Opels Flaggschiff-SUV jetzt mit Elektro-Allrad
Opel stellt die neue Topversion des Grandland vor, den Electric AWD. Der kommt mit satter Leistung aus zwei E-Motoren und einer hohen Reichweite.
Das Datenblatt zum neuen Elektro-Topmodell aus Rüsselsheim beziehungsweise Eisenach liest sich schon einmal vielversprechend. Der Allradler stellt satte 239 kW (325 PS) Systempower bereit; 157 kW an der Vorderachse, ein zweiter E-Motor am Heck liefert weitere 83 kW. Wann gab es zuletzt einen so potenten Opel? Richtig, der Insignia A brachte es als OPC auf die gleiche PS-Zahl. Statt klassischer Mittelklasse mit schluckfreudigem Holden-V6 setzt der Blitz jetzt – sehr zeitgemäß – auf E-Antrieb und SUV-Form.
Die volle Leistung entfaltet der Grandland allerdings nur im Sportmodus – dann zieht er kraftvoll und souverän los und spurtet laut Werksangabe in 6,1 Sekunden auf 100 km/h. Wirklich sportlich oder gar OPC-artig fühlt sich das Ganze nicht an, was sicher auch am langen Pedalweg für die Gasannahme, der nicht übermäßig rückmeldungsstarken Lenkung und den mehr als 2,3 Tonnen Leergewicht liegt. Im Normalprogramm zügelt die Software den Vortrieb spürbar, im Eco-Modus klinkt sich die hintere E-Maschine sogar ganz aus. Effizientes Fahren ist auch keine schlechte Idee, denn rund 480 Kilometer WLTP-Reichweite (Angabe aus der aktuellen Preisliste vom Juli 2025) sind heutzutage nichts Besonderes mehr. Mit Blick auf die Reichweitenanzeige unseres Testwagens dürften im Alltag etwa 400 Kilometer Aktionsradius bei verhaltener Fahrweise drin sein.
Aufwendige Dämpfung für das Topmodell
Spannend wird es beim Fahrwerk, dem Top-Grandland spendieren die Entwickler nämlich das sogenannte Frequency Selective Damping. Mit dieser Technik passt sich die Dämpfung kontinuierlich an die Fahrsituation an. Das heißt in der Theorie: Sanftes Gleiten bei hohen Frequenzen wie etwa auf Kopfsteinpflaster, direkter Kontakt zum Asphalt bei flotterer Gangart und niedriger Frequenz. In der Praxis ist das Resultat ein eher straff abgestimmtes Fahrwerk mit passablem Federungskomfort. Nur Querfugen mag der Opel nicht sonderlich – hier neigt er mit seinen 20-Zöllern (Serie) zum Poltern.
Der Grandland Electric AWD kommt zum Marktstart immer als voll ausgestatteter Ultimate (ab 59.990 Euro), der an den sportlich gezeichneten Stoßfängern zu erkennen ist. Innen gefällt der große Opel mit schönen Materialien und einer weitestgehend logischen Bedienung. Die individuelle Einstellung des gut ablesbaren Head-up-Displays erfolgt über die Tasten zur Außenspiegelverstellung in der Fahrertür. Richtig clever! Ebenso lobenswert: Die bequemen Vordersitze mit Alcantara-Bezug bieten einen guten Seitenhalt und kommen stets mit elektrischer Verstellung, ausziehbarer Sitzfläche und AGR-Zertifikat. Der Fond fällt großzügig aus, das Ladeabteil ist aufgrund des zusätzlichen Heckmotors etwas geschrumpft – mit 485 bis 1.580 Litern aber immer noch sehr alltagstauglich.
