WLTP vs. Realität – wie CO₂-arm sind PHEV wirklich?
Die EU passt die Berechnung des CO₂‑Ausstoßes von Plug-in-Hybriden nach oben an. Für Autohersteller und Kunden hat das erhebliche Konsequenzen.
Seit Januar 2022 müssen alle in der EU neu zugelassenen Pkw über einen sogenannten On-Board Fuel Consumption Monitor (OBFCM) verfügen, für neu typgenehmigte Autos galt das bereits ein Jahr früher. Jeder Pkw mit OBFCM zeichnet seitdem während der Fahrt den Kraftstoff- beziehungsweise Stromverbrauch auf. Diese Daten sind im Fahrzeug abrufbar, ähnlich wie Kilometerstand oder Fehlerspeicher-Einträge. Bei technischen Überprüfungen, beispielsweise zur Hauptuntersuchung, werden diese Werte ausgelesen. Diese Daten werden dann an die Europäische Umweltagentur (EEA) in Kopenhagen übermittelt, nach der Auswertung gehen die Ergebnisse anschließend an die Europäische Kommission.
Anrechnung auf die Flotten-Werte
Auf Basis der ermittelten Ergebnisse nimmt die EU Anpassungen bei der Berechnung des "realen" CO₂‑Ausstoßes von Pkw im regulären Straßenverkehr vor, die teils stark von den Prüfstandswerten nach der WLTP-Norm abweichen. Erhebliche Auswirkungen hat das künftig für Plug-in-Hybrid-Autos (PHEV), die gerade starken Zuwachs verzeichnen. Für den August 2025 meldete das Kraftfahrt-Bundesamt einen Zuwachs in dieser Kategorie um rund 77 Prozent und einen Marktanteil von fast 12 Prozent der Neuzulassungen. Die niedrigen WLTP-Werte für den CO₂-Ausstoß von PHEV nutzen die Autohersteller ebenso wie den Anteil an verkauften Elektroautos, um die Flottengrenzwerte zu erfüllen. Das wird künftig schwieriger, worauf die Umwelt-NGO Transport & Environment in einer Meldung hinweist.
Beim WLTP-Prüfverfahren für Plug-in-Hybride (PHEV) wird der Kraftstoff- und Stromverbrauch in mehreren aufeinanderfolgenden Fahrzyklen gemessen: Zunächst fährt das Fahrzeug mit voll geladener Batterie so lange den WLTP-Zyklus ab, bis die Batterie leer ist, wobei sowohl die elektrische Reichweite als auch der Stromverbrauch erfasst werden. Anschließend erfolgt mindestens ein weiterer Testzyklus mit leerer Batterie, bei dem ausschließlich der Verbrennungsmotor genutzt wird, um den Kraftstoffverbrauch im Hybridbetrieb zu bestimmen. Diese Prüfstandswerte, die den Verbrauchsangaben der Hersteller als Basis dienen, werden bei den erfassten Werten aus dem realen Verkehr erheblich überschritten (siehe Grafik oben).
EU passt Berechnung an
Demnach wird die EU den sogenannten Utility Factor (UF) anpassen: Der UF bemisst den Anteil der Fahrstrecke, der im elektrischen Betrieb zurückgelegt wird, und ist damit entscheidend für die Berechnung der offiziellen Emissionen. Bislang basierte der UF auf der Annahme, dass ein PHEV überwiegend mit elektrischem Antrieb eingesetzt wird. So wurde etwa unterstellt, dass ein PHEV mit 60 Kilometern WLTP-Reichweite mehr als 80 Prozent seiner Strecken elektrisch fährt. Ab 2025 wird der UF erstmals angepasst (auf 54 Prozent), weitere Schritte folgen mit einer Anpassung für 2027/2028. Dann soll der angenommene elektrische Fahranteil noch niedriger bewertet werden – bei 60 Kilometern elektrischer Reichweite beispielsweise nur noch mit 34 Prozent.
Strafzahlungen drohen
Für die Hersteller hat diese Anpassung wegen des Einflusses auf die CO₂‑Flottengrenzwerte bei Neuzulassungen natürlich erhebliche Auswirkungen im Hinblick auf mögliche Strafzahlungen. Für Pkw gilt seit Januar 2025 ein Emissionsziel von 93,6 Gramm CO₂ pro Kilometer, bezogen auf die gesamten Neuzulassungen einer Marke. Die Vorgaben zur Berechnung wurden aber zuletzt durch die Möglichkeit gelockert, die Zielvorgaben über drei Jahre hinweg zu „mitteln“.
Als Begründung für den starken Unterschied zwischen den WLTP-Werten und der tatsächlichen Nutzung des Elektroantriebs von PHEV gilt in erster Linie der Dienstwagen-Einsatz. Wegen der niedrigeren "Dienstwagensteuer" für PHEV werden diese hauptsächlich eben als solche genutzt, Privatkäufer greifen hingegen vergleichsweise selten zu einem PHEV-Neuwagen, sondern bedienen sich für diese Antriebsart auf dem Gebrauchtmarkt. Im dienstlichen Einsatz mit Kraftstoffabrechnung über den Arbeitgeber beziehungsweise die eigene Firma fällt der Anreiz geringer aus, einen PHEV regelmäßig aufzuladen.
Rasante Reichweiten-Entwicklung
Hinzu kommt die Daten-Grundlage. Die zuletzt durch die EU als Grundlage bewerteten Neufahrzeugdaten aus den OBFCM-Auswertungen stammen aus dem Jahr 2023. In Deutschland, wo ein neu zugelassener Pkw erstmals nach drei Jahren zur Hauptuntersuchung vorgeführt werden muss, bedeutet das, dass die Verbrauchsdaten maximal aus den Modelljahren davor stammen. In den vergangenen Jahren hat sich jedoch, ähnlich wie bei Elektroautos, die Technik rasant weiterentwickelt. So verfügte beispielsweise der 2020er VW Golf 7 GTE über eine elektrische Reichweite von rund 50 Kilometern, die sich im Realbetrieb auf rund 35 Kilometer reduzierte. Beim aktuellen Golf 8 eHybrid beträgt hingegen die elektrische WLTP-Reichweite 143 Kilometer.
Nicht zuletzt haben die Hersteller auch auf der Ladeseite stark nachgerüstet. Frühere PHEV mit in der Regel maximal 3,6 kW Ladeleistung an der Wechselstrom-Wallbox animierten kaum dazu, unterwegs einmal eine Ladesäule anzusteuern. Das ist inzwischen anders, 11 kW-Bordlader sind die Regel und immer öfter sind AC-Lademöglichkeiten für Schnellladesäulen Teil der (Sonder-)Ausstattung, mit denen die Mittagspause für einen schnellen Ladestopp genutzt werden kann.