Golf Variant: Aus Eins mach Drei
Volkswagen, auch als Sponsor der Olympischen Spiele ins Rampenlicht der Weltöffentlichkeit getreten, hat für drei Varianten des Golf Variant deren Sportphilosophie übernommen. Natürlich nicht die, wonach dabei sein alles ist. Sondern citius, altius, fortius - höher, schneller, weiter.
Wenn Automobilhersteller die internationale Presse zur Fahrvorstellung neuer Modelle bittet, ist alles vom Feinsten: Place, Teststrecken, Präsentation. Wie kürzlich im spanischen Malaga, als sich Journalisten, Blogger und Filmteams von den Qualitäten der drei neuen Variant-Varianten auf Basis des Golf VII überzeugen durften. Bei mehr als zwei Millionen verkauften Exemplaren seit 1993 darf man bedenkenlos von einer Erfolgsgeschichte dieses kompakten Kombis sprechen. Und tatsächlich ist bei Volkswagen in diesem Segment die Welt in Ordnung - doch das ist dem Hersteller nicht genug. Ein gewöhnlicher Variant allein genügt nicht, nach dem Modell-Splitting rollen deswegen an: Alltrack, GTD und R. Aus Eins mach Drei lautet also die Zauberformel und als Motto für sie darf man den leicht abgewandelten olympischen Geist bemühen: höher, schneller, weiter.
Die Wahrheit ist banaler und völlig frei von Sentimentalität. Dem Credo der Marketingspezialisten folgend, wonach jede, aber auch wirklich jede noch so kleine Marktnische besetzt werden muss, hat dies zu einer in der Automobilgeschichte noch nie dagewesenen Produktvielfalt geführt. Dabei die Sinnfrage zu stellen oder die, ob man nicht eher verwirrte und ratlose Konsumenten zurücklässt, ist ein anderes Thema. Man kann es auch positiv sehen: Golf-Freunde mit erhöhtem Platzbedarf haben nun die Qual der Wahl zwischen einem Zwitter mit On- und Offroad-Fähigkeiten (Alltrack), flotter Familienkutsche (GTD) und Papamobil für Vatertagsausflüge auf die Rennstrecke (R). Das zu begreifen hätte es - viele Grüße an die Wolfsburger Werbefilmabteilung - der Testimonials für den olympischen Sportsgeist nicht gebraucht. Höhe mit Überflieger Felix Baumgartner zu assoziieren, ist trotz der durchaus erstaunlichen Kletterkünste des Alltracks etwas weit aus dem All geholt. Dass VW-Rallyepilot Sebastian Ogier für die Schnelligkeit des Golf R Variant steht, ist wenig verblüffend. Und dass man Ex-Skispringer Sven Hannawald über Weite philosophieren lässt, hat mit der Reichweite des GTD Variant nur so viel zu tun, als dass es hinter dem Horizont bekanntlich immer weiter geht. Weit mehr Sinn macht es, sich mit dem Variant-Trio zu beschäftigen. Denn sie haben es verdient.
Golf Alltrack: Nach dem Passat Alltrack, der 2012 vorgestellt wurde, nun der Golf mit Kletterqualitäten. Steigungen und Gefälle um die 30 Prozent dank serienmäßigem Allradantrieb 4MOTION problemlos zu meistern, ist in Anbetracht der Tatsache, dass es keine spezielle Untersetzung fürs Gelände gibt, eine feine Leistung. Wer dann noch den Bergab-Fahrmodus wählt, muss sich keinen Gedanken darüber machen, im Tal heil anzukommen - der Alltrack hält die vorgegebene Geschwindigkeit automatisch. Auch das um 20 Millimeter erhöhte Fahrwerk macht Sinn. Es ist erstaunlich, wie mühelos sich das Auto in extremer Schräglage oder Fahrten über Stock und Stein bewegt. Das muss ja nicht unbedingt mit Anhänger sein, doch auch als Zugpferd mit bis zu 2.000 Kilogramm Anhängelast empfiehlt VW seinen neuen Allrounder wärmstens. Und was das Fahrverhalten auf der ganz normalen Straße betrifft, steht der Alltrack den anderen Modellen in nichts nach.
