McLaren gewinnt die Formel 1B
Wie wäre die Formel 1-Weltmeisterschaft 2019 ausgegangen, wenn es Mercedes, Ferrari und Red Bull nicht gegeben hätte? Die Weltmeister würden jetzt Carlos Sainz und McLaren heißen.
Vor grauer Vorzeit gab es schon einmal eine Wertung in der Wertung. In der Formel 1-Saison 1987 teilten sich Autos mit Turbo-Triebwerken und Saugmotoren das Feld. Es war ein ungleiches Duell. Die Turbos mobilisierten über 1.000 PS. Ein 3,5 Liter Cosworth Motor schaffte mit 560 PS gerade mal etwas mehr als die Hälfte. Da half auch ein Gewichtsvorteil von 40 Kilogramm für die Autos mit Saugmotoren nicht viel. Das waren 1,2 Sekunden auf der Uhr. Doch auf einer Strecke wie Paul Ricard verloren die Sauger fast sechs Sekunden auf die schnellsten Turbos.
Um die Fraktion mit den konventionellen Triebwerken bei Laune zu halten, hob Bernie Ecclestone zwei zusätzliche Pokale aus der Taufe. Die Jim Clark-Trophy ging an den schnellsten Fahrer ohne einen Turbomotor im Heck. Das war 1987 der Tyrrell-Pilot Jonathan Palmer. In der echten WM-Tabelle rangierte der Engländer mit 7 Punkten nur auf Platz 11. Stolze 66 Zähler hinter Weltmeister Nelson Piquet auf Williams-Honda. Die Colin Chapman-Trophäe für Saugmotor-Teams ging an Tyrrell. Die Pokale wurden übrigens von einem gewissen Roy James angefertigt. Er war einer der Fluchtfahrer beim berühmten englischen Postraub. James hatte eine Ausbildung als Silberschmied.
Ausfallquote betrug nur 14,3 Prozent
Auch heute ist die Formel 1 wieder eine Zweiklassengesellschaft. Allerdings aus anderen Gründen. In der 70. GP-Saison hat nicht mehr der Motor über Sieg und Niederlage entschieden, sondern das Geld. Mercedes, Ferrari und Red Bull geben doppelt so viel Geld aus wie die Teams auf den Plätzen 4 und 5. Und sie haben drei Mal so viele Leute wie die kleinsten Rennställe im Feld. Der Unterschied beträgt nicht mehr sechs Sekunden. Im Schnitt liegen McLaren, Renault, Toro Rosso, Racing Point, Alfa Romeo-Sauber und Haas zwischen einer und zwei Sekunden hinter den Top 3.
Der Unterschied in den Resultaten fällt trotzdem krasser aus als vor 42 Jahren. Damals war die Technik noch lange nicht kugelsicher. 1987 lag die Ausfallquote bei 57,6 Prozent. Bei weniger als der Hälfte aller Starter im Ziel konnte es auch mal die Großen erwischen, und für die kleinen Fische blieben wenigstens ein paar Almosen übrig. In der Saison 2019 fiel die Ausfallquote auf 14,3 Prozent. Mit anderen Worten: Pro Grand Prix kamen nur 2,9 Teilnehmer nicht ins Ziel. Und in den seltensten Fällen waren dies Fahrer von den drei Spitzenteams. Für die Formel 1B blieb da oft nur der 7. Platz als bestes Ergebnis. Es war quasi der Sieg der zweiten Liga. Und der wurde mit 6 Punkten schlecht belohnt.
Racing Point vor Renault
Gäbe es heute noch Pokale für die Jim Clark und die Colin-Chapman-Trophy, dann hätte sich McLaren die meisten Trophäen in die Vitrine stellen können. Carlos Sainz wäre mit 294 Punkten Weltmeister. Der Spanier hätte die Grand Prix in Monaco, Frankreich, England, Ungarn, Russland und Japan gewonnen. Er hätte wie Lewis Hamilton seinen Titel schon lange vor Saisonende klar gemacht. Sergio Perez lag mit 244 Punkten auf Platz 2 deutlich zurück. Lando Norris hätte mit 226 Zählern die Bronzemedaille erobert.
Damit ist auch klar, dass McLaren Konstrukteurs-Weltmeister geworden wäre. 520 Punkte hätte der Rennstall aus Woking abgesahnt. Deutlich weniger als Mercedes, die mit 739 Punkten echter Team-Champion geworden sind. Zweiter in der Formel 1B wäre übrigens nicht Renault geworden. Racing Point hätte den Werksrennstall im letzten Rennen mit 383:382 Punkten noch abgefangen. Der GP Abu Dhabi wäre nämlich an Sergio Perez gegangen. Daniel Ricciardo und Nico Hülkenberg hätten beim Saisonfinale bei der Rechnung ohne die großen Drei zusammen nur 19 Punkte geschafft. Platz 4 hätte Toro Rosso mit 361 Zählern vor Alfa-Sauber (262), HaasF1 (181) und Williams (32) belegt.
Die meisten Siege hätte Carlos Sainz eingestrichen. Der Spanier wäre sechs Mal erfolgreich gewesen. Sergio Perez und Daniel Ricciardo liegen mit je vier Siegen gleich auf. Neuling Lando Norris hätte in Bahrain, Österreich und Singapur gejubelt, Oldie Daniil Kvyat in Deutschland. Pierre Gasly wäre in Brasilien ganz oben aufs Treppchen gestiegen, Kevin Magnussen in Australien und Spanien. Nico Hülkenberg wäre zwar sechs Mal auf das Podium geklettert, hätte einen Sieg aber verpasst. Genauso wie Kimi Räikkönen, dessen bestes Resultat zweite Plätze in Bahrain, Frankreich und Ungarn gewesen wären.