Öko-Pick-up-Kabine mit Aufstelldach

Ein Pick-up ist per se kein nachhaltiges Gefährt – die fest eingebaute Campingkabine Cabineer will dennoch für diese Fahrzeuggattung neue Maßstäbe setzen.
Klobig und funktional sehen Aufsetzkabinen für Pick-up-Camper teilweise aus. Anders der Cabineer: Robust wirkt die Kabine, aber dennoch ziemlich stylish dank des superflachen Alkoven und der glatten Außenhaut. Und das ist nicht das einzige, was dieser Campingausbau anders macht.
Feste Wohnkabine aus Öko-Material
Die Pick-up-Kabine Cabineer wird fest aufgesetzt und direkt im Rahmen verschraubt, um so mithilfe höherer Aufbausteifigkeit bessere Fahreigenschaften zu erzeugen. So soll das Gefährt weniger stark aufschaukeln, wozu auch die geringe Höhe der Kabine sorgt. Das unterstreicht einerseits die Offroadfähigkeit aufgrund höherer Kippwinkel und einen etwas geringeren Kraftstoffverbrauch, den er einem geringeren Luftwiderstand zu verdanken hat.
Die Kabine selbst ist ein Moncoque, also aus einem Guss. Jedoch besteht sie nicht aus GFK, sondern NFK. Statt Carbonfasern wird hier Kurzflachs verwendet, ein Nebenprodukt, das bei der Leinenherstellung entsteht. Angebaut wird der Flachs in Frankreich, also regional in Europa. NFK hat darüber hinaus eine noch geringere Masse als GFK, ist also leichter. Ein weiterer Vorteil des NFK: Wird der Werkstoff verbrannt, beispielsweise, wenn die Kabine verschrottet wird, entsteht keine Glasfaserschlacke.
Weitere Öko-Materialien, die beim Bau des Cabineer verwendet werden, sind Kork als Isolierungsmaterial und Greenpoxy statt Epoxid für die Versiegelung der Kabine. Letzteres basiert auf Lein- statt Mineralöl, stößt laut Herstellern 58 Prozent weniger CO₂ bei der Produktion aus und sorgt beim Abbau dafür, dass Böden und Gewässer weniger versäuern als beim Kunstprodukt.
Praktische Ideen aus der Campingpraxis
Hergestellt wird die Kabine so plastikfrei wie möglich in Hamburg. Dort sind die Menschen zu Hause, die sich den Cabineer ausgedacht haben. Die Idee für diesen Ausbau hatten die Wohnkabinen-Erfindenden auf einer Reise: Nathalie und Max waren zwei Jahre mit einem selbst ausgebauten Land Rover Defender auf der Panamericana unterwegs.
So sind viele der umgesetzten Ideen direkt aus ihrem Erfahrungsschatz entsprungen. Natürlich musste es für ihren perfekten Camper ein Pick-up sein, ein geländegängiges Fahrzeug, das überall einsetzbar ist und für das man weltweit Ersatzteile findet. So fiel ihre Wahl auf den Ford, der mit fünf Sitzplätzen darüber hinaus auch familientauglich ist.
Das Aufstelldach sorgt für eine geringe Höhe, die einerseits für einen geringen Fahrzeugschwerpunkt sorgt und andererseits bei der Verschiffung nach Übersee günstiger ist. Im Aufstelldach schläft es sich angenehm, da man mit den großen Fensterflächen gut durchlüften kann.
Das Hubbett mit einer Liegefläche von 1,40 × 2,00 Meter wird, ähnlich wie in einem handelsüblichen Campervan in Bulli-Größe, tagsüber einfach hochgeklappt, um Stehhöhe in der Kabine zu erzeugen.
Oben ist genügend Platz für das Bettzeug, das während der Fahrt hier verstaut wird. Darunter zum Vorschein kommt eine U-Sitzgruppe für vier Personen, die bei Bedarf zu einem zweiten Schlafplatz wird (1,00 × 1,90 Meter). In der Sitzbank sind die Wassertanks (100 Liter Frisch- und 50 Liter Abwasser) und die Elektronik verstaut.
Outback-Tauglichkeit und viel Autarkie
Betreten wird die Kabine von hinten. Stehen beide Klappen offen, wird die Kabine gut durchgelüftet. Wer bei heißem Wetter lieber draußen kochen will, kann den 2-Flammen-Petroleumherd aus dem Inneren auf eine Klappe an der Türe stellen und Outdoor-mäßig eine Mahlzeit zubereiten. Doch das ist nicht die Hauptkochstelle.
Im Heck befindet sich die Küchenzeile, bei Bedarf wird die Arbeitsfläche über den Einstieg hinweg vergrößert. Ein 45 Liter fassender Kühlschrank mit Schwingkompressor komplettiert die Küchenzeile, die sonst aus Gasflammenkocher und Spülbecken besteht. Der Kompressor soll auch bei Schräglagen bis zu 60° funktionieren, also auch, wenn es mal über Stock und Stein geht.
Am Einstieg selbst ist Raum für eine Trenntoilette, für die man weder Chemie noch Wasser benötigt. Der Wasserhahn des Spülbeckens kann aus der Halterung gezogen werden und als Duschkopf dienen – eine entsprechende Duschtasse ist im Boden eingelassen.
Zur Bordtechnik gehören ein Votronic Ladegerät und ein Wechselrichter. So kann man sogar elektrisch Warmwasser im 10-Liter-Boiler erzeugen. Das zusätzliche Wasserfiltersystem kann sogar aus Salzwasser trinkbares Wasser machen. Mit einer Pumpe lässt sich Flüssigkeit aus Eimern, Teichen oder Seen ansaugen.
Eine Eberspächer Standheizung und eine Solaranlage sorgen gemeinsam mit der 100-Ah-Lithium-Batterie für maximale Autarkie auf minimalem Raum. Die LED-Leselampen am Bett haben eine USB-Ladebuchsen fürs Smartphone oder andere Endgeräte. Schließlich will man auch vom anderen Ende der Welt den Daheimgebliebenen von den erlebten Abenteuern erzählen.
Cabineer: Infos und Preise (2022)
- Kabinenbreite / -länge: 1,94 / 3,30 Meter
- Fahrzeughöhe gesamt (auf Ford Ranger): 2,40 Meter
- Fahrzeuglänge (auf Ford Ranger): 5,95 Meter
- Leergewicht der Kabine: 330 kg
- Kabine ausgebaut: 500 kg
- verbleibende Zuladung des Ford Ranger (laut Hersteller): 700 kg
- Preis Leerkabine: ab 45.000 Euro
- Preis vollständig ausgebaute Kabine: 84.000 Euro