Der Winter ist noch weit entfernt, aber Opel nutzt bei der Neuvorstellung des Grandland Electric 4x4 am 11. Juni schon mal vorausschauend eine Schnee-Optik für das neue Allrad-Flaggschiff. Das gibt (zum Teil) die Richtung vor, warum sich Kunden künftig für den Elektro-Allradler entscheiden sollen. Allerdings braucht es keine rutschigen Straßenverhältnisse, um Lust auf den Mittelklasse-SUV zu bekommen. Die versprochene Systemleistung von 325 PS macht sicher auch im Sommer Freude.
Echte Antriebs-Vielfalt
Mit dem Electric AWD ist die vorerst letzte Ausbaustufe der 2024 eingeführten zweiten Grandland-Generation erreicht. Den 4,65 Meter langen Grandland gab es bisher mit Mildhybrid-Benziner, als Plug-in-Hybrid und als Elektroversion mit Frontantrieb, 157 kW/213 PS stark. Die wird mit dem neuen Topmodell um eine weitere Elektromaschine an der Hinterachse ergänzt, die zusätzliche 82 kW/112 PS beisteuert. Optische Merkmale der neuen Topversion sind aerodynamisch optimierte Einsätze an Front und Heck sowie 20-Zoll-Leichtmetallräder im Bi-Color-Design. Opel verspricht einen Luftwiderstandsbeiwert von cW = 0,278 und damit den niedrigsten Wert der Baureihe.
Als Stromspeicher dient der Akku mit 73 kWh nutzbarer Kapazität aus dem Frontantriebs-Modell. Für den Allradantrieb wird dabei kaum Reichweite geopfert. Im Vergleich zum Grandland Electric mit Vorderradantrieb verringert sich die Reichweite um lediglich 20 auf 501 Kilometer. Ein Ladestopp von 20 auf 80 Prozent soll laut Opel in unter 30 Minuten abgehakt werden.
Für den Grandland Electric AWD stehen vier Fahrmodi zur Verfügung:
- Normal: Für maximale Effizienz im Alltag treibt meist der Frontmotor die Vorderräder an. Die Leistung beträgt 230 kW (313 PS), das Drehmoment 450 Newtonmeter. Je nach Bedarf schalten sich Heckmotor und Hinterräder automatisch zu. Bei starker Beschleunigung (Kick-down) liefern beide Motoren ihre volle Leistung.
- 4WD: Beide Motoren arbeiten durchgehend und verteilen die Kraft gleichmäßig auf alle vier Räder, um optimalen Grip, besonders auf rutschigem Untergrund, zu sichern. ESP und Traktionskontrolle werden in einen Traktions-optimierten Modus geschaltet. Maximale Leistung und Drehmoment stehen zur Verfügung.
- Sport: Beide Motoren laufen durchgehend und verteilen die Kraft im Verhältnis 60:40 auf Vorder- und Hinterachse. Spitzenleistung und -drehmoment sind abrufbar. Lenkung und Fahrpedal reagieren dank eines speziellen "Sport"-Settings direkter.
- Eco: Nur der Frontmotor treibt die Vorderräder an. Leistung und Drehmoment sind auf 157 kW (213 PS) und 343 Newtonmeter begrenzt. Bei starker Beschleunigung schaltet sich der Heckmotor automatisch zu, beide Motoren liefern volle Leistung. Klimaanlage und Fahrpedal arbeiten im Eco-Modus.
Die Fahrleistungen liegen auf dem Niveau, das man angesichts der 325 PS erwarten darf. Lediglich 6,1 Sekunden verspricht Opel für den Nullhundert-Sprint. Bei welchem Tempo dem Elektriker Zügel angelegt werden, hat die Marke noch nicht kommuniziert. Beim frontgetriebenen Grandland Electric ist bei 170 km/h Schluss, möglicherweise darf das Topmodell noch etwas flotter rennen. Gleichfalls noch nicht angekündigt sind die Preise. Den Grandland Electric FWD gibt es aktuell mit dem 73 kWh-Akku in den Ausstattungslinien Edition (46.750 Euro) und GS (50.950 Euro). Wir tippen auf einen Preisaufschlag von rund 4.000 Euro für die 4x4-Version.