Wenn alles zueinander findet

Unterschiedliche Verkehrsmittel, die digital vernetzt das Unterwegssein erleichtern, weil ein Rädchen ins andere greift. Klingt gut. Klappt nur meistens noch nicht. Ein neues Center der RWTH Aachen soll Anbieter, Industrie und Kunden auf dem Weg zur vernetzten Mobilität zusammenbringen.
Wer langfristig die Mobilität umkrempeln will, muss die Pendler von der Straße kriegen. Warum? Weil jemand, der heute jeden Tag knapp eine Stunde im Pendler-Stau steht, sehr empfänglich für attraktive Alternativen ist. Das Problem: Die. sind begrenzt. Oft hast du als Pendler die Wahl zwischen einer Stunde Stau und zwei Stunden öffentlichem Nahverkehr. Letzterer ist meist ein Puzzle aus Fahrrad, Bus und Bahn, bei dem keines der Puzzleteile zueinander passt. Weil Verspätungen nur schwer aufzuholen sind, weil Verkehrsverbünde gegen- statt miteinander arbeiten und man unterm Strich teurer fährt, als im eigenen Auto.
Multimodalität ist Pendler-Alltag
Genau darum kümmert sich der gesamte Fachbereich der multimodalen Mobilität. Im Kern beschreibt „ multimodal“ nichts weiter als die Nutzung mehrerer verschiedener statt nur einer Mobilitätsform. Wichtig: Die multimodale Mobilität kommt eigentlich immer im Tandem mit der intermodalen Mobilität. Die beschreibt die Nutzung mehrerer Verkehrsmittel auf einer Reise. Im Mittelpunkt steht zum Beispiel eine Fahrt mit der Bahn, die man aber nur erreicht, in dem man vor Fahrtantritt mit dem Fahrrad von Zuhause bis zum Bahnhof fährt, das Rad dort parkt oder im Zug zum Zielort mitnimmt. Am Zielort schließt sich dann meist noch eine kurze Strecke per Bus, U-Bahn oder sonstigen Verkehrsmitteln an. Pendler-Alltag, der sich in den letzten Jahren nur wenig verändert hat.
Auf dem platten Land sieht es düster aus
Die zunehmende Vernetzung verschiedener Verkehrssysteme und die Einführung neuer Mobilitätsangebote (Ride-Sharing, Car-Sharing, Bike-Sharing, E-Tretroller, usw.) hat die Nutzung zwar hier und da erleichtert. Trotz aller Bemühungen fehlen aber meist übergreifende Angebote, die wirklich alle denkbaren Optionen einer Fahrt von Haustür zu Haustür zusammenfassen. Fehlt es darüber hinaus grundsätzlich an alternativen Mobilitätsformen, hilft auch die bestvernetzte App nicht weiter. Pendler auf dem platten Land schauen abgesehen vom eigenen Auto bislang eigentlich immer in die Röhre.
RWTH Aachen bringt alle Beteiligten zusammen
Auch darum müssen sich Verkehrsplaner, System-Lieferanten, Industrie, Gemeinden, Städte und Verkehrsverbünde kümmern. Und genau darum geht es beim „Center Multimodal Mobility“, das aktuell von der RWTH Aachen Campus GmbH initiiert wird. Das zu gründende Zentrum sieht den Schlüssel zur Multimodalen Mobilität in der Vereinfachung von End-to-End-Verbindungen, um dem Mobilitätsnutzer ein verbessertes Mobilitätserlebnis zu bieten. Dieses Ziel ist nur erreichbar, wenn Akteure aus den Bereichen Mobilitätsanwender, Mobilitätssysteme und Mobilitätskomponenten gemeinsam an der Entwicklung neuer Konzepte arbeiten. Dabei denken die Mobilität-Forscher auch weit über den aktuellen Status Quo hinaus. Neben der Vernetzung bestehender Verkehrsträger geht es auch um Futuristisches: Pod-basierte Mobilität, zum Beispiel. Eine Idee, die das Reisen komplett von der Frage nach dem richtigen Verkehrsmittel entkoppelt. Als Fahrgast steigt man lediglich in eine Kapsel, den sogenannten Pod und wird dann von unterschiedlichen „Fahrzeugen“ ans Ziel gebracht. Das können elektrische Riesen-Skateboards sein. Oder die Huckepack-Fahrt auf der Schiene. Oder ein kurzer „Flug“ per Seilbahn. Mit-Initiator des Centers ist Prof. Dr. Günther Schuh, der auch schon den Elektro-Lieferwagen StreetScooter und den Elektro-Kleinwagen E-Go Life auf die Straße brachte.
Die erste Feuertaufe der Aachener Forscher war ein Kongress rund um das Thema Multimodale Mobilität, der potenzielle Mitglieder des neuen Centers zusammenbrachte. Dabei ging es neben dem reinen Erfahrungsaustausch auch darum, in Workshops Lösungen für komplexe Mobilitätsketten und komplett neue Mobilitätsformen zu entwickeln.