Wie funktioniert ein Turbolader?
Bei den Dieselmotoren besitzt er schon das Monopol, bei den Ottomotoren ist er auf dem Weg dahin: Aber wie erzeugt der Turbolader überhaupt mehr Leistung?
Der Turbolader, wer hat ihn erfunden? Ein Schweizer. Unter dem Patent CH 35 259 A meldete Albert Büchi 1905 seinen Abgas-Turbolader an. Und der hatte mit Autos erst mal wenig zu tun, sondern eher mit Flugzeugmotoren. Das Problem war Folgendes: Konventionelle Verbrennungsmotoren sind auf atmosphärischen Luftdruck angewiesen. Je höher der ist, desto mehr Sauerstoff steht ihnen zur Verbrennung des Kraftstoff. zur Verfügung. Dabei erzeugt der nach unten ziehende Kolben einen Unterdruck, der die Umgebungsluft ansaugt – daher Saugmotor. Da bei diesem Vorgang kein perfektes Vakuum entsteht, bleibt der nutzbare Druck üblicherweise unterhalb des Atmosphärendrucks.
Blöderweise sinkt der Luftdruck aber um rund zehn Prozent pro tausend Meter Anstieg. Da aber nur so viel Kraftstoff verbrannt werden kann, wie Sauerstoff zu Verfügung steht, sinkt die Motorleistung. Das ist schon bei Autos nicht schön und bei Flugzeugen erst recht unangenehm.
Wie funktioniert der Turbolader?
Gleichzeitig entschwindet aber durch den Auspuff kinetische Energie, die Büchi für seine Erfindung nutzte: Ein Läuferrad (oder Verdichterrad) wird durch die Geschwindigkeit des strömenden Abgases in Drehung versetzt und treibt über eine Welle ein Turbinenrad an. Mit hoher Drehzahl verdichtet es die Frischluft und treibt sie mit höherem Druck in den Zylinder – eine frühe Form der Energie-Rekuperation. Diesen Kunstwind kann man dazu nutzen, um den Leistungsabfall in der Höhe zu kompensieren, aber auch, um grundsätzlich mehr Leistung zu erzeugen.
Welche Autohersteller hatten zuerst Turbomotoren?
Oft gelten BMW, Porsche und Saab in Europa als Turbo-Pioniere. Das ist auch ist richtig. Doch Chevrolet bringt schon davor ein Auto mit Turbomotor: Der Sechszylinder-Boxermotor im Heck des Chevrolet Corvair (1960-1969) leistet in der aufgeladenen Variante 152 statt 85 PS. Und das schon in den Sechziger-Jahren! Porsche baute ab 1974 den 911 Turbo, dessen aufgeladener Dreiliter-Sechszylinder-Boxer im Heck 260 PS leistet. Ein Jahr davor lädt BMW den Zweiliter-Vierzylinder des BMW 2002 tii auf – 170 statt 130 PS sind das Ergebnis. Saab bringt 1978 den 99 Turbo in Serie und macht damit die Aufladung populär. Audi steigt mit Turbotechnik auf, lädt den Fünfzylinder zunächst im 200 auf. Spätestens mit dem Allradcoupé Quattro bekommt das Markenimage 1980 einen gewaltigen Schub. Im selben Jahr beginnt bei Mercedes die Serienfertigung des 300 TD Turbodiesel der Baureihe W 123.
Welche Unterschiede gibt es zwischen Benziner und Diesel?
Verdoppelt der Turbolader den atmosphärischen Druck, steht theoretisch genauso viel Luft zur Verbrennung bereit wie bei einem Motor mit doppelt so großem Hubraum – was zugleich doppeltes Drehmoment und damit bei gleicher Drehzahl doppelte Leistung bringt. Praktisch gibt es nicht so viel Mehrdampf, da zum Schutz vor unkontrollierter Zündung (Klopfen) die Verdichtung gesenkt werden muss, und die komprimierte Luft sich stark erwärmt, was ihren Sauerstoffanteil (Dichte) wieder verkleinert. Dagegen hilft ein nachgeschalteter Ladeluftkühler. Diese Probleme gelten aber vor allem für Benzinmotoren. Der Diesel ist als Selbstzünder mit niedrigeren Abgastemperaturen weniger zickig. Der Dieselmotor profitiert außerdem davon, dass er keine Drosselklappe hat, was das Turboloch reduziert.
Warum gibt es das Turboloch.
Egal, ob Diesel oder Benziner: Erst mal muss der Motor aus seinem Saugerkeller hochdrehen, bis er genug Touren aufgebaut hat, um Überdruck zu produzieren. Je nach Motor geht das heute schon bei 1.000 bis 2.000 Umdrehungen los. Die Leistungskaskade läuft dabei so: Motor dreht niedertourig als Sauger, Fahrer knallt Pedal aufs Bodenblech, Motor stößt mehr Abgas aus, Turbinenrad dreht hoch, Ladedruck steigt, Drehmoment schnellt hoch.
Selbst wer diesen Satz schnell durchliest, ahnt, dass der Leistungsaufbau bei älteren Motoren lange dauern konnte – willkommen im Turboloch. Zu allem Ärger mussten sich die Entwickler früher zwischen einem schnell Druck aufbauenden kleinen Turbo oder einem hohen Druck aufbauenden großen entscheiden. Der maximale Luftdurchsatz des Laders entscheidet dabei über die Höchstleistung. Heutzutage haben die Entwickler viele Möglichkeiten (mehrere Lader, verstellbare Turbinenschaufeln, keramische Wälzlager), um diesen verzögerten Leistungsaufbau zu harmonisieren. So schön gleichmäßig wie bei einem Sauger wird er aber nie.
Was bringt der Turbolader?
Wenn das Turbinchen mal dreht, gibt es dafür gerade im mittleren Drehzahlbereich wohligen Beschleunigungsdruck und im Teillastbereich einen besseren Wirkungsgrad. Ein aufgeladener Motor kann bei gleicher Leistung kleiner und damit leichter sein als ein Saugmotor. Das spart Gewicht, Reibung und damit Sprit. Wichtige Voraussetzung: Die Einspritzmenge kann elektronisch fein dosiert werden und der Fahrer nutzt nicht ständig die volle Leistung aus. Denn moderne Direkteinspritzer müssen zwar nicht mehr so stark mit Sprit kühlen wie frühe Turbomotoren und können präziser einspritzen, doch Kraft kommt eben immer noch aus dem Kraftstoff. Der Turbolader kann allerdings helfen, den Kraftstoff über eine bessere Zylinderfüllung effizienter zu nutzen.