Golf GTD Variant: Die Testroute für Journalisten führte von Malaga über Marbella über gefühlte tausend Kurven auf das Hochplateau des Nationalparks Sierra des las Nieves und weiter nach Ronda. In dieser Traumlandschaft verblüffte neben spektakulären Aussichten der frontgetriebene Diesel mit munter galoppierenden 184 Pferdchen unter der Haube. Welche Kurvengeschwindigkeiten der Gattin und den Kindern auf der Rückbank zuzumuten sind, muss Daddy selbst mit seinem fahrerischen Gewissen vereinbaren. Jedenfalls haben die Fahrwerksingenieure dem Kombi-GTD einen Bausatz verpasst, der gemütliche Familienausflüge leicht zu sportlichen Rallyes updaten kann. Das um 15 Millimeter tiefere Sportfahrwerk schadet dabei ebenso wenig wie die serienmäßige Traktionskontrolle. Beim flotten Fahren den werkseitig angegebenen Spritverbrauch von nur 4,8 Liter auf hundert Kilometer einzuhalten, ist etwas schwierig. Tatsächlich dürfte er sich irgendwo um die 6 Liter einpendeln. Was bedeutet, dass es nur eineinhalb Tankstopps bedürfte, die 2.352 Kilometer von Malaga nach München zu schaffen.
Golf R Variant: GTD-Freunde, die sich zur Abwechslung mal etwas Sportliches gönnen wollen, werden sich im R Variant vorkommen wie beim Ritt auf der Kanonenkugel. Und außerdem aufpassen müssen, dass nach der Rückkehr vom samstäglichen Supermarkt-Großeinkauf die Milch nicht zu Butter geworden ist. Wegen der flott durchfahrenen Kurven, zum Beispiel. Der Vortrieb durch 300 PS in Verbund mit dem Fahrwerk aus dem Golf R ist jedenfalls allererste Sahne. Wir waren mit dem schnellsten Variant aller Zeiten nicht beim Foodshopping, sondern auf dem Ascari Race Course, wo uns im Vergleich des kleinen mit dem langen Golf einiges spanisch vorkam - und dies nicht nur der geografischen Lage wegen. Tatsächlich war der Variant dem Normalo-R ebenbürtig. Was der Kurze in engen Kurven vorlegte machte der Variant in langen Biegungen leicht wett. Klar wird man sich daran gewöhnen müssen, dass ein Volkswagen jetzt auch noch bei den sportlichen Kompakt-Kombis mitmischt. Einer Klasse, die bisher von Audi, Mercedes und BMW ziemlich exklusiv besetzt war. Aber wie gesagt: Wir leben im automobilen Nischenzeitalter.
Technische Daten, Golf Alltrack: Fünfsitziger, fünftüriger Allrounder, Länge: 4,57 Meter, Breite: 1,79 Meter, Höhe: 1,51 Meter, Radstand: 2,63 Meter, Tankinhalt: 55 Liter, Kofferraumvolumen: 605 Liter (1.620 Liter bei umgeklappter Rückbank), Motor: Vierzylinder-Turbodiesel, Hubraum 1.968 ccm, Leistung: 184 PS, maximales Drehmoment: 380 Nm Newtonmeter bei 1.750-3.250 U/min, 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe DSG, 4 Motion Allradantrieb, Leergewicht: 1.584 Kilogramm, Höchstgeschwindigkeit: 219 km/h, 0-100 km/h: 7,8 Sekunden, Verbrauch: 5,0 Liter Diesel/100 km, CO2-Emission: 132 g/km, Effizienzklasse: E, Preis ab 35.775 Euro. Golf GTD Variant: Fünfsitziger, fünftüriger Allrounder, Länge: 4,65 Meter, Breite: 2,02 Meter, Höhe: 1,48 Meter, Radstand: 2,63 Meter, Tankinhalt: 55 Liter, Kofferraumvolumen: 605 Liter (1.620 Liter bei umgeklappter Rückbank), Motor: Vierzylinder-Turbodiesel, Hubraum 1.968 ccm, Leistung: 184 PS, maximales Drehmoment: 380 Nm bei 1.750-3.250 U/min, 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe DSG, 4 Motion Allradantrieb, Leergewicht: 1.475 Kilogramm, Höchstgeschwindigkeit: 231 km/h, 0-100 km/h: 7,9 Sekunden, Verbrauch: 4,8 Liter Diesel/100 km, CO2-Emission: 125 g/km, Effizienzklasse: B, Preis ab 33.925 Euro. Golf R Variant: Fünfsitziger, fünftüriger Sportkombi, Länge: 4,59 Meter, Breite: 1,79 Meter, Höhe: 1,46 Meter, Radstand: 2,63 Meter, Tankinhalt: 55 Liter, Kofferraumvolumen: 605 Liter (1.620 Liter bei umgeklappter Rückbank), Motor: Vierzylinder-Turbobenziner, Hubraum 1.984 ccm, Leistung: 300 PS, maximales Drehmoment: 380 Nm Newtonmeter bei 1.800-5.550 U/min, 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe DSG, 4 Motion Allradantrieb, Leergewicht: 1.574 Kilogramm, Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h, 0-100 km/h: 5,1 Sekunden, Verbrauch: 7,0 Liter Diesel/100 km, CO2-Emission: 164 g/km, Effizienzklasse: D, Preis ab 42.925 Euro.