Liebe geht durch den Wagen

24.990 Euro – ist diese Summe für ein alltagsklug ausgestattetes Basismodell zu viel? Diese Frage müssen Sie sich selbst beantworten, denn es ist auch eine Investition in eine günstigere Zukunft.
Erst als Nur-Elektro geplant, treibt den Grande Panda bald auch ein Mildhybrid an. Zum ersten Test aber strömt er an. Was volt’ man mehr?
Als der Sommer und das Getöse, mit dem der Wald am Wegesrand steht, durchs offene Fenster wirbelwinden, denkst du dir: Gute Ideen scheitern selten am Widerstand wahrer Gegner, viel öfter an der Bequemlichkeit der Eigentlichs. Ach, was könnte man nicht alles eigentlich: gesünder essen, mehr Sport treiben, seltener am Handy rumfingern. Und wie viele sagen, sie könnten eigentlich ein E-Auto fahren.
Dann folgt: das Aber in den Schattierungen Preis, Reichweite, Ladesäulenverfügbarkeit. Doch sind wir ehrlich, geht es ja nur um eines: Es soll so bequem bleiben wie bisher. Kaum erschwingliche Elektros wie Audi A6 e-tron, BMW iX, Mercedes EQE entstehen im Bestreben, Kunden auch in Zukunft eigentlich nichts zuzumuten. Zumuten fordert Mut. Doch die Zukunft ist nichts für Feiglinge.
Kann doch eigentlich alles
Damit sind wir mittendrin im Grande Panda und mittendrauf auf der K 2328, die sich zwischen Wiesen und Feldern immer wieder in dunkle Wälder duckt. Bei offenem Fenster hörst du das Kreischen und Tirilieren der Vögel, das Hämmern der Spechte – nichts davon übertönt der sacht sirrende Permanentmagnet-Synchro.
Die 83 kW starke Maschine verkabeln die Techniker mit einer 44 kWh kapazitätsgroßen Lithium-Eisenphosphat-Batterie. Dieser Akku-Typ hat eine geringere Leistungsdichte, gilt aber als besonders robust und ladezyklenfest – passend für den Panda, um beim Einkaufen mal eben mit Gleichstrom zwischenzuladen. Der Panda nutzt das neue Stellantis-Standard-E-Werk, das auch die E-Versionen von Citroën C3 oder Opel Frontera elektrifiziert – die CMP-Smart-Car-Plattform für Elektros und Hybride.
Da der Akku zwischen den Achsen niedrig baut, genügt ein Kellergeschoss von geringer Höhe, welches im Parterre das Platzangebot des Reiseabteils nicht einengt. Das verfügt über erstaunliche Raumfülle für ein Auto von 3,99 m Kürze und 1,76 m Breite. Mit 361 packt der Kofferraum elf Liter mehr als einst ein VW Golf V. Davor kommen vier Erwachsene ordentlich unter. Zu dritt auf der platten Rückbank? Hm, dann mal zusammenrücken, zudem empfehlen wir einen starken Hang zu geselliger Kontaktfreude. Vorn reist es sich viel ungedrängter, viel bequemer jedoch nicht. Wie der Rückbank mangelt es auch den Sitzen im Cockpit an Stütz- und Haltkraft.
Doch möbliert sich der Fiat solide. Keinem Land außer Italien gelänge es, einfachen Materialien mit kleinen wohlgesetzten Deko-Raffinessen solche Wert- und Stilfülle zu verleihen: Farbkringel, Bambus-Kästchen, Polstersteppung oder das Oval samt Panda-I-Modell um die beiden Displays im Stil der Teststrecke auf dem Dach des alten Fiat-Werks Lingotto: alles wie das mit der Mütze auf dem Cappuccino. Für die schäumen auch italienische Baristi nur H-Milch auf, schütteln sie aber aus dem Handgelenk liebevoll als Muster obendrauf.
Liebe geht durch den Wagen
Sind es nicht solche Kleinigkeiten – wie auch das integrierte Ladekabel hinter der Bugklappe (200 Euro) –, die uns nach Jahren noch an einem Auto erfreuen? All das sorgt dafür, dass du dich vom ersten Moment im Panda willkommen, adrett, clever und vollwertig untergebracht fühlst.
Lässt du dich auf ihn ein, akzeptierst die Kompromisse, die er fordert, bekommst du eines der derzeit cleversten E-Autos. Ein reisefertiges gar, relativiert doch die in der Klasse stattliche 100-kW-Schnellladeleistung (maximal 85 kW im Test) die geringe Kapazität des Akkus. Und damit die wegen der hohen Verbräuche (20,9 kWh/100 km im Test, 18,9 auf der Eco-Runde) wenig ausschweifende Reichweite von 220 bis 244 km.
Überdies: Wie oft ist das wirklich zu wenig? Und wie oft fahren andere Elektros Akkus herum, alleine schon halb so schwer wie 1.489 kg, die der Panda mit allem Drum und Dran auf die Waage bringt? Stimmt, das ist viel Gewicht für einen Kleinwagen, verschafft dem leisen Panda aber fahrstabile Stattlichkeit, fördert zudem das Komfortgeschick. Obgleich straff abgestimmt, dimmt er grobe Unebenheiten zwar straff, aber ordentlich und ohne arge Hoppelei. Andererseits ist der Panda leicht genug, damit ihn seine 83 kW Leistung und die nur 122 Nm Drehmoment im Alltag in wuselige, ansatzlose Drangfülle beschleunigen und darin halten können. Er wetzt geschwind durch die Stadt, nicht nur immer mittendrin, sondern stets vornedran.
Das Temperament genügt gar für Reisen auf der Autobahn. Ja, bei 132 km/h dotzt es in den Limiter. Ein Kompromiss, eine Zumutung gar? Für manche absolut, für manche absolut nicht, für manche vielleicht. In jedem Fall – ist ja ganz allgemein zweckmäßig: einfach mal ausprobieren, statt im Voraus zu wissen glauben. Möglicherweise findest du ungeahnt Gefallen am Fiat, gar daran, die Kompromisse einzugehen, die er mit sich bringt. Die kennst du ja alle im Voraus, doch womöglich findest du keinen davon größer als das Vergnügen des Unterwegsseins.
Das kannst du empfinden, wenn du mit dem Grande herumstromerst, mit dem zur Munterkeit aufgelegten Handling, von resoluten Bremsen und der kleinen, unaufdringlichen Assistenztruppe gesichert, von LED-Scheinwerfern erhellt, vom leicht bedienbaren Infotainment unterhalten und per App ladestoppgeplant navigiert. Oder im Bewusstsein, dass die 24.990 Euro des schon erstwagengeschickt und alltagsklug ausgestatteten Basismodells recht viel für ein kleines Auto sind, aber mehr als eine große Summe: eine Investition in eine günstigere Zukunft. Für die hast du Pläne, in welche der E-Panda nicht passt? Alles klar, dann nichts für ungut. Für uns ist ein E-Auto das, was es ist: keine Weltanschauung, sondern – verrückte Sache – eben ein E-Auto. Doch wenn es an sich doch passt mit dem Panda: Freunde, was hält euch dann eigentlich noch auf?