Das bedeuten Codes auf dem Führerschein
Spätestens wenn bis 2033 nur noch fälschungssichere Führerscheine im Umlauf sein dürfen, gewinnt die Rückseite des Scheckkarten-Führerscheins an Bedeutung.
Nicht nur, dass dort die Fahrberechtigungen für die unterschiedlichen Fahrzeugklassen (Pkw, Lkw, Motorrad, etc.) eingetragen sind, nein, die Spalte 12 hält noch Platz für nationale und EU-Schlüsselzahlen bereit.
"Muss beim Fahren fachärztlich verordnete Augengläser tragen", prangt als leicht verblichener Stempeltext noch in alten grauen Führerscheinen. Auch bei den rosafarbenen Führerscheinen ist der Hinweis auf eine Brille unter "Befristungen, Beschränkungen, Auflagen" mit Schreibmaschine getippt, manchmal sogar mit Stempel und Unterschrift verzeichnet. Das ist natürlich alles andere als fälschungssicher und EU-konform. Also gibt es Schlüsselzahlen, die in der Fahrerlaubnis-Verordnung (FEV) als Anlage 9 zum Paragrafen 25 Absatz 3 aufgeführt sind. Insgesamt 121 europäische und 24 nationale Ziffern symbolisieren Einschränkungen und Auflagen für den Führerschein-Inhaber. Sie sind unterteilt in eine zweistellige Hauptschlüsselzahl und eine durch einen Punkt abgetrennte Unterschlüsselzahl (zwei Ziffern oder Buchstaben).
Die Hauptschlüsselzahlen und die Bereiche:
- 01. bis 03. – medizinische Gründe
- 10. bis 50. – Fahrzeuganpassungen
- 10. für eine angepasste Schaltung
- 20. für einen angepassten Bremsmechanismus
- 25. für angepasste Beschleunigungsmechanismen
- 31. für Anpassungen und Sicherung der Pedale
- 32. für kombinierte Beschleunigungs- und Betriebsbremsvorrichtungen
- 33. für kombinierte Betriebsbrems-, Beschleunigungs- und Lenkvorrichtungen
- 35. für angepasste Bedienvorrichtungen (Schalter für Licht, Scheibenwischer/-waschanlage, akustisches Signal, Fahrtrichtungsanzeiger usw.)
- 40. für angepasste Lenkung
- 42. für angepasste Einrichtung für die Sicht nach hinten/zur Seite
- 43. für Sitzposition des Fahrzeugführers
- 44. für Anpassungen an Krafträdern
- 51. bis 69. – begrenzte Verwendung
- 70. bis 97 – Verwaltungsangelegenheiten
Entsprechend regeln die medizinischen Gründe die Vorgaben für Brillenträger sowie Personen die Hörhilfen oder Prothesen tragen. Im konkreten Beispiel bedeutet die Schlüsselzahl "01.01", dass der Fahrer eine Brille tragen muss. Wer hingegen in seinem Führerschein in der Zeile 12 einen Eintrag mit Schlüsselnummern 51 bis 69 hat, darf sein Fahrzeug nur unter gewissen Einschränkungen bewegen.
69: Fahrer muss bei Fahrtantritt "pusten"
Das kann eine Beschränkung auf Fahrten bei Tag sein ("61") oder sich sogar um eine Beschränkung auf einen bestimmten Umkreis zum Beispiel um den Wohnsitz ("62") handeln. Fahrer, die nicht auf Autobahnen unterwegs sein dürfen, sind mit der Nummer "67" gekennzeichnet, bei der Nummer "69" sind Fahrer oder Fahrerinnen auf Fahrzeuge mit einer alkoholempfindlichen Wegfahrsperre beschränkt.
Arne Böhne, ausgebildeter Fahrlehrer und Rechtsanwalt, sowie Geschäftsfeldkoordinator Führerschein beim TÜV Rheinland erklärt: "In den meisten Fällen veranlassen die Fahrerlaubnisbehörden ein Gutachten über die Eignung des Fahrers, das prüfen wir dann im konkreten Fall." Das könne zum Beispiel bei Führerscheinbesitzern in Folge eines Unfalls geschehen oder nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis. Eher selten fallen gewisse Beeinträchtigungen direkt bei einer Führerscheinprüfung auf. So erinnert sich Böhne an den Fall eines Führerscheinprüflings, dem eine Hand fehlte. Neben den Schlüsselnummern für die medizinischen Gründe, erhielt er auch die Nummer "66", die die Fahrt nur ohne Anhänger erlaubte. Warum? Dem Fahrer war es schlicht nicht möglich, einen Anhänger ohne fremde Hilfe vom Auto zu trennen oder mit dem Pkw zu verbinden.
Wer Nachtblind ist, darf nur am Tag fahren
Auch die Einschränkungen für Fahrten bei Tag (z.B. gesundheitliche Probleme mit den Augen) oder das Alkoholverbot (z.B. Auflage des Gerichts oder Kontraindikation mit Medikamenten) leuchten schnell ein. Bei einigen der EU-Schlüsselnummern kann auch Böhne nur spekulieren: "Hier sind sicher auch Vorgaben anderer EU-Länder berücksichtigt worden". Die Nummer "63" interpretiert er so, dass hier durchaus ein Fahrer von Mitfahrenden in seiner Fahrtauglichkeit beeinträchtigt sein könnte, die Nummer "62" wäre zum Beispiel für ältere Fahrer in einem ländlichen Gebiet denkbar, um deren Mobilität zu gewährleisten, die sich aber nicht mehr in einer Großstadt zurechtfinden würden.
Bei den Fahrzeuganpassungen ist hingegen sehr detailliert beschrieben, mit welchen zusätzlichen technischen Hilfeeinrichtungen das Fahrzeug bewegt wird. So können beispielsweise körperlich behinderte Fahrerinnen und Fahrer die Bremse per Hand (20.06) oder mit dem Knie den Gashebel (25.05) betätigen. Auch hier entscheidet aber oftmals ein TÜV-Gutachten im Einzelfall, "da es so viele unterschiedliche körperliche Einschränkungen gibt", so Böhne. "Der eine Fahrer mit einem versteiften Fußgelenk hat noch genügend Kraft, um die Kupplung zu treten, der andere nicht". Dieser wäre dann über die Schlüsselnummer auf Automatik-Fahrzeuge (78) beschränkt, oder er benötigt technische Hilfen im Auto.