Lob für Pirellis neue Reifen
Pirelli hat gehalten, was versprochen wurde. Die neuen, breiten Reifen bieten mehr Grip, halten länger und sind einfacher zu managen. Für die Teams und die Zuschauer hat das Auswirkungen. Wir verraten welche.
Das gab es schon lange nicht mehr. Alle loben Pirelli. Die neue Reifengeneration hält, was Pirelli versprochen hat. Die Gummis heizen sich etwas langsamer auf, halten aber wesentlich länger. „ Ich bin gestern 20 Runden am Stück mit den Soft-Reifen gefahren, und konnte 20 Runden lang attackieren“, erzählt Felipe Massa.
Pirelli-Technikchef Mario Isola vergleicht das mit dem Vorjahr: „ Letztes Jahr wäre keiner 20 Runden mit dem Soft-Reifen in Barcelona gefahren. Weil er über diesen Zeitraum 4 bis 5 Sekunden abgebaut hätte. Jetzt liegt der Abbau bei nur noch einer bis 1,5 Sekunden.“ Die neuen Reifenmischungen überhitzen auch nicht mehr so schnell. Wenn das Auto mal quersteht, dauert es nur 3 bis 4 Kurven, bis der Grip wieder da ist.“
Die Bestzeit von Kimi Räikkönen am zweiten Testtag zeigt schon, wo die Reise hingeht. Der Ferrari.Pilot fuhr mit den Soft-Reifen eine Runde von 1.20,960 Minuten und war damit 8 Zehntel schneller als Lewis Hamilton am Vortag. Pirellis Simulationen, die von 30 Prozent mehr Abtrieb für die Autos ausgehen, sagen am Ende der beiden Testwochen eine Bestzeit im Bereich von 1.18 Minuten voraus. Das wäre 4,7 Sekunden schneller als bei den Wintertests 2016.
Mehr schnelle Runden in der Qualifikation
Die fünf Reifenmischungen funktionieren nun auch in einem größeren Temperaturfenster. Das hilft vor allem den Teams, die in der Vergangenheit Probleme mit dem Reifenmanagement hatten. Dazu zählt zum Beispiel Ferrari. Die starke Form, die Ferrari an den ersten beiden Testtagen an den Tag legte, hat wohl auch damit zu tun.
Eine Nebenwirkung der neuen Langlebigkeit ist, dass sich die Reifen langsamer aufheizen. „Manche Teams schaffen schon in der ersten Runde eine schnelle Zeit, andere erst in der zweiten“, verrät Isola. Mit dem Resultat, dass die Reifen in der Qualifikation möglicherweise 2 oder 3 schnelle Runden erlauben.
Auch das Körnen ist fast verschwunden. „Wir haben es auch bei tiefen Temperaturen nur marginal beim Soft-Reifen beobachtet“, notierte Pirellis Technikchef zufrieden. Das neue Selbstvertrauen der Italiener spiegelt sich auch in den moderaten Reifendrücken von 22 PSI vorne und 18 PSI hinten wider. Isola verspricht: „Wenn wir anhand der Telemetriedaten sehen, dass wir noch Spielraum haben, werden wir für den dritten Testtag oder die zweite Testwoche die Drücke weiter senken.“
Eigentlich hatte Pirelli geplant, die Unterschiede zwischen den einzelnen Gummimischungen zu reduzieren. „Wir rechnen mit einem Abstand von einer Sekunde von Mischung zu Mischung“, bestätigt Isola. Die Realität sieht noch anders aus. Einige Teams notierten einen Zeitgewinn von 2 Sekunden vom Medium- zum Soft-Reifen. Massa: „Als ich von Medium auf Soft gewechselt habe, hatte ich das Gefühl, in einem anderen Auto zu sitzen.“
Isola führt es auf die Asphalttemperaturen von maximal 27 Grad zurück und über die rasante Grip.Entwicklung auf der Strecke. Die neuen Pirelli.Reifen tapezieren die Strecke mit einer Gummischicht statt ein Meer von Gummischnipsel neben der Ideallinie zu deponieren. Das könnte zumindest in einigen Kurven eine unterschiedliche Linienwahl ermöglichen.
Weniger Boxenstopps, mehr Langeweile?
Die Fahrer freuen sich. Die Zuschauer auch? Pirelli erwartet deutlich weniger Boxenstopps als im Vorjahr. Und weil sich die Reifen weniger stark abnutzen, gibt es auch weniger Unterschiede im Grip. Ein weiterer Faktor also, der das Überholen zu einer Geduldsprobe machen wird. Wenn es überhaupt noch möglich ist. Die Fahrer haben bereits festgestellt, dass Hinterherfahren wegen der extremen Aerodynamik noch schwerer geworden ist. „Du spürst die Turbulenzen vom vorausfahrenden Auto früher als vorher“, berichtet Massa.
Pirelli wäscht seine Hände in Unschuld: „Wir haben die Reifen so gebaut, wie es von uns gewünscht wurde. Wenn sich herausstellen sollte, dass die Rennen dadurch langweiliger werden, dann sind wir gerne bereit, den Ansatz für 2018 wieder zu ändern.“