicht auf die Ermittler ist ein Riesen-Pluspunkt für den Schwarzwald-Tatort – Kompliment an die Macher! Allerdings kann die Geschichte nicht fesseln, es fehlen Tiefe und Überraschungsmomente. Das können auch die Kommissare nicht rausreißen, wie fast alle Figuren in " Goldbach" bleiben sie zu flach. Klara Blums Tranquilizer-artiges Auftreten wurde in den Schwarzwald exportiert, viel mehr scheint sich nicht verändert zu haben, nimmt man diesen Tatort als Maßstab. Unaufgeregt kann auch schnell langweilig werden, wenn Story und Figuren nicht passen.