Trägt Ihre Stadt bald auch ein neues Kennzeichen?

Etwa einhundert deutsche Städte und Gemeinden wollen künftig ein eigenes Kfz-Kennzeichen. Hintergrund ist ein Vorschlag des Heilbronner Professors Ralf Bochert, der dafür plädiert, mittelgroßen Kommunen zwischen 20.000 und 100.000 Einwohnern eine individuelle Ortskennung zu ermöglichen.
"Der Charme an der ganzen Geschichte ist, dass es nichts kostet", erklärt Bochert gegenüber der Bild. Für die Nummernschilder zahle ohnehin der Fahrzeughalter – unabhängig davon, welche Buchstaben gestanzt werden. "Den Zulassungsstellen ist es egal, um welche Buchstaben es sich handelt." Der Effekt sei jedoch groß: "Eigene Kennzeichen sind ein Stadtmarketing-Instrument zur Wahrnehmung nach außen und eine Identifikation der Menschen mit der eigenen Kommune."
Nach Angaben Bocherts haben Bürgermeister von rund einhundert Kommunen ihr Interesse bekundet. Viele Stadt- und Gemeinderäte hätten bereits beschlossen, um eine eigene Buchstaben-Kombi auf dem Nummernschild zu kämpfen. Fast achtzig Kommunen hätten ihre Landesverkehrsminister angeschrieben.
Rodgaus Bürgermeister Max Breitenbach (CDU) schrieb im Namen von dreizehn Rathaus-Chefs an das hessische Verkehrsministerium: "Wir sind überzeugt, dass eine flexible und kommunalfreundliche Regelung der Fahrzeugzulassung nicht nur das Marketingpotenzial der Städte fördert, sondern auch die hessische Vielfalt und Identität nach außen sichtbar macht."
Auch Clemens Moll (CDU), Oberbürgermeister von Weingarten, betonte in einem Schreiben an das Ministerium: "Kommunale Kennzeichen können ein wirkungsvolles Mittel sein, um unsere Orte sichtbar zu machen und das Zugehörigkeitsgefühl unserer Bürgerinnen und Bürger zu fördern."
Diese Orte wollen neue Kennzeichen
Die Vorschlagsliste reicht von Bad Krozingen (BKR) in Baden-Württemberg über Buxtehude (BUX) in Niedersachsen bis Rheine (RHE) in Nordrhein-Westfalen. Auch Quickborn in Schleswig-Holstein möchte das Einzelkürzel "Q". Insgesamt umfasst der Katalog 320 Kommunen, die für ein eigenes Kürzel infrage kämen.
Schon heute gibt es Doppelkennungen, weil Kürzel in großen Städten knapp werden. München etwa vergibt neben M auch MUC, Wolfsburg neben WOB auch WBG. Diese Praxis entstand bislang vor allem, um genügend Kombinationen bereitstellen zu können.
Hintergrund und bisherige Liberalisierung
Seit 2012 können sogenannte Altkennzeichen wieder eingeführt werden. Über 300 Ortskürzel, die zuvor weggefallen waren, sind dadurch zurückgekehrt. Grundlage war eine Änderung der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV), die der Bundesrat beschlossen hatte.
Mehr als 10,5 Millionen Menschen in deutschen Mittelstädten fahren bislang mit Kennzeichen eines Landkreises oder einer Nachbarstadt. Für sie soll das neue Projekt eine Lücke schließen. Ziel ist es, die Identifikation zu stärken und gleichzeitig das Stadtmarketing zu unterstützen.
So geht es weiter
Damit neue Kennzeichen unabhängig von der Knappheit bestehender Kürzel eingeführt werden können, müsste die FZV erneut angepasst werden. Bisher gilt die Regel, dass zusätzliche Ortskürzel nur dann beantragt werden können, wenn die vorhandenen Kombinationen knapp werden. Eine Reform müsste der Bundesrat beschließen.
Das Bundesverkehrsministerium hat bereits Gesprächsbereitschaft signalisiert und will die Initiative wohlwollend prüfen. Damit rückt die Möglichkeit näher, dass zahlreiche Mittelstädte in den kommenden Jahren ein eigenes Kürzel auf die Kennzeichen ihrer Bürger bekommen.