„Operation Wahrheit“ soll für Klarheit sorgen

In Italien herrscht Unsicherheit über die Rechtmäßigkeit von Bußgeldern aus Radarfallen. Mitten in der Feriensaison greift die Regierung zu einer Notmaßnahme.
Verkehrsminister und Vizepremier Matteo Salvini kündigte eine "Wahrheitsoperation" ("Operazione verità") an, die Ordnung in das unübersichtliche System der Blitzeranlagen, in Italien "Autovelox" genannt, bringen soll.
Der Auslöser ist das im Juli 2025 in Kraft getretene "Decreto Infrastrutture" (Gesetz Nr. 105/2025). Es verpflichtet Gemeinden, Provinzen und Regionen, sämtliche Geschwindigkeitsmessgeräte in einem zentralen Register zu erfassen. Allerdings fehlte bisher ein solches Verzeichnis, weshalb Bußgelder juristisch angreifbar sein könnten.
Zeitplan der "Operazione verità"
- 20. Juli 2025: Inkrafttreten des Decreto Infrastrutture (Gesetz Nr. 105/2025). Dieses Gesetz bildet den rechtlichen Rahmen. Es legt grundsätzlich fest, dass alle Gemeinden, Provinzen und Regionen ihre Autovelox-Geräte zentral beim Verkehrsministerium melden müssen, mit Angaben zu Konformität, Marke, Modell und Standort.
- bis 19. August 2025: Das Verkehrsministerium muss ein decreto attuativo (Durchführungsverordnung) vorlegen. Dieses ist notwendig, um die praktische Umsetzung zu ermöglichen – also etwa das digitale Formular oder die App, über die die Behörden ihre Daten eintragen können. Ohne diesen Schritt ist das Gesetz zwar in Kraft, aber faktisch nicht anwendbar.
- September 2025: Start der eigentlichen "Operazione verità". Ab diesem Zeitpunkt steht die digitale Plattform des Ministeriums online zur Verfügung. Ab dann können die Behörden ihre Autovelox-Daten erfassen und melden.
- 18. Oktober 2025: Ende der Meldefrist. Alle Geräte, die bis zu diesem Tag nicht registriert sind, dürfen nicht mehr eingesetzt werden. Bußgelder, die von solchen Geräten ausgestellt werden, wären nicht rechtskräftig.
Parallel gelten seit Juni 2025 neue Vorgaben: Blitzer dürfen nur noch mit Genehmigung der Präfektur installiert werden und müssen mindestens einen Kilometer (innerorts) beziehungsweise vier Kilometer (außerorts) voneinander entfernt sein. Außerdem müssen sie deutlich angekündigt werden, versteckte oder getarnte Anlagen sind verboten.
Milliarden-Einnahmen im Fokus
Der Hintergrund der Reform liegt in jahrelanger Kritik an zweifelhaften Standorten und hohen Einnahmen. Italien verfügt über mehr als 11.000 stationäre Radarfallen – mehr als doppelt so viele wie Deutschland. Im Jahr 2024 nahmen die Gemeinden durch Verkehrsverstöße 1,7 Milliarden Euro ein, zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Allein Mailand kam auf 204 Millionen Euro, Rom auf 145,8 Millionen. Auch Kleinstgemeinden kassierten sechsstellige Summen durch einzelne Geräte.
Fälle wie der eines Supermarktangestellten aus dem Piemont, der innerhalb weniger Monate 28.000 Euro Bußgelder durch einen schlecht sichtbaren Blitzer erhielt, machten die Kritik besonders deutlich.
Kritik von Verbraucherschützern
Der Verbraucherverband Codacons bezeichnet die Situation als "paradox". Zwar sei das Ziel mehr Transparenz, tatsächlich aber könnten Autofahrer durch den chaotischen Zeitplan in eine Phase der Rechtsunsicherheit geraten. Es sei offen, welche Bußgelder in den kommenden Monaten rechtlich Bestand haben. Langfristig sollen die neuen Regeln jedoch für mehr Fairness und Sicherheit sorgen. Salvini erklärte: "Nicht konforme Geräte oder solche, die mehr dazu dienen, Geld einzunehmen als gefährliches Fahrverhalten zu verhindern, werden nicht toleriert."