Busse sind ein Problem
Österreichische Forscher haben die Gefährlichkeit von brennenden E-Autos und -Nutzfahrzeugen in Tunneln sowie die besten Löschmöglichkeiten getestet.
Brände von Elektroautos in Tunneln sind nicht gefährlicher als die von herkömmlichen Pkw – das haben österreichische Materialforschungs-Experten, unter anderem von der TU Graz und der Montanuniversität Leoben, herausgefunden. Das grundlegende Fazit lautet, dass Elektroautos zwar heißer, aber nicht gefährlicher brennen. Allerdings schlagen die Experten weitere Versuche vor – mit ihrem Budget von 250.000 Euro konnten sie einen Teil ihrer Untersuchungen nur simulieren.
Ihre Versuche führten die Forscher im Tunnelforschungszentrum "Zentrum am Berg" der Montanuniversität Leoben durch. Dort setzten sie moderne Batteriemodule, drei Elektro- und zwei Diesel-Fahrzeuge in Brand. Die an den Versuchen beteiligte Feuerwehr wollte die Brände für ihre Forschungszwecke umgehend löschen, die Materialforscher wollten lieber während einer längeren Branddauer Daten sammeln. Als Kompromiss einigten sich die Beteiligten auf eine Branddauer von zehn Minuten.
Höhere Wärmefreisetzungsrate
Mit mehr als 30 Sensoren haben die Forscher bei den Testbränden die sogenannte Brandlast gemessen. Die Brandlast sagt aus, wie groß die bei einem Feuer abgegebene Wärmeenergie ist. Bei einem Pkw mit klassischem Verbrennungsmotor liegt die Brandlast bei ungefähr fünf Megawatt beträgt, was eine 25 abbrennenden Holzpaletten entspricht. Die Elektroautos setzten beim Brand sechs bis sieben Megawatt frei. Dies ist zwar mehr als bei einem Verbrennungsmotor-Auto, gefährdet aber die Tunnelkonstruktion nicht – diese ist auf eine Freigabe von 30 Megawatt ausgelegt, also so viel, wie ein brennender Lkw freisetzt. Auch ein spontanes Entflammen der kompletten Batterie ist für den Tunnel unkritisch, da die Brandlast dann mit zehn Megawatt immer noch weit unter dem möglichen Maximalwert liegt. Die Forscher betonen, dass sie so eine Spontanentzündung der kompletten Batterie extra herbeiführen mussten – in der Praxis entzündet sich eine Lithiumionen-Batterie per thermalem Durchgehen von Zelle zu Zelle. Dies ist auch der Grund für die langen Branddauern von Elektroautos.
Giftige Gase im Tunnel nicht gefährlich – aber vielleicht im Parkhaus
Außerdem hat die Forscher interessiert, wie viele giftige Gase und Schwermetalle bei den Bränden in die Umgebung gelangen. In den abgesaugten Brandgasen fanden sie erhöhte Mengen an Fluorwasserstoff und Kohlenmonoxid. Diese hochkonzentrierten Brandgase sammeln sich laut den Forschern aber thermisch bedingt vorwiegend in den oberen Bereichen des Tunnels und damit nicht in dem für die Menschen relevanten Zonen. Die Fluchtwege waren nicht mit den giftigen Gasen kontaminiert. Die Forscher weisen aber darauf hin, dass es beispielsweise in Parkgaragen keine solchen Lüftungssysteme wie in Tunneln gäbe – dort sehen sie ein Gefahrenpotential und schlagen weitere Untersuchungen vor.
Busse in der Simulation getestet
Batterieelektrische Nutzfahrzeuge haben die Forscher im Rahmen ihrer Untersuchungen nicht in Brand gesetzt. Die Wissenschaftler nutzten stattdessen numerische Simulationen, um ein Brandereignis an einem elektrisch betriebenem Stadtbus im Vergleich zu einem Dieselbus hochzurechnen. Dabei gehen die Forscher davon aus, dass die Brandleistung von Karosserie und Interieur bei beiden Busvarianten ungefähr gleich hoch ist. Ist der Dieselbus mit einem vollen 300-Liter-Tank unterwegs, setzt im Brandfall allein dieser Tank zehn Gigajoule an Wärmeleistung frei. Bei einem Elektrobus mit einer üblichen 400-kWh-Batterie auf dem Dach, gibt diese beim Brand mit 20 Gigajoule das Doppelte an Wärmeleistung ab. Die Forscher betonen, dass sich die Brandentwicklung und -fortpflanzung in einer Batterie rechentechnisch aufgrund der vielen externen Einflussparameter wissenschaftlich nicht gesichert abbilden lässt. Deshalb haben sie zwei definierte Szenarien untersucht: Zum einen eine gleiche maximale Brandleistung wie bei einem Bus mit Verbrennungsmotor – aber mit einer um 250 Sekunden verlängerten Branddauer, zum anderen eine gleiche Branddauer, wobei der Elektrobus aber eine auf 36 Megawatt erhöhte Brandleistung hat. Die Ergebnisse beider Betrachtungen sind unterschiedlich: Bei einer verlängerten Branddauer kommt es im Deckenbereich des Tunnels zu Temperaturen von zirka 1.200 Grad. Hat aber der Elektrobus die um sechs Megawatt erhöhte Brandleistung, steigt die Deckentemperatur auf 1.400 bis 1.500 Grad. Direkt über dem Bus würde die Temperatur 1.530 Grad betragen, in der Betonzwischendecke herrschen in zwei Zentimetern Tiefe immer noch 400 Grad und in zehn Zentimetern Tiefe 230 Grad. Derart hohe Temperaturen führen erfahrungsgemäß zu massiven Schäden durch Beton-Abplatzungen. Aber wie bei den Pkw betonen die Wissenschaftler auch hier, dass der Brand eines konventionellen Verbrennungsmotor-Busses ebenfalls zu solchen Betonschäden führt.
Löschen am besten mit Wasser
Die Feuerwehr hat im Zuge der Versuche bestätigt, dass sich die Batteriebrände am besten mit Wasser löschen lassen. Richtig effizient ist der Einsatz von Wasser aber erst, wenn es in das Innere des Akkus gelangt. Ist die Batterie kaum beschädigt, ist eine Kühlung nur sehr schwer möglich. Löschlanzen, die Wasser direkt in die Batterie einspritzen, haben in Versuchen gute Ergebnisse erzielt. Der Einsatz solcher Löschlanzen gilt aktuell allerdings noch als kompliziert und gefährlich. Der Einsatz von Löschdecken bringt bei einem brennenden Elektroauto hingegen keinen Mehrwert: Starke Flammen in Bodennähe erschweren es, die Löschdecke eng über das brennende Fahrzeug zu ziehen. Und selbst wenn das gelingen sollte: Die Batterie versorgt sich während des Brandes selbst mit Sauerstoff.
Außerdem sammelten die Forscher das Löschwasser sowie das Tunnelreinigungs-Wasser und untersuchten es auf Kontaminationen. Beim Löschwasser stellten sie eine erhöhte Belastung mit Schwermetallen, insbesondere mit Nickel fest – die Werte übertrafen teilweise die in der österreichischen Allgemeinen Abwasseremissionsverordnung (AAEV) festgelegten Grenzwerte. Beim Tunnelreinigungs-Wasser lag der Nickelwert knapp unter dem von der Verordnung festgelegten Grenzwert von 0,5 Milligramm pro Liter. Löschwasser ist auch nach Bränden von Verbrennungsmotor-Fahrzeugen mit giftigen Stoffen verseucht – nach einem Elektroautobrand ist nur eine andere Löschwasser-Aufbereitung erforderlich.