Helmut Marko exklusiv: "Toto sollte auf seine Vorderflügel schauen"
Helmut Marko und Toto Wolff drohen einander gegenseitig mit Protest
Der "Flexiwings"-Krieg in der Formel 1 spitzt sich zu: Nachdem Toto Wolff mit einem Protest gedroht hat, kündigt Red Bull jetzt einen Gegenprotest an
Sollte Mercedes in Baku wie angekündigt gegen den flexiblen Heckflügel am Red Bull RB16B protestieren, dann wird auch Red Bull gegen den flexiblen Frontflügel am Mercedes F1 W12 E Performance Protest einlegen. Das verrät Helmut Marko in einem exklusiven Interview, das am Samstag um 16:00 Uhr auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de in voller Länge erstausgestrahlt wird.
Auf Nachfrage von Chefredakteur Christian Nimmervoll bestätigt Marko explizit, dass man im Falle eines Mercedes-Protests ebenfalls protestieren würde. Bei Red Bull, sagt er, finde man die jüngste Drohung von Mercedes "etwas eigenartig. Die FIA hat beschlossen, dass die Regeln für den Test und vor allem für die Verwindungsfestigkeit geändert werden. Das gilt ab Paul Ricard."
Das sei "eine ganz klare Aussage und Regelung", und "wenn der Herr Wolff meint, das ist ihm zu spät", müsse man das Thema wohl auf der rechtlichen statt auf der sportlichen Ebene klären. Marko fühlt sich jedenfalls im Recht, denn: "Unser Auto - wie auch viele andere Autos - wurde von der FIA abgenommen und als regelkonform eingestuft."
"Meines Erachtens bestimmt immer noch die FIA die Vorgangsweise", wundert sich Marko. Sollte Wolff seine Drohung wahrmachen, "steht ihm das frei. Aber ich glaube, er sollte auch auf seine Vorderflügel schauen. Denn bei ServusTV und auch bei Sky gab's eine Einspielung, wo man gesehen hat, wie drastisch sich dieser Vorderflügel dem Boden annähert."
Übrigens ist auch Ross Brawn der Meinung, dass ein Protest gegen die "Flexiwings" beim Grand Prix von Aserbaidschan keine Erfolgsaussichten hat: "Ich finde, die FIA hat hier immer eine klare Linie vertreten. Es würde mich überraschen, sollten die Kommissare gegen die Meinung der FIA entscheiden", wird der Formel-1-Sportchef von 'ESPN' zitiert.
Brawn (der selbst übrigens keine Entscheidungsgewalt in dieser Angelegenheit hat) ist der Meinung, dass die FIA mit ihrer Entscheidung, die Belastungstests für die Flügel ab 15. Juni zu verschärfen, richtig handelt: "Ich sehe ehrlich gesagt keinen anderen Weg, dieses Problem zu lösen. Ich wüsste nicht, wie man das sonst quantifizieren sollte."
Die Grauzone entsteht dadurch, dass "Flexiwings" per Artikel 3.8 des Technischen Reglements eigentlich klipp und klar verboten sind. Doch jeder Flügel bewegt sich unter Last, sodass rein theoretisch jedes Auto illegal sein müsste. Dafür gibt es Artikel 3.9, in dem die Belastungstests definiert sind. Eigentlich "ein krasser Widerspruch", findet Marko.
Für Brawn ist klar: Wenn ein Team Artikel 3.8 vorsätzlich aushebelt, unter Zuhilfenahme eines extra dafür designten Mechanismus, "dann stimme ich zu, dass das nicht korrekt wäre. Aber innerhalb der normalen Verwindung der Struktur sehe ich da kein Problem", verteidigt er das Vorgehen der FIA mit der kürzlich erfolgten Verschärfung der Belastungstests samt gesetzter Frist.
Und er erinnert sich, dass es das Thema "Flexiwings" in der Formel 1 schon immer gegeben hat: "Ich weiß noch, dass Patrick Head im Parc ferme einmal auf unseren Frontflügel gestiegen ist, weil er fand, dass er nicht steif genug war. Das wollte er Charlie (Whiting; Anm. d. Red.) demonstrieren. Also ist er da draufgestiegen und hat auf und ab gewippt, um zu zeigen, wie flexibel er war."
"Es gibt eine ganze Reihe von FIA-Tests, und das ist die einzige Art und Weise, wie wir dazu in der Lage waren, die Regeln des Erlaubten zu definieren", unterstreicht der ehemalige Ferrari-Technikchef. "Wenn du die Tests bestehst und anderen Teams das nicht gefällt, dann kann die FIA ja die Tests verschärfen und jederzeit neue Tests einführen."
Das Interview mit Helmut Marko wird am Samstag um 16:00 Uhr auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de in ungekürzter Fassung (knapp 30 Minuten) erstausgestrahlt. Kanal jetzt abonnieren und Glocke aktivieren, um kein neues Video mehr zu verpassen! Danach wird es dort und im Videoplayer auf den Portalen von Motorsport Network Deutschland on demand verfügbar sein.