Neuer Porsche 911 RSR für Le Mans
Porsche erfindet den 911 RSR neu. Der Rennwagen übernimmt nur wenige Teile von seinem erfolgreichen Vorgänger und trägt ein neues Boxer-Herz. Mit 4,2 Liter Hubraum und 515 PS. Auspuffführung und Aerodynamik als weitere Highlights.
In der GT-Abteilung von Porsche bricht ab September ein neues Zeitalter an. Dann hat der neuentwickelte 911 RSR seinen ersten Rennauftritt in der Sportwagen-Weltmeisterschaft (WEC). Der Neue tritt in die Fußstapfen des alten RSR. Und die sind ganz schön groß. In der abgelaufenen Saison, der sogenannten Super Season mit zwei 24-Stunden-Rennen in Le Mans, feierte Porsche mit ihm in der GT-Le-Mans-Klasse einen Doppelsieg und einen zweiten Platz. Zudem holte Weissach die Titel in der Hersteller- und Fahrerweltmeisterschaft.
95 Prozent neu oder überarbeitet
Trotz der Erfolge hat die GT-Abteilung in Weissach den RSR praktisch neu erfunden. Vom Vorgänger übernimmt man nur das Nötigste. Das wären die Scheinwerfer, Bremsanlage, Kupplung, der Fahrersitz und Teile des Fahrwerks. 95 Prozent des Autos seien dagegen neu.
Der neue Porsche 911 RSR soll nicht weniger als alles besser können als der Alte. Das ist das erklärte Ziel. Es muss so hochgesteckt werden. Stillstand bedeutet im Motorsport bekanntlich Rückschritt. Ganz oben im Lastenheft standen die für Langstreckensport üblichen Parameter. Das Auto muss gut fahrbar sein. Weil es Profirennfahrer und Amateure gleichermaßen bewegen.
Es muss effizient sein. Abtrieb und Luftwiderstand müssen in einem gesunden Verhältnis stehen. Es muss standfest sein. Dafür hat Porsche tausende Testkilometer abgespult. Zuerst in Weissach auf dem werkseigenen Testgelände. Später auf anderen Rennstrecken. In Paul Ricard absolvierte der neue Porsche 911 RSR im März einen 30 Stundentest. Man habe ohne technische Probleme mehr als 6.000 Kilometer abgespult, heißt es dazu von Porsche. Das Auto soll servicefreundlich sein. Sprich einfach zu handhaben für die Fahrer. Und kaputte Teile müssen schnell gewechselt werden können.
Andere Auspuffführung
Bei Porsche weigert man sich nach wie vor, von einem Mittelmotor zu sprechen. Obwohl das Herzstück vor der Hinterachse sitzt. Weissach setzt weiterhin auf einen Saugmotor mit sechs Zylindern. Im Gegensatz zur Konkurrenz von Ferrari und Aston Martin zum Beispiel, die ihre Vierliter-V8-Motoren aufladen. Doch Porsche installiert ein neues Triebwerk. Der Boxer wurde aufgebohrt. Der Hubraum wächst von vier auf 4,2 Liter. „Das neue Triebwerk ist der größte Boxermotor, der jemals ab Werk in einem Porsche 911 verbaut ist“, sagt Porsche.
Die Leistung wird mit 515 PS angegeben. Sie ist abhängig vom verbauten Restriktor. Im GT-Rennsport gibt es bekanntermaßen eine Balance of Performance. Über sie werden unterschiedliche Fahrzeugkonzepte – Turbo vs. Saugmotor, Front- gegen Mittelmotor und so weiter – soweit in Einklang gebracht, dass sie auf unterschiedlichen Rennstrecken miteinander konkurrieren können.
Um es anders zu sagen: Die Balance of Performance fängt die schnellsten Rennwagen ein. Deshalb konzentrieren sich die Entwickler nicht vordergründig auf die letzte Zehntelsekunde, nicht auf den ultimativen Speed. Sondern auf die Reproduzierbarkeit. Den Fahrern und Teams soll es möglich sein, über einen gesamten Rennstint konstant schnell zu sein. Dafür sind aerodynamische Effizienz und Stabilität wichtig. Daraus wiederum ergibt sich ein gutes Reifenmanagement. Wer seine Reifen in Schuss hält, kann lange schnell fahren.
Porsche hat deshalb die Aerodynamik an allen Fronten überarbeitet. Und hier kommt wieder der Motor ins Spiel, der an ein sequentielles Sechsgang-Klauengetriebe gebunden ist. Der Boxer bläst die heißen Abgase nicht mehr im Heck raus, sondern seitlich kurz vor den Hinterrädern. Das schafft Platz im Diffusor, der anders geformt werden kann und dadurch mehr Anpressdruck erzeugt. Mehr Abtrieb wiederum wirkt sich positiv auf den Zustand der Hinterreifen aus. Weil das Auto an der Hinterachse weniger rutscht. Auf der anderen Seite muss entsprechend Anpressdruck draufgesattelt werden. Sonst stimmt die Aerodynamik-Balance zwischen Front- und Heck nicht und das Auto untersteuert. Ein kürzerer Auspuff hat noch einen weiteren Vorteil: Er spart Gewicht.
Verbesserte Sicherheit im 911 RSR
Der neue Porsche 911 RSR wiegt in der Basis 1.245 Kilogramm. Das Gewicht ist nicht festgelegt. Je nach Fahrzeugeinstufung (im Vergleich mit der Konkurrenz) kann es höher oder niedriger liegen. Der neue Rennwagen wächst in der Länge um 3,6 Zentimeter (4,593 Meter ohne Splitter, Heckflügel und Diffusor), kappt beim Radstand aber drei Millimeter.
Der Fahrer lenkt den 911 RSR auf einem starr mit der Karosserie verbundenen Rennschalensitz. Ein Sechspunktgurt hält ihn fest. Porsche hat an der Sicherheit gearbeitet. Das Kollisionswarnsystem gebe den Piloten nun einen noch besseren Überblick, um herannahende Fahrzeuge der Prototypenklassen frühzeitiger zu erkennen. Der optimierte Überrollkäfig, das FIA Side-Impact-Panel zwischen Tür und Käfig sowie ein zusätzlicher Aufprallschutz für die Beine verbessern die passive Sicherheit bei Unfällen, führt Porsche aus. Hinzu kommt die abnehmbare Dachluke, durch die der Fahrer im Notfall geborgen werden kann.
Der neue RSR wird für die nächsten drei Jahre homologiert. Wir zeigen Ihnen den schnellsten Rennelfer in unserer Fotoshow.