Neuer Ferrari-Motor als Joker

Es war ein hektisches Wochenende für die Hausherren. Bei Leclerc wurde gleich zwei Mal der Motor gewechselt. Ein Datenalarm zwang Ferrari dazu auf den ältesten Motor im Pool mit fast 5.000 Kilometern zurückzugreifen. Nachdem der Elektronikschaden behoben war, wurde vor dem Rennen wieder auf Motor Nummer 3 getauscht. Der hatte erst 1.000 Kilometer auf der Uhr.
Ferrari ging mit gemischten Gefühlen nach Monza und fuhr mit 20 Punkten nach Hause. Viel besser als gedacht. Einziger Wermutstropfen: WM-Gegner McLaren sahnte groß ab. Die große Hoffnung: das Motor-Upgrade, das in der Türkei kommen soll.
Ausgerechnet Monza war Ferraris Angststrecke. Wer auf der Power-Strecke schlechthin ein Power-Defizit hat, muss bei der Abstimmung des Autos Kompromisse eingehen. Ferrari trimmte seinen Heckflügel auf minimalen Anschlag, um nicht Freiwild auf den Geraden zu sein. Um den SF21 in Balance zu halten, musste an der Vorderachse gegengesteuert werden. "Das hat das Fahren ziemlich schwierig gemacht", berichtete Charles Leclerc.
Der schmale Grat, auf dem sich die Ferrari-Fahrer bewegten, könnte der Grund für den Crash von Carlos Sainz im zweiten freien Training in der Ascari-Schikane gewesen sein. Es war der dritte an einem Samstag an den letzten vier GP-Wochenenden. Der Spa.ier rätselte noch einen Tag später: "Ich habe keine Ahnung, warum ich dort abgeflogen bin. Das Auto war vorher immer neutral dort."
Blickkontakt zur Spitze
Die Startplätze 6 und 7 waren selbst für Ferrari eine Überraschung. Vor allem nach der schlechten Erfahrung in Spa. Möglicherweise kamen die Schikanen Ferrari entgegen. Der SF21 mag langsame Kurven mit kurzen Radien. Das hat sich schon in Baku gezeigt. Die meiste Zeit verloren Leclerc und Sainz von Ascari bis Parabolica. Mit neun Zehnteln Rückstand auf die Pole Position lag Ferrari nur knapp über dem Saisondurchschnitt von sieben Zehnteln.
Mit 20 Punkten kam Ferrari mit einem blauen Auge davon. Leclerc hatte das ganze Rennen über Blickkontakt zur Spitze. So blieb er auch im Fünfsekunden-Fenster zu Sergio Perez, der ihn durch Abkürzen der zweiten Schikane überholt hatte, die Position aber nicht mehr hergeben wollte. Sainz lag bis fünf Runden vor Schluss ebenfalls auf Kurs, um vor dem Mexikaner ins Ziel zu kommen. Doch dann baute der Neuling im Team stark ab und verfehlte in Addition den 5. Platz um 1,8 Sekunden.
Doppelter Motortausch
Teamchef Mattia Binotto war mit der Leistung des Teams und dem Speed des Autos auf einer Power-Strecke zufrieden. "Es zeigt, dass wir auf schwierige Bedingungen gut reagieren können. Die Leistung war positiv, das Resultat nicht, weil McLaren zu viele Punkte auf uns gewonnen hat." Sainz war hin- und hergerissen: "Es war schön, mein Ex-Team wieder gewinnen zu sehen, aber sie sind auch unser WM-Gegner und haben groß abgeräumt. Trotzdem sind sie nicht meilenweit weg. Wir können sie immer noch einholen."
Ferrari baut darauf, dass sein Motoren-Upgrade im letzten Teil der WM den Unterschied ausmacht. Die Rede ist von einem Gewinn von 10 bis 15 PS. Es wird nun für den GP Türkei erwartet. Der Istanbul Park ist eine Strecke, auf der man überholen kann. So fällt das Opfer vielleicht gar nicht so groß aus.
Die Motorenabteilung hatte in Monza viel zu tun. Kurzfristig sah es so aus, als drohte Leclerc eine weitere Strafe. Nachdem Motor Nummer 3 am Freitag Ärger machte, wurde kurzfristig Motor Nummer 1 in das Auto mit der Startnummer 16 eingebaut. Und der hat bereits über 4.000 Kilometer auf der Uhr. Eine Untersuchung ergab, dass Motor Nummer 3 in Ordnung ist. Schuld an dem Alarm war ein elektronisches Problem. Am Sonntag wurde erneut getauscht. Die Antriebseinheit, die in Spa Premiere feierte, hat mit rund 1.300 Kilometern noch ein langes Leben vor sich.