Sicherheitsdiskussion

EIn innerstädtischer Unfall mit einem SUV stellt ein ganzes Segment in Frage. Sind die Bedenken berechtigt? Hier kommen ein paar Fakten mit Erklärpotenzial – und in der Bildergalerie zeigen wir, welche Autos laut KBA überhaupt SUVs sind.
Der Vorfall ist tragisch und verstörend: In Berlin rast ein Porsche Macan in eine Gruppe von Passanten, vier Menschen sterben. Die Trauer der Angehörigen muss unendlich sein. Hier irgendetwas zu relativieren soll nicht Gegenstand dieses Artikels sein. Aber Daten zur Sicherheitsdiskussion um ein ganzes Fahrzeugsegment können helfen.
Fakt ist: Sport Utility Vehicles werden aktuell immer beliebter. Im Juli dieses Jahres entfielen rund 20 Prozent der Neuzulassungen jeweils auf SUV und auf Kompaktwagen, die Kleinwagen liegen mit 12,9 Prozent deutlich dahinter. Noch vergleichsweise junge Modelle wie der VW T-Roc verzeichnen hohe Zuwachsraten (plus 73,6 Prozent von Januar bis Juli im Vergleich zum Vorjahr). Das schlägt sich natürlich auch im Flottenverbrauch der Hersteller – denn SUVs konsumieren wegen ihrer größeren Stirnflächen und Gewichte mehr Treibstoff.
Zugleich taucht immer häufiger die Frage auf: Sind SUV per se gefährlicher als andere Fahrzeugkategorien im Format eines gängigen Modells wie des VW Golf oder Ford Mondeo? Um die Diskussion von der emotionalen auf eine sachliche Ebene zu bringen, haben wir zuerst einmal die wichtigsten Fakten gecheckt und analysiert.
Weniger Fußgängerschutz.
Erster Check: die Beurteilung der Crashsicherheit nach Euro NCAP – und zwar mit Fokus auf den Fußgängerschutz. Hier erhält die neue Mercedes A-Klasse einen Topwert von 92 Prozent, während ihr noch auf dem Vorgänger basierender SUV.Bruder GLA nur 67 Prozent schafft. Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) erklärt sein schlechteres Abschneiden vor allem mit der sehr hart ausgelegten Motorhaubenoberkante, die Crashergebnisse sind in diesem Bereich rot gefärbt.
Sind SUV deshalb in dieser Hinsicht generell schlechter als klassische Pkw? Nein – das machen auch die Experten der BASt deutlich. Entscheidend für den Unfallverlauf sind folgende Punkte: Wo stößt der Fußgänger an, wie groß ist die Fläche, auf die er aufprallt, und wie schnell ist das Fahrzeug unterwegs? Die schiere Wagenmasse spielt da eine eher untergeordnete Rolle.
Besonderes Augenmerk gilt deshalb der Kleinwagenklasse, die für Fußgänger durchaus zum Problem werden kann: Um die Crashanforderungen auch bei Überschlägen zu erfüllen, ist hier die A-Säule sehr hart ausgelegt. Im Falle einer Kollision prallt der Fußgänger aufgrund der geringeren Bauhöhe hier aber viel schneller an, was schlimme Kopfverletzungen zur Folge haben kann. So kommt ein Fiat Panda beim Fußgängerschutz nur auf 47 Prozent. Generell betrifft dieses Phänomen vor allem kleine Autos im One-Box-Design.
SUV und Geländewagen schneiden bei den Euro-NCAP-Crashtests nicht generell besser oder schlechter ab. Um den Fußgängerschutz zu überprüfen, werden verschiedene Messpunkte auf der Motorhaube, der A-Säule und der Windschutzscheibe berücksichtigt. Kleinwagen tun sich mit ihren harten A-Säulen hier oft schwer.
Höhere Schadenshäufigkeit bei SUVs?
Nächste Frage: Sind SUV häufiger in Unfälle verwickelt? Das Bayerische Landesamt für Statistik weist aus, dass der Anteil von SUV am Unfallgeschehen im Jahr 2018 bei 3,77 Prozent lag. Von insgesamt rund 77.000 Autos, die in Straßenverkehrsunfälle mit Personenschaden verwickelt waren, gehören knapp 2.900 zur Kategorie der SUV.
Ganz ähnlich sehen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes aus: Von 162.932 Unfällen, bei denen Menschen im Vorjahr innerhalb von Ortschaften verletzt oder getötet wurden, sind bei 3,7 Prozent große Autos als Verursacher ermittelt worden. In der Kategorie kleiner Autos (hier Minis genannt) betrug der Anteil dagegen 6,3 Prozent. Bei Unfällen mit Todesfolge liegen beide Gruppen dagegen nahezu gleichauf.
Natürlich haben sich auch die Versicherungen die Frage nach der SUV.Unfallhäufigkeit gestellt. Dazu Jörg Rheinländer, das für die Kfz-Versicherung zuständige Vorstandsmitglied bei der HUK-Coburg: „ Während SUV im gesamten Fahrzeugbestand in Deutschland knapp sieben Prozent ausmachen, sieht es bei der Anzahl der Schäden anders aus. Bei der HUK-Coburg haben SUV bei Haftpflichtschäden einen Anteil von etwa vier Prozent. Verglichen mit anderen Segmenten ist die Schadenhäufigkeit von SUV also eher unterdurchschnittlich. Autos der Kompakt-, Mittel-, oberen Mittel- und Oberklasse haben höhere Schadenhäufigkeiten